- Regierung tritt zurueck: Argentinien versinkt im Chaos - rodex, 20.12.2001, 09:59
- Quelle: Spiegel Online (owT) - rodex, 20.12.2001, 09:59
Regierung tritt zurueck: Argentinien versinkt im Chaos
REGIERUNG TRITT ZURÜCK
Argentinien versinkt im Chaos
Argentinien droht unter dem Druck der schweren Wirtschaftskrise zu kollabieren. Die komplette Regierung hat ihren Rücktritt eingereicht. Zuvor war wegen der schweren Ausschreitungen der vergangenen Tage ein 30-tägiger Ausnahmezustand über das Land verhängt worden.
Buenos Aires - Die argentinische Regierung hat nach Angaben aus Regierungskreisen ihren Rücktritt bei Präsident Fernando de la Rúa eingereicht. De la Rúa werde das Rücktrittsgesuch einiger Minister annehmen, darunter das von Wirtschaftsminister Domingo Cavallo. De la Rúa prüfe noch das Gesuch, werde das einiger Minister, darunter Cavallo, jedoch annehmen.
Gegen die von Cavallo erlassenen Sparmaßnahmen richtet sich seit Wochen der Protest weiter Teile der Bevölkerung. Nach Ausschreitungen und Plünderungen hatte die Regierung am Mittwoch den Ausnahmezustand über das Land verhängt. Bei Plünderungen wurden mindestens vier Menschen getötet.
Die Mitte-Links-Regierung kämpft mit einem Schuldenberg von 132 Milliarden Dollar, einer seit vier Jahren andauernden Rezession und einer Arbeitslosenquote von 18,3 Prozent. Sie bemüht sich um Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der einen strikten Sparkurs für die Gewährung weiterer Mittel zur Bedingung macht.
Plünderungen und schwere Ausschreitungen
Seit Wochen wird in Argentinien gegen die Sparmaßnahmen demonstriert. Die Regierung hatte Anfang des Monats aus Sorge vor einem Bankensturm Barabhebungen von Privatkunden auf 250 Dollar pro Woche begrenzt. Zudem hatte sie die staatlichen Gehälter und Pensionen um 13 Prozent gekürzt. Um die aufgebrachte Bevölkerung zu beruhigen, wies die Regierung Lebensmittelhilfen in Höhe von sieben Millionen Dollar an.
Tausende Menschen plünderten am Mittwoch Geschäfte in Buenos Aires, den Vororten und mehreren Provinzen. Wütende Demonstranten protestierten in mehreren Teilen des Landes gegen die Sparmaßnahmen der Regierung und die zunehmende Verarmung. Die Polizei ging mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor. Fünf Polizisten wurden verletzt.
Nach Angaben der Polizei erstach ein von Plünderungen betroffener Ladenbesitzer am Mittwoch einen Mann in den Außenbezirken von Buenos Aires. In der Provinz Santa Fe sei ein 15-Jähriger von einem Mann erschossen worden. In der rund 300 Kilometer nordwestlich von Buenos Aires gelegenen Stadt Rosario wurden ein Mann und eine Frau erschossen, als Ladenbesitzer das Feuer auf Plünderer eröffneten.
30 Tage Ausnahmezustand
Als Reaktion verhängte die Regierung am Mittwoch für 30 Tage den Ausnahmezustand. Regierungsvertreter sagten, die Verhängung des Ausnahmezustands verleihe der Exekutive Sonderrechte. Dies ermögliche es, gegen wachsende Gesetzeswidrigkeiten vorzugehen. Die Sonderrechte beziehen sich unter anderem auf Verhaftungen. Zudem kann die Regierung die Armee zur Hilfe rufen.
In einer vom Fernsehen ausgestrahlten Ansprache rief de la Rúa in der Nacht zu Donnerstag zu einer parteiübergreifenden Zusammenarbeit auf und machte für die Ausschreitungen"Feinde der Republik" verantwortlich."Viele Feinde der Republik Argentinien ziehen einen Vorteil aus der wirtschaftlichen und sozialen Situation, säen Uneinigkeit und Gewalt, versuchen, Chaos zu stiften, um das zu erreichen, was sie an der Wahlurne nicht konnten."
Das Parlament stimmte am Mittwoch für die Aufhebung der Sonderrechte, die Cavallo eingeräumt worden waren. Ein Sprecher des Fraktionsführers der Radikalen Partei, Horacio Pernasetti, sagte, dem Parlamentsbeschluss zufolge sollten Bankkunden pro Monat Bargeld in der Höhe ihres Monatseinkommens abheben dürfen. Auf die übrigen Einlagen sollten sie jedoch nicht zugreifen dürfen. Der Beschluss des Parlaments muss vom Senat bestätigt werden, um Gesetzeskraft zu erlangen.
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