- Wal Buchenbergs Traum - R.Deutsch, 11.12.2001, 19:06
- Re: Riecht partiell nach Titoismus - Theo Stuss, 11.12.2001, 21:35
Wal Buchenbergs Traum
Unser Kommunist (ich gehe mal davon aus, dass dieser Begriff ihn nicht beleidigt, sondern stolz macht) hat offenbar in 2000 einen Entwurf geschrieben, wie er sich die Wirtschaft vorstellt. Ich denke, so ähnlich stellt man sich das bei der PDS auch vor und bei vielen edlen Linken herrschen ähnliche Gedanken. Ich kopiere es deshalb hier noch mal rein.
Elemente eines emanzipierten Sozialismus
Das Versprechen des Sowjetsystems, es würde Ausbeutung und
Unterdrückung in der Welt beenden, blieb bloße Propaganda. Positives Ziel dieses
Systems war, rückständige GesellÂschaften zu modernisieren und zu industrialiÂsieren.
Seine historische Aufgabe war also keine andere als die des Kapitalismus, nur sollten
Modernisierung und InÂdusÂtrialiÂsierung schneller und mancherorts auch"sozial
verträgÂlicher" erledigt werden.
Die kapitalistischen Gesellschaften gewannen den Systemwettbewerb in der
Hauptfrage, wer die ProÂdukÂtivÂkräfte umfassender entwickeln kann, und bestätigten
damit die Theorie von Karl Marx, dass der Sozialismus nur eine WeiÂterÂentwicklung
des Kapitalismus sein kann. Aber kapitalistische Entwicklung gelingt nur dadurch, dass
poliÂtische, militärische und wirtschaftliche Macht und die damit verbundenen
Kenntnisse in wenigen Händen monopolisiert, die Pflichten und Risiken der LohnÂarbeit
und die gewollte Ohnmacht des als"BürÂger" und"Wähler" gekleideten UnÂterÂtans
aber an um so mehr Menschen verÂteilt werden.
Das Sowjetsystem stritt mit dem Kapitalismus um die Frage: Wofür wird
geplant? - Für eine Volkswirtschaft oder nur für einzelne UnÂterÂnehmen? In beiden
Systemen aber bleiben die Werktätigen ohnmächtig und werden von ihren Machthabern
verplant und bevormundet: Die einen von ihrer Planerbürokratie und Parteiführung, die
anderen von ihren Managern, Politikern und der Staatsbürokratie. Spätestens seit dem
Untergang des Sowjetsystems spitzt sich alles auf die Frage zu: Wer plant und
entscheidet für wen? Plant und entÂscheidet eine elitäre Minderheit für und über die
Mehrheit oder plant und entscheidet die werktätige Mehrheit für sich und damit über
die Gesellschaft?
Längst haben in Deutschland und den entwickelten Gesellschaften des
Westens die Gewerkschaften, BürgerÂinitiativen und alle opposiÂtionellen Individuen,
Gruppen und Gruppierungen das Machtmonopol von Kapitalisten und politischer Klasse
unterÂgraben. Sie unterminieÂren täglich und wöchentlich das Entscheidungsmonopol
der Kapitalisten und ihrer ManaÂger im Kampf gegen LohnsenÂkungen,
VerÂschlechterungen der Arbeitsbedingungen und BetriebsschlieÂßungen. Die
LohnabÂhängigen mischen sich sogar in innerkapiÂtalistische Fragen wie
Unternehmensfusionen oder LadenöffnungsÂzeiten ein. Die Auseinandersetzungen um
die Nutzung von neuer Technik wie Gentechnik, Atomtechnik oder Transrapid sind
nichts anderes als immer neue Machtfragen. In sozialen Fragen wie der Rentenpolitik,
in außenÂpolitischen Fragen wie MilitärÂinterventionen und Waffenexport oder in der
Steuerpolitik wird der Regierung ihr verfasÂsungsmäßiges EntscheiÂdungsmonopol
jeden Tag und jede Stunde streitig gemacht. Neben diesen großen politischen Fragen
gärt der KleinÂkrieg in jeder Stadt um Kindergartenschließungen, Schulfragen oder
Straßenbau. Dabei wird jedesmal neu festgelegt, ob die herrschende MinderÂheit oder
die machtlose Mehrheit das Sagen hat. Manchmal verteiÂdigen Teile des Volkes wie im
Kampf gegen die Rechtschreibreform einfach nur den schlechten Status quo gegen die
Arroganz der Mächtigen. Selbst dann, wenn eine Volksbewegung sachlich im Unrecht
ist - darüber muß dann eine sachliche Debatte geführt werden - bleibt sie politisch im
Recht gegen die Herrschenden. Indem sich die politischen und gewerkschaftlichen
Bewegungen, in die"RegierungsÂgeschäfte" und in das Management ihrer Unternehmen
einmischen, praktizieren sie schon eine GesellÂschaft, in der nicht wenige Machthaber,
sondern die Werktätigen selbst entscheiden. Eine politische Revolution ist im Gange.
Der Kapitalismus hat mit der Maschinerie und Technik auch die Fähigkeiten
und Kenntnisse seiner LohnÂarbeiter durch Ausbildung und Wechsel der Tätigkeiten auf
immer neue Höhen weiterentwickelt und so die BedingunÂgen dafür geÂschaffen, dass
die notwendig beschränkten Kenntnisse und Fähigkeiten von allen Einzelnen sich
verbinden zu staunenswerten kollektiven Leistungen, die alle Heldentaten der antiken
Götter und Heroen in den Schatten stellen. Die Elemente einer emanzipierten
Gesellschaft brauchen nicht erfunden, sondern können in den bestehenden
VerhältÂnissen entdeckt und aus ihnen entwickelt werden.
Der gesellschaftliche Wille - wirtschaftlich gesprochen der gesellschaftliche
Plan - entwickelt sich nur aus dem freien WilÂlen der Individuen. Damit die Mitglieder
der Gesellschaft frei entscheiden können, muß jede Monopolisierung von
wirtschaftÂlicher, politiÂscher und militäriÂscher Macht und den damit verbundenen
Kenntnissen und Informationen aufgebrochen werden. Nur auf einer freiheitlichen
Grundlage kann sich die freiwillige KoopeÂration in der GesellÂschaft entfalten und
können sich dadurch die Lösungen für die gemeinschaftlichen Aufgaben entÂwickeln.
Nur auf einer freiÂheitlichen Grundlage kann die Herausbildung einer neuen Machtelite
dauerÂhaft verhinÂdert werden.
1. Die bisherigen Betriebsräte der Belegschaften treten an die Stelle der
Aufsichtsräte des Kapitals und überÂnehmen deren Rechte. Kleinbetriebe
werden in Genossenschaften umgewandelt.
2. Alle Betriebe führen ihre Kalkulation, Buchführung und Forschung und
Entwicklung öffentlich (z.B. im Internet).
3. Jeder hat Anspruch auf dieselbe Ausbildungszeit. Nach einer theoretischen
und praktischen AllgemeinÂausbildung ist die Verteilung der restlichen
Bildungsjahre über ein Lebensalter frei.
4. Alle Beschäftigungsverhältnisse werden auf Zeit abgeschlossen. Die
langjährige Fesselung an einen BeÂtrieb oder eine einzige Beschäftigung stirbt
aus.
5. Auf kommunaler Ebene werden Produkt- und Dienstleistungsbörsen
eingerichtet, die landesweit vernetzt sind. An diese Börsen machen die Betriebe
ihre Produktions- und Serviceangebote und bestellen dort ihre betriebliche
NachÂfrage. Die privaten Verbraucher melden ihren privaten Konsum ebenfalls
an diese kommuÂnalen Börsen. Hinzu kommt noch die Nachfrage der
Kommunen für Gemeinschaftsaufgaben wie Bildung, Kranke, Notzeiten etc.,
für die die KomÂmunen besondere Fonds unterhalten. Ein Landesfonds mit
Weltgeld wird eingerichtet für den Waren- und DienstleisÂtungsverkehr mit
dem kapitalistischen AusÂland. Die kommuÂnalen Börsen verÂrechnen
landesweit Angebot und NachÂfrage. Die Kommunen übernehmen die
Verteilung und Transport der hergestellten ProdukÂte und bestellten
DienstleisÂtungen.
6. Betriebe und Kommunen sind in ihren Entscheidungen souverän, die
Zentralregierung legt nur Leitlinien fest.
7. Alle Repräsentanten (Räte) in Betrieb und öffentlicher Verwaltung
(Stadträte, Landesräte) werden jährlich in geheiÂmer und direkter
Persönlichkeitswahl (keine Listenwahl) gewählt.
8. Alle Sitzungen von Repräsentanten (Betriebsräte, Stadträte, Landesräte) sind
öffentlich für die von ihnen VertreÂtenen (werden z.B. auch live im
kommunalen oder landesweiten Fernsehen übertragen).
9. Alle Grundsatzentscheidungen werden in Urabstimmungen auf betrieblicher,
kommunaler oder landesÂweiter Ebene getroffen. Jede Entscheidung einer
Repräsentationsebene kann durch Urabstimmung der jeÂweils Vertretenen
korrigiert werden.
10. Gewerkschaften und Parteien gelten wie Kirchen oder Vereine als private
Vereinigungen, die sich selbst verÂwalten und finanzieren.
Wal Buchenberg, Januar 2000
Leider hat er vergessen zu sagen, wer für Verluste die Verantwortung trägt und wie und auf wen die Verluste verteilt werden. Außerdem wüsste ich gern, warum die Gewerkschaften diese Vorschläge nicht aufgreifen und zusammen mit ihren Mitgliedern das Modell einfach realisieren.
Gruß
R.Deutsch
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