- Es gibt kein Geld! Doch, noch gibt es 1000 $ im Monat (Argentinien) - marsch, 02.12.2001, 17:15
Es gibt kein Geld! Doch, noch gibt es 1000 $ im Monat (Argentinien)
Geld ist eine Fiktion. Eine Recheneinheit zum Kaufen, Verkaufen, Mieten und Vermieten. Die Formel"Geld arbeitet" ist eine Wunschvorstellung von Sparern, die von einem Einkommen ohne Arbeit träumen. Geld entsteht nur durch den Glauben an Geld. Und wenn der Glaube Berge versetzen kann, dann kann er auch Zahlenkolonnen kreieren, wo es auf ein paar Nullen mehr oder weniger nicht ankommt.
Ende 1995 hatten die Bundesbürger rund 1,8 Billionen Mark in Sparbüchern, auf Girokonten und als Termingelder angelegt, das sind 1800 Milliarden Mark. Zur selben Zeit waren rund 253 Milliarden Mark als Bargeld im Umlauf. Das heißt: Die Menge des Bargelds beträgt etwa ein Siebtel der Geldmenge, die auf den Konten verbucht ist. Und das wiederum kann doch nur bedeuten: Wer 100 000 Mark auf dem Sparbuch hat, hat in Wirklichkeit nur 14 000 Mark.
Aber kein Grund zur Panik. Das System funktioniert, solange sich die Spieler an die Regeln halten. Als im Jahre 1974 die Herstatt-Bank in Köln aufgrund waghalsiger Devisengeschäfte zusammenbrach, wurden nicht nur ihre Kunden, sondern auch die der Kölner Stadtsparkasse nervös.
Einige räumten ihre Sparbücher ab, zählten das Geld nach - und zahlten es sofort wieder ein. Hätten sie versucht, wie bei Herstatt das Geld nach Hause mitzunehmen, wäre dies auch das Ende der Sparkasse gewesen. Die Herstatt-Pleite war der Grund für ein neues Bankengesetz mit verschärften Bestimmungen zu den Sicherheitseinlagen der Banken. Auch heute hat allerdings keine Bank so viel Bargeld in den Tresoren, wie deren Kunden auf ihren Konten gehortet haben.
Unter allen Fiktionen - Nächstenliebe, sexuelle Revolution, Deutsche Wertarbeit - ist die Fiktion vom Geld vermutlich die konkreteste. Immerhin, man kann Münzen zählen, stapeln, wiegen. Doch in dem Moment, da man sein Geld aus der Hand gibt, es auf einem Konto deponiert, verwandelt es sich in abstrakte Materie. Man hat es, und man hat es nicht. Da hilft nur ein fester Glaube, daß der Vorgang auch in der umgekehrten Richtung funktioniert. Vorausgesetzt, nicht zu viele wollen es zur selben Zeit wissen.
~ Quelle</li>
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<font size=-3>Sonntag 2. Dezember 2001, 14:57 Uhr </font>
<font size=4>Argentinien beschränkt Bar-Abhebungen auf 1000 Dollar</font>
Buenos Aires, 02. Dez (Reuters) - Das hochverschuldete Argentinien hat am Wochenende ein Maßnahmenpaket zur Sicherung seines Finanzsystems erlassen, das unter anderem Bargeld- Abhebungen der Bürger auf 1000 Dollar pro Monat beschränkt. Zudem sollen Auslandsüberweisungen limitiert werden, um die Kapitalflucht zu stoppen, heißt es in einem Dekret von Präsident Fernando de la Rua am Samstag. Die Beschränkungen werden demnach 90 Tage in Kraft bleiben und sollen das Land bei
der Bewältigung seiner aktuellen Finanzkrise unterstützen. Zuvor bereits hatte die Regierung die Landeswährung Peso im Verhältnis 1:1 an den US-Dollar gekoppelt.
Viele Argentinier schienen die neuen Beschränkungen indes eher gelassen hinzunehmen."Für die meisten reichen 1000 Dollar pro Monat in bar vollkommen aus", sagte etwa Jose, ein Friseur in Buenos Aires, bei dem ein Haarschnitt zehn Dollar kostet."Wenn es keine Abwertung der Währung gibt und die Ersparnisse der Leute in Dollar getauscht werden, glaube ich nicht, dass alle in Panik verfallen."
Am Freitag hatten zahlreiche Bürger in der Hauptstadt Buenos Aires ihre Ersparnisse bei den Banken abgeräumt, weil sie Angst vor einem Kollaps des Bankensystems haben und einem möglichen Einfrieren ihrer Konten zuvor kommen wollten. Bei einer Bankenkrise 1989 hatte der damalige Präsident Carlos Menem über Nacht sämtliche Bankeinlagen gesperrt und sie in Anleihen umgewandelt. Argentinien ist derzeit mit 132 Milliarden Dollar verschuldet. Die Bankeinlagen waren in den vergangenen Monaten stetig gesunken. In dem Land mit der drittstärksten Wirtschaft Lateinamerikas gibt es Sorgen, die seit vier Jahren andauernde Rezession des Landes könnte zum größten Kreditausfall in der Geschichte führen.
"Es ist nicht gut, Geld unter der Matratze oder im Tresor aufzubewahren", sagte Wirtschaftsminister Domingo Cavallo bei der Vorstellung des Maßnahmenpakets am Samstag. Nach dem Dekret sind die Barabhebungen auf 1000 Dollar je Monat ode 250 Dollar je Woche beschränkt. Weitergehende Zahlungen müssen per Scheck oder Kreditkarte erfolgen. Guthaben in der Landeswährung Peso dürfen nicht mehr höher verzinst werden als solche in Dollar, um weniger Anreize für festliegende Peso-Guthaben zu bieten. Peso-Bankeinlagen können den Angaben zufolge auf Wunsch zudem gebührenfrei in Dollar getauscht werden.
Wirtschaftsminister Cavallo kritisierte am Samstag das Handeln"einiger einflussreicher Leute", die versuchen würden, aus einer Abwertung des Peso Profit zu ziehen und damit Argentinien weiter in die Abwertung drängen würden. Die Regierung werde sich dennoch bemühen, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Im Geldhandel der Banken waren am Freitag die Zinsen für Tagesgeld bei sehr niedrigen Umsätzen auf bis zu 700 Prozent angestiegen, was auf einen äußerst geringen Bargelbestand im Finanzkreislauf hindeutete.
Die beschlossenen Beschränkungen sollen nach Auskunft des Ministers so lange gelten, bis das Land seinen geplanten Schuldentausch (Dept Swap) abgeschlossen hat. Nach Angaben Cavallos soll dies in 90 Tagen der Fall sein. Der Schuldentausch sieht vor, dass die Geldgeber die handelbaren Staatsschulden freiwillig in neue staatliche Papiere mit einem Zinskupon von sieben Prozent anstelle der bisherigen elf Prozent tauschen. Als Anreiz dafür sollen die Käufer bessere Rückzahlungsgarantien bekommen. In der ersten Phase des Schuldentauschs seien inländische Staatsanleihen von mehr als 50 Milliarden Dollar gewechselt worden, sagte Cavallo. Insgesamt seien Anleihen im Wert von 60 Milliarden Dollar angeboten worden. In der zweiten Phase sollen die Papier ab dem kommenden Jahr auch ausländischen Investoren zugänglich gemacht werden.
Als Auslöser für die jüngsten Maßnahmen wird der Besuch einer Delegation des IWF gewertet, der über eine Finanzspritze von 1,3 Milliarden Dollar an Argentinien nachdenkt. Die Entscheidung darüber hängt voraussichtlich davon ab, ob die Regierung Anzeichen macht, 2002 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Im laufenden Jahr hat die Regierung ihre Staatsschulden weit über das gesetzte Limit überzogen.
Über die am Wochenende getroffenen Entscheidungen sind Analysten des Landes geteilter Meinung."Ich denke, dass es das einzig Richtige ist", sagt Rafael Ber, Analyst bei Argentine Research. Die Regierung könne die Unsicherheiten vom Freitag nicht einfach hinnehmen. Außerdem würden kurzfristige Maßnahmen die Wirtschaft nicht belasten. Andere Analysten halten dagegen, die Bevölkerung werde durch die Bargeld-Beschränkungen weniger Geld ausgeben und könne somit der Wirtschaft schaden.
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