- Moulinex - JüKü, 10.12.2001, 16:50
- Re: Moulinex - Euklid, 10.12.2001, 17:04
- Auch eine Form der Umverteilung - uluwatu, 10.12.2001, 17:23
- Absolut typisch! Man beugt sich der Gewalt. - Theo Stuss, 10.12.2001, 17:53
Absolut typisch! Man beugt sich der Gewalt.
Hallo Jükü,
leider hat das in Frankreich Tradition. Man wird erst ernstgenommen, wenn man den Staat einschüchtert. Es redet überhaupt erst jemand mit einem, wenn man hart droht. Das relativ friedliche Miteinander unserer Arbeitnehmermitbestimmung ist unbekannt. Entsprechende Sozialpläne wie bei uns existieren fast nicht, es sei denn in den Staatsfirmen wie EDF/GDF und SNCF, wo keiner mehr zu arbeiten braucht
Die Arbeitnehmergremien in den großen Firmen sind mit Leuten der kommunistischen CGT besetzt und Werkzeuge des Klassenkampfes. In den kleineren Firmen nutzen die Chefs tatsächlich jede Nachgiebigkeit aus. Bei kleinen Speditionsfirmen sind Entlassungsdrohungen normal, wenn der Fahrer versucht Verkehrsregeln einzuhalten. Vor einige Jahren kam es zu einem Aufstand mit Blockade von Paris, weil man doch tatsächlich die ausstehenden"Knöllchen" eintreiben wollte.
Panzer rückten an um die Blockaden auseinanderzureißen.
Wer das Spektakel um José Bauvais und seine Ã-ko-Bauern beachtet hat und die Demolierung von MacDos-Filialen, den wird in Frankreich nichts mehr wundern. Das Gegenstück dazu sind Supermarktketten wie AUCHAN, die sich Zahlungsziele von 52 Wochen genehmigen, die vielen landwirtschaftlichen Vertriebskooperativen die Luft abdrücken. Da die Justiz dreimal so langsam ist wie hierzulande, nehmen viele ihr Recht in die eigene Hand.
Eine kleine Anekdote zum Schluß:
Meine Schwiegermutter hat einen Bauernhof bei Quimper in der Westbretagne. Dummerweise hatte sie dem Bruder des Pächters ein Stück Land innerhalb unseres Terrains verkauft. Der richtete sich dort ein Gartencenter ein und baute seine Parkplätze auf unserem Land. Wohlgemerkt, es gab keine Überschneidungen, die Parkgelegenheiten lagen voll und ganz auf unserem Land. Ich fiel fast um, als ich das sah und vergewisserte mich im Grundbuchamt, daß die Parzelle auch uns gehörte. Natürlich verlor der Mann den Prozess. Nachdem er alles beseitigt hatte und alle Fristen verpaßt hatte um Berufung einzulegen, klagte er gegen uns mit einem neuen Prozess, weil er meinte, das Bebauungsrecht sei Teil seines Durchfahrtsrechtes.
In Deutschland hätte der Richter schon in der Vorverhandlung den Prozessgrund als nichtig abgewiesen, aber in Frankreich kam es zum Prozess, den wir auch gewannen, natürlich. Aber daß es überhaupt soweit kam. Der Mann hatte aber typisch französisch gehandelt, weil Gewohnheitsrecht bereits nach 12 Monaten ohne amtlichen Widerspruch greift. Das lädt zu Übergriffen förmlich ein.
Das ist unser gemeinsames Europa.
Gruß,
Theo.
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