- Wenn einer allein Güter nicht 'gerecht' verteilen kann, können es dann mehrere? - Galiani, 04.12.2001, 19:22
- Re: Wenn einer allein Güter nicht 'gerecht' verteilen kann - Galiani - nereus, 05.12.2001, 13:05
- @nereus Re: »Gerechte« Verteilung der Güter - Meine Antwort - Galiani, 05.12.2001, 16:31
- Re: Re: »Gerechte« Verteilung der Güter - Galiani! und Schluß:-) - nereus, 05.12.2001, 21:01
- @nereus - Doch noch was: nämlich Zustimmung auf der ganzen Linie! - Galiani, 05.12.2001, 22:19
- Re: Re: »Gerechte« Verteilung der Güter - Galiani! und Schluß:-) - nereus, 05.12.2001, 21:01
- @nereus Re: »Gerechte« Verteilung der Güter - Meine Antwort - Galiani, 05.12.2001, 16:31
- Re: Wenn einer allein Güter nicht 'gerecht' verteilen kann - Galiani - nereus, 05.12.2001, 13:05
Re: Wenn einer allein Güter nicht 'gerecht' verteilen kann - Galiani
Hallo Galiani!
Du schreibst: Die Sache beginnt schon damit, daß es möglichst viele Individuen braucht, damit überhaupt so was wie ein Markt entsteht.
Das bestreite ich keineswegs.
Von einem Chor spricht man ja auch erst wenn sich mehr als nur zwei Leute zusammengefunden haben um ein Lied zu trällern.
Der Einzelne wird a priori niemals einen"gerechten" Marktpreis bestimmen können, hundert oder gar tausend Menschen, die miteinander - ja! Warum nicht? -"feilschen", gehen am Ende aber durchaus zufrieden auseinander, weil jeder ungefähr das bekommen hat, was er wollte. Das nenne ich Gerechtigkeit!
Wenn jeder unbeeinflußt von Werbung, vom Geldbeutel, von seinen Kenntnissen (ist dieses Produkt auch das"richtige" für mich) eine entsprechende Entscheidung fällen kann.
Das sind natürlich utopische Bedingungen, aber wir sollten zumindest festhalten das dem so ist.
Unter praktischen Gesichtspunkten kann ich Dir hier aber zustimmen.
Weit über das Ziel hinaus schießst Du mit Deiner Gleichsetzung von"(Markt-)Gerechtigkeit" mit"Moral". Das verleitet Dich dann zur Frage: «... Führt dies... nicht Begriffe wie Gerechtigkeit oder Moral ad absurdum...» und mündet in die unsinnige Schlußfolgerung: «... Dann würde eine moralisch einwandfreie Gesellschaft... immer die optimalen Entscheidungen fällen im ethischen Sinne....»
Das ist ein sehr abschüssiger Irrweg, auf den Du Dich da begibst. Moralisch kann immer nur ein Mensch sein, niemals eine Gruppe von Menschen als Kollektiv.
Das bestreite ich ganz entschieden. Wenn sich eine Gruppe von Menschen in entsprechenden Verhaltensnormen bewegt und deren gesteckte Grenzen nicht überschreitet, warum soll man dann nicht von einer moralbewußten Gruppe oder Nation reden?
Im Norwegenurlaub kann man ohne Bedenken die Ferienhütte nicht abschließen.
In Deutschland wäre ich mir da nicht mehr so sicher, naja und in Rumänien dürfte alles zu spät sein.
Hoffentlich haben wir jetzt keinen Rumänen hier.
Galiani wiederholt hier vielmehr seine Überzeugung, daß es zur Bestimmung eines Wertes immer des »mondo civile« (Vico), somit stets mehrerer Menschen bedürfe - mindestens zweier (pag. 28), besser jedoch sehr vieler (pag. 44; 54; 102; 104; 172; 280) -, und daß ein »gerecht« festgesetzter Wert, d.h. ein Gleichgewichtspreis, jedenfalls niemals nur der Laune eines einzelnen entspringe (pag. 26f; 45; 53). Viele Menschen zusammengenommen seien (sofern jeder einzelne nur ein Körnchen Wissen über die Sache besitzt; pag. 187) im Vorteil. Sie sind, indem sie nichts anderes tun, als nur ihre ureigensten Interessen zu verfolgen, durchaus in der Lage, die maßgeblichen Daten zu ermitteln und zu verarbeiten; denn ein »falsch« bestimmter Wert würde ja sofort für irgend jemanden zum Nachteil, zu Ungleichgewichten und damit zum Ausgleich führen. Ein außenstehender Beobachter indes wäre damit überfordert.
Unser beliebter dottore pflegt zu sagen: Unter dem Wert kann sich jeder vorstellen was er will.
Der letzlich erzielte Preis ist aber etwas ganz anderes.
Wenn ich nur einen Kunden habe der mein Produkt aber unbedingt kaufen will, kann ich z.B. 2.500 DM als Kaufpreis festlegen. Bieten mir aber 3 Kunden max. 300 DM für mein Produkt erziele ich, falls ich einverstanden bin, nur 900 DM Erlöß. Haben 50 Kunden Kaufinteresse zu maximal 150 DM erziele ich 7.500 DM.
War jetzt irgendein Kaufabschluß ungerecht? Der Markt hat in allen Fällen gerichtet aber mit sehr unterschiedlichem Ergebnis.
Die obenstehende Annahme von Galiani setzt, wie schon zuvor erwähnt, Topinformiertheit voraus. Die aber kann es niemals für alle Marktteilnehmer zu einem definierten Zeitpunkt geben.
Es ist dies ein Gedanke, der an die methodologischen Fundamente der ökonomischen Wissenschaft schlechthin rührt. Denn es geht um nichts Geringeres als um die Frage, ob es prinzipiell irgendeine »bessere« Einschätzung und damit Verteilung der Werte, also des Wohlstandes auf der Welt, geben könne als die, die der freie Wettbewerb vieler herbeiführt, also ein freier Markt.
..
Wenn auch der einzelne kein tüchtiger Mann sein mag, so scheint doch die Menge in ihrer Gesamtheit besser sein zu können... Zusammengenommen wird die Menge wie ein einziger Mensch, der viele Füße, Hände und Sinnesorgane hat; desgleichen, was den Charakter und das Denken betrifft.
So beurteilt auch die Menge die Werke der Musik und der Dichter besser...« (Fußnote 2) Ähnlich Machiavelli im ersten Buch seiner Discorsi: »...so behaupte ich, daß das Volk klüger und beständiger ist und ein richtigeres Urteil hat...
Das klingt natürlich auf den ersten Blick äußerst plausibel, aber ist dies auch so?
Ich schließe eine"bessere" Gesamtheit natürlich nicht aus, aber sie ist keineswegs in jedem Fall hinreichend gesichert. Die Kaufbereitschaft beginnt doch nicht bei Null, sondern setzt ein bestimmtes Wissen jedes Käufers voraus. Und auf dieses Wissen, gemeint ist die Psyche, kann man mehr oder weniger Einfluß nehmen.
Wenn eine Sendung wie"Vera am Nachmittag" höchste Einschaltquoten erzielt und sich demzufolge besser verkauft, aber der Dokumentarbericht über die Opfer der Drogenmafia keine besondere Einschaltquote erzielt, möchte ich nicht unbedingt von einem klugen Volk sprechen.
Ich bemängele das Ergebnis nicht, aber ich vermeide dann doch von einem richtigen Urteil zu sprechen.
Nicht ohne Grund vergleicht man die Stimme des Volkes mit der Stimme Gottes...« (Fußnote 3)
Aber von Gott kommen doch die Verhaltensnormen, z.B. die 10 Gebote. Steht zumindest in der Bibel.
Du hast aber zuvor erwähnt das ein Kollektiv niemals moralisch sein kann.
Und nun vergleicht man das Volk sogar mit Gott.
??
Sehr klar schließlich F.A. von Hayek: »[In] die Bestimmung des relativen Preis- und Lohnsystems...wie es sich auf einem gut funktionierenden Markt von selbst herausbilden wird... wird der Einfluß individueller Informationen, über die jeder der Teilnehmer am Marktprozeß verfügt, mit einfließen - eine Summe von Fakten, die in ihrer Gesamtheit weder dem wissenschaftlichen Beobachter noch irgendeinem anderen Kopf bekannt sein kann. Gewiß liegt hier der Ursprung für die Überlegenheit der marktwirtschaftlichen Ordnung.«
Jetzt lehne ich mich mal ganz weit aus denm Fenster.
Der Ursprung der marktwirtschaftlichen Überlegenheit liegt ganz sicher nicht am individuellen Informiertheitsgrad der Marktteilnehmer sondern an der Möglichkeit am Markt als Käufer oder Verkäufer überhaupt teilnehmen zu können.
Erst diese Voraussetzung schafft die Möglichkeit das ein wirklicher Markt überhaupt erst entsteht.
Und je größer der Markt desto besser kann man kaufen und verkaufen
Was dann am Markt für Preise ausgehandelt werden ist wieder ein ganz anderes Ding.
Ausgangspunkt unserer Diskussion war ja ob es am Markt gerecht oder ungerecht zugeht. Diese Frage läßt sich nach allem gesagtem aber dann schlichtweg nicht beantworten. Damit könnte ich aber auch leben.
mfG
nereus
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