- Bei dem Sturmlauf der Indizes, könnte man meinen daß das alles nicht wahr ist. - marsch, 05.12.2001, 18:24
- @Jükü, @Deutsch, @Dottore, Negativzins im Kreditgeldsystem, Freigeld? - Theo Stuss, 06.12.2001, 10:20
- Re: @Jükü, @Deutsch, @Dottore, Negativzins im Kreditgeldsystem, Freigeld? - Diogenes, 06.12.2001, 12:23
- @Jükü, @Deutsch, @Dottore, Negativzins im Kreditgeldsystem, Freigeld? - Theo Stuss, 06.12.2001, 10:20
Bei dem Sturmlauf der Indizes, könnte man meinen daß das alles nicht wahr ist.
<font size=5>Enron, Argentinien & trilaterale Depression </font>
Regierungen, Notenbanken und Nachrichtenmedien versuchen zwar, gute Miene zu machen, doch das Weltfinanzsystem wird von einer furchterregenden Doppelkrise getroffen: dem Enron-Bankrott und der faktischen Zalungsunfähigkeit Argentiniens. Am 2.12. wurde der Bankrott des Energiekonzerns Enron offiziell, und am gleichen Tag erließ die argentinische Regierung verzweifelte Maßnahmen, um Kapitalflucht und einen Run auf die Banken zu verhindern, während die kurzfristigen Zinsen über 1000% stiegen. Jede der Krisen hat Implikationen für das System, doch nun treffen sie zusammen (siehe auch neue Ausgabe des Washington Insider).
Der größte Unternehmensbankrott und der größte Staatsbankrott der Geschichte fallen in eine Zeit, in der alle G-7-Nationen gleichzeitig von der"trilateralen Depression" in USA, Japan und Westeuropa getroffen werden. Diese erfaßt nicht nur die exportorientierten und exportabhängigen"aufstrebenden Märkte" in Ostasien, Lateinamerika oder Osteuropa, sondern auch Energie- und Rohstoffexporteure. Wir erleben eine Rückkopplungsdynamik in eine Abwärtsspirale zwischen G-7, aufstrebenden Märkten und Energie-/Rohstoffexporteuren.
Am 29.11. schien es eine kurzfristig Erleichterung zu geben: Die Aufträge für langlebige Güter in den USA wiesen einen Anstieg von 12,8% auf. Aber bei genauerem Hinsehen zeigte sich, daß abgesehen von PKW-Neuwagen (die mit enormen Rabatten oder Nullzinskrediten verkauft wurden) der Löwenanteil der Aufträge auf Rüstungsgüter entfiel - typisch der Auftrag des Pentagons für mehrere tausend Joint-Strike-Kampfflugzeuge bei Lockheed-Martin. Die Aufträge stiegen auch nur gegenüber dem katastrophalen Vormonat September, während sie gegenüber Oktober 2000 um 9% fielen. Gleichzeitig sank der Einkaufsmanagerindex (Chicago Purchasing Managers Index) von 46,2 im Oktober auf 41,1 im November.
Mehr als 250 Unternehmen mit Anleihen im Wert von 359 Mrd.$ wurden im 3. Quartal herabgestuft, viele davon aus Sorge vor Zahlungsunfähigkeit, so Standard & Poor's. 2001 gab es bisher 118 Fälle von Zahlungsunfähigkeit von anleihenausgebenden Unternehmen auf insgesamt 72 Mrd.$, während es im gesamten Jahr 2000 nur 108 Fälle mit 34 Mrd.$ waren. US-Banken mußten ihre Kreditabschreibungen im 3. Quartal gegenüber dem 2. um 64% erhöhen, das ist der größte Quartalsanstieg seit 1990. In diesen Zahlen ist jedoch der Enron-Bankrott noch nicht enthalten! Wegen der Kreditverknappung der Banken müssen Unternehmen vermehrt Anleihen ausgeben. Seit dem 11.9. haben Großunternehmen 181 Mrd.$ an Anleihen ausgegeben -
31,5% mehr als im Vorjahreszeitraum.
Gleichzeitig stiegen die Neuanträge auf Arbeitslosengeld in der 46. KW um 54000 auf 488000. In der Vorwoche war die Anzahl der Bezieher von Arbeitslosenunterstützung von vorher 3,7 Mio. auf 4 Mio. angestiegen, die höchste Zahl seit 19 Jahren. All dies blieb dem Verbraucher nicht"verborgen". Der am 27.11. veröffentlichte Verbrauchervertrauensindex des Conference Board zeigte einen weiteren Rückgang von 85,5 im Oktober auf 82,2 Punkte, den niedrigsten Stand seit siebeneinhalb Jahren.
Infolge dieser Entwicklung sinken die Steuereinnahmen. Am 29.11. mußte der Direktor des Office of Management and Budget (OMB), Mitch Daniels zugeben, daß aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche in der gesamten Amtszeit der Regierung Bush kein Haushaltsüberschuß mehr zu erwarten sei. Am 30.11. wurde bekanntgegeben, daß das BIP der USA im 3. Quartal um 1,1% fiel.
In dieser katastrophalen Lage hat die Federal Reserve (Fed) - ähnlich wie andere Notenbanken - große Mengen Geld in Umlauf gebracht. Das Wachstum der Geldmenge M2 in den USA im September war das höchste seit 30 Jahren. Zusätzlich ließ die Fed durchblicken, daß die zehn Zinssenkungen in diesem Jahr - die keine Wiederbelebung der Wirtschaft brachten - nicht die letzten waren. Der Gouverneur der Federal Reserve Bank von St. Louis, William Poole, sagte öffentlich, falls es der US-Wirtschaft hülfe, die Realzinsen bis in den"negativen Bereich" abzusenken,"werden wir es tun". Es gebe kein Gesetz, das es der Fed verbiete, die Zinsen auf Null zu senken, so Poole. Derweil sprechen die Experten schon von bevorstehenden neuen Zinssenkungen im Dezember sowie im Januar.
Die Lage in Asien - mit Ausnahme von China und Indien - ist nicht besser. In Japan stieg die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit dem Beginn der Statistik 1953; im Oktober sank die Zahl der Beschäftigten um 1,03 Mio. gegenüber dem Vorjahresmonat. Standard & Poor's stufte am 28.11. japanische Staatsanleihen und zwölf japanische Großbanken herab. Typisch für die Lage in den ASEAN-Staaten ist Singapur, wo die Industrieproduktion im Oktober gegenüber dem Vorjahr um 21,4% einbrach. Der wirtschaftliche Niedergang in Europa mag weniger dramatisch aussehen, doch auch hier weisen alle Zahlen für Beschäftigung, BIP und Unternehmervertrauen in die negative Richtung.
<font size=5>IWF gibt zu: Politik der"Rettungspakete" am Ende </font>
Angesichts des nahen Staatsbankrotts von Argentinien und anderen Ländern versuchen die"Krisenmanager" der Finanzwelt den Eindruck zu erwecken, sie hätten"alles unter Kontrolle". Das jüngste Beispiel ist der Plan der Ersten Stellv. Direktorin des IWF, Anne Krueger, Ländern mit einer"wirklich unhaltbaren" Verschuldung eine Umschuldung anstelle einer chaotischen Zahlungsunfähigkeit zu ermöglichen. Kruegers Rede zeigt, daß der IWF weiß, daß Staatsbankrotte unausweichlich sind und daß seine bisherige Strategie der"Rettungspakete" versagt hat. Die Medien charakterisierten Kruegers Vorschlag als eine Art"Insolvenz-" oder"Vergleichsverfahren", aber Krueger selbst nannte es einen"Umschuldungsmechanismus für Staatsschulden".
Vor dem Washingtoner National Economists Club erklärte Krueger am 26.11., es gebe heute"zu viele Länder mit unüberwindlichen Schuldenproblemen". Sie hoffe, daß es durch die Einführung international anerkannter Regeln für"Stillstands"-Prozeduren möglich werde,"unnötig harte Kosten" für die betroffenen Ländern und für die"internationale Gemeinschaft" zu vermeiden. Der Plan sieht keine umfassenden Abschreibungen von Auslandsschulden vor, sondern würde es Ländern in Notlagen gestatten, beim IWF eine kurze Unterbrechung der Zahlung des Schuldendienstes zu beantragen, maximal einige Monate, während derer mit den Gläubigern verhandelt wird. Der IWF soll in einem solchen Bankrottverfahren die Schlüsselrolle als supranationaler Vermittler spielen, um"sicherzustellen, daß sich der Schuldner angemessen verhält".
<font size=5>Neues Gremium soll Neues Bretton Woods abblocken </font>
Während Anne Krueger ein neues,"freundlicheres und milderes Gesicht" des IWF ankündigte, eröffnete in Washington an C. Fred Bergstens Institut für internationale Wirtschaft (IIE) am 27.11. ein neues"Zentrum für globale Entwicklung" (CGD), das sich der"Überwindung der globalen Armut und Ungleichheit" widmen will. Das Programm des CGD besagt: Wir können über alles reden, solange die Länder der Dritten Welt freiwillig innerhalb des IWF-Systems bleiben.
Im CGD-Vorstand sitzen viele Mitarbeiter der Studie der"Gruppe wichtiger Persönlichkeiten der aufstrebenden Märkte" über den Wiederaufbau der neuen internationalen Architektur. Diese Gruppe - nach ihrem Vorsitzenden, dem berüchtigten früheren Federal-Reserve-Chef Paul Volcker auch"Volcker-Kommission" genannt - gab vor, die Besorgnis der Entwicklungsländern gegenüber der Globalisierung zu teilen, während sie tatsächlich die Diskussion über Lyndon LaRouches Konzept eines Neuen Bretton Woods abwürgen will. Das CGD folgt dieser Tradition:"Betroffenheit zeigen", aber ein Neues Bretton Woods abblocken.
Zum Vorstand gehören u.a.: James Gustave Speth von der Yale University, ein früherer UNO-Beamter und einer der intellektuellen Autoren des Global 2000-Berichts der Regierung Carter; C. Boyden Gray, ehem. Berater des Weißen Hauses (1989-93), der 1988-89 an der juristischen Verfolgung LaRouches aktiv beteiligt war; Ernest Stern geschäftsführender Direktor bei J.P. Morgan Chase & Co., Geoffrey Sachs und Dani Rodrik, Professoren an der Kennedy School of Government der Universität Harvard, Mitarbeiter des Volcker-Berichts; C. Fred Bergsten, Direktor des Institute for International Economics (IIE); sowie Joseph E. Stiglitz von der Columbia Universität. Stiglitz erhielt am 10.10. den Wirtschaftsnobelpreis für seine Entdeckung, daß"der freie Markt nicht immer funktioniert, weil verschiedene Marktteilnehmer unterschiedlichen Zugang zu den gleichen Informationen haben". Er trat 2000 als Weltbankökonom zurück, um in die Rolle des Chefkritikers des IWF zu schlüpfen, und denunziert von dieser Position aus LaRouches"Neues Bretton Woods".
http://www.eirna.com/cgi-local/alert.pl
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