- Arbeitswelttrends: SELBSTĂNDIGE - Wal Buchenberg, 03.12.2001, 08:00
- Re: Nie mehr Arbeitgeber - R.Deutsch, 03.12.2001, 10:24
- Re: Nie mehr Arbeitgeber - Euklid, 03.12.2001, 10:50
- Re: Nie mehr Arbeitgeber - Diogenes, 03.12.2001, 13:09
- Warum ich geschworen habe, nie mehr Arbeitnehmer zu beschÀftigen (auszubeuten) - R.Deutsch, 03.12.2001, 17:15
- Re: Warum ich geschworen habe, nie mehr Arbeitnehmer zu beschÀftigen (auszubeuten) - wasil, 03.12.2001, 18:08
- Re: Warum ich geschworen habe, nie mehr Arbeitnehmer zu beschÀftigen (auszubeuten) - Oldy, 03.12.2001, 19:08
- Re: Warum ich geschworen habe, nie mehr Arbeitnehmer zu beschÀftigen (auszubeuten) - wasil, 03.12.2001, 18:08
- Ach ja, Marx und seine Zitate:( - McMike, 03.12.2001, 10:42
- @McMike Toll! Wo hast Du das her? GruĂ (owT) - Galiani, 03.12.2001, 17:21
- Re: Galiani Link - McMike, 04.12.2001, 08:24
- Re: @McMike Toll! Wo hast Du das her? GruĂ (owT) - McMike, 04.12.2001, 08:26
- @McMike Danke, McMike! Kannte ich nicht. GrĂŒĂe G. (owT) - Galiani, 04.12.2001, 09:18
- @McMike Toll! Wo hast Du das her? GruĂ (owT) - Galiani, 03.12.2001, 17:21
- Re: Nie mehr Arbeitgeber - R.Deutsch, 03.12.2001, 10:24
Arbeitswelttrends: SELBSTĂNDIGE
SelbstÀndige
âInnerhalb der EU gibt es ca. 18 Millionen SelbstĂ€ndige, das entspricht 13 % der erwerbstĂ€tigen Gesamtbevölkerung.â LitDokAB 99/2000-1, a-902.
In Deutschland gehören 9 % aller ErwerbstÀtigen zu den SelbstÀndigen (Stat. Bundesamt, 2001). Im Jahr 1960 waren es rund 20 % und im Jahr 1880 noch rund 35 %.
Die statistische Summe der SelbstÀndigen in Deutschland enthÀlt rund 10 % Kapitalisten, die von fremder Arbeit leben (können) (= ca. 1 % aller ErwerbstÀtigen), 40 % Kleinkapitalisten und selbstÀndige Handwerker, die teils selber produktiv arbeiten, teils fremde Arbeitskraft ausbeuten, (= ca. 3,5 % aller ErwerbstÀtigen) und zu 50 % die Einzelarbeiter, die nur sich selber ausbeuten (= 4,5 % aller ErwerbstÀtigen).
âSelbstĂ€ndige Einzelarbeiter ohne sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter machen 50 % aller SelbstĂ€ndigen aus.â LitDokAB 99/2000-1, a-898.
1. Vorindustrielle, traditionelle SelbstÀndige
Wer von seiner eigenen Arbeit lebt und dabei eigene Produktionsmittel benutzt, gehört zum sogenannten âKleinbĂŒrgertumâ, der traditionellen âMittelschichtâ. Das sind auf dem Land der kleine Bauer, in Stadt und Dorf der kleine Handwerker oder KrĂ€mer, der Arzt mit eigener Praxis, der Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei und sonstige Freiberufler, die ihr eigenes Arbeitsergebnis in Form eines greifbaren Produkts oder als Dienstleistung verkaufen.
Selbstarbeitende Produzenten und Dienstleister sind zwar im Gegensatz zum Lohnarbeiter Produktionsmittelbesitzer, aber als Einzelarbeiter keine Kapitalisten, weil sie selbst arbeiten mĂŒssen und nicht von den FrĂŒchten fremder Arbeit leben können. In der Terminologie von Karl Marx sind âProduktionsmittel, die den Produzenten selbst als BeschĂ€ftigungs- und Subsistenzmittel dienen, ohne sich durch Einverleibung fremder Arbeit zu verwertenâ, kein Kapital (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 731).
Selbst wenn ein selbstarbeitender SelbstĂ€ndiger auĂer der eigenen Arbeit noch in geringem Umfang fremde Arbeit ausbeutet, wird er dadurch noch kein Kapitalist, sondern ânur ein Mittelding zwischen Kapitalist und Arbeiter, ein âkleiner Meisterââ. (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 326.)
Die Arbeitssituation der SelbstĂ€ndigen schafft einerseits Gemeinsamkeiten mit der Lohnarbeit bis hin zur ScheinselbststĂ€ndigkeit, andererseits schafft sie flieĂende ĂbergĂ€nge vom Kleinmeister zum Kapitalisten. Ein SelbstĂ€ndiger mit einigen Lohnarbeitern kann vielleicht ein âViertelkapitalistâ oder ein âDreiviertelkapitalistâ sein, je nachdem wie viel FrĂŒchte fremder Arbeit er sich neben seiner eigenen TĂ€tigkeit noch aneignet.
2. Moderne SelbstÀndige und moderne Einzelarbeit
2.1 Moderne SelbstÀndigkeit und moderne Einzelarbeit entsteht stÀndig auf der Basis neuer Technologie
Durch neue Technologien und in neuen Branchen können solche selbstarbeitenden Produktionsmittelbesitzer durch die âReproduktion des Handwerks auf Grundlage der Maschinerieâ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, Anm. 247.) immer wieder neu entstehen.
âSofern eine einzelne Arbeitsmaschine an die Stelle der Kooperation oder der Manufaktur tritt, kann sie selbst wieder zur Grundlage handwerksmĂ€Ăigen Betriebs werden.â (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 484.)
Solche Arbeitsmaschinen, die die Kooperation vieler Arbeiter ersetzen, waren z. B. die NĂ€hmaschine (z.B. Familien-NĂ€hmaschine von Singer ab 1865, 1880 hatte Singer eine halbe Million NĂ€hmaschinen verkauft), der Elektromotor (erst im Jahr 1906 wurde in Deutschland mehr ElektrizitĂ€t fĂŒr Motoren abgenommen als fĂŒr Beleuchtung) und jĂŒngst die Computer. Jede dieser Technologien schuf neue SelbstĂ€ndigkeit auf moderner technischer Grundlage.
Einige von diesen neu entstandenen âSelbstĂ€ndigen auf moderner maschineller Grundlageâ schaffen es, zum erfolgreichen Kapitalisten aufzusteigen wie ein Bill Gates. Andere werden proletarisiert. Sie verlieren ihr Betriebseigentum und werden in Lohnarbeiter verwandelt.
2.2 Neue SelbstÀndigkeit und ScheinselbstÀndigkeit als sozialer Abstieg aus der Lohnarbeit
âDie,neuen SelbstĂ€ndigen' finden sich zunehmend in Arbeitsbereichen, die traditionell von Arbeitnehmern ausgefĂŒhrt wurden." LitDokAB 2000, a-1080.
âInsbesondere EnglĂ€nder treten bevorzugt auf deutschen Baustellen als vorgeblich selbstĂ€ndige Unternehmer auf. Sie verrichten aber typische TĂ€tigkeiten eines unselbstĂ€ndigen Arbeiters.â LitDokAB 1998/99 a-1638.
âDie Zahl der selbstĂ€ndig ErwerbstĂ€tigen in Deutschland hat seit Beginn der 80er Jahre leicht und seit Beginn der 90er Jahre verstĂ€rkt zugenommen.... VerstĂ€rkt wandten sich Frauen oder AuslĂ€nder dieser Erwerbsform zu.â LitDokAB 99/2000-1, a-898.
âFreigesetzte Fach- und FĂŒhrungskrĂ€fte - zu jung fĂŒr die Pensionierung - mĂŒssen sich selbstĂ€ndig machen.â LitDokAB 1998/99 a-1501.
âAt the same time, going self-employed has become an increasingly common escape route from unemployment.â LitDokAB 1998/99 b-1017.
âIm Jahre 1995 suchten in Deutschland mehr als 5,3 Millionen Personen eine neue TĂ€tigkeit, davon 177.000 oder fast 3 % eine selbstĂ€ndige. Arbeitslose haben einen zunehmenden Anteil an der Zahl der Arbeitsuchenden, die selbstĂ€ndig werden wollen." LitDokAB 2000, a-513.
âDie Bereitschaft von Arbeitslosen, sich selbstĂ€ndig zu machen, ist in den alten BundeslĂ€ndern ausgeprĂ€gterâ. LitDokAB 1998/99 a-1509. vgl. Institut fĂŒr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Hrsg.): Aus der Arbeitslosigkeit in die SelbstĂ€ndigkeit. NĂŒrnberg 1997. LitDokAB 1998/99
âIm Arbeits- und Sozialrecht ist der Unterschied zwischen geschĂŒtzter abhĂ€ngiger Arbeit einerseits und ungeschĂŒtzter selbstĂ€ndiger TĂ€tigkeit andererseits so krass, dass der Anreiz, abhĂ€ngige BeschĂ€ftigung in âneue SelbstĂ€ndigkeitâ umzuwandeln groĂ ist.â LitDokAB 99/2000-2, b-1330.
Soweit nicht anders vermerkt, stammen Daten und Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt fĂŒr Arbeit, div. Jhrg.
Wal Buchenberg, 29.11.2001
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