- Wenn sich Festverszinsliche höher rentieren als Aktien... - dottore, 05.01.2002, 17:39
- Re: Wenn sich Festverszinsliche höher rentieren.. / Nachtrag - JüKü, 05.01.2002, 17:50
- Re: Gewinnrendite - Dividendenredite - Rendite festverzinslicher WP - André, 05.01.2002, 19:51
- Re: Ja, sorry und weitere Deutung: - dottore, 05.01.2002, 20:28
- Re: Wenn sich Festverszinsliche höher rentieren.. / Nachtrag - JüKü, 05.01.2002, 17:50
Wenn sich Festverszinsliche höher rentieren als Aktien...
Hi,
zu denn Kennzeichen einer freien, funktionierenden Wirtschaft gehört die Tatsache, dass die Aktienrendite grundsätzlich über der Rendite festverzinslicher Wertpapiere liegt.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Ein festverzinsliches Engagement ist seiner Natur nach defensiv und risikolos. Ein Kapitaleinsatz dagegen offensiv und risikobehaftet. Bei festverzinslichen Papieren haftet eine Sache (Pfandbrief: z.B. Grundstück), bei Aktien haftet das eingesetzte Kapital selbst, was automatisch dazu führt, dass jemand, der Kapital einsetzt (und den Totalverlust riskiert) einfallsreicher und vor allem dynamischer vorgehen wird und vorgehen muss (ausführlich Schumpeter et al.)
Außerdem muss er höhere Renditen erwirtschaften, da er sonst Probleme hat, überhaupt an Kapital zu kommen, das sich bei höherer (obendrein besicherter) Fest-Rendite in diesen Anlagen niederlässt und den Einsatz als Risiko-Kapital von vorneherein scheut.
Ein dynamisch wachsende und sub summa stabile Wirtschaft über einen langen Zeitraum hatten wir zuletzt unter dem Goldstandard, wie diese Tabelle zeigt (Spalten weiter rechts):
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Mit WKI kam der entscheidende Bruch. Seitdem haben sich die Festverszinslichen mit wenigen Ausnahmejahren (1932 12,4 zu 7,0; 1938: 5,0 zu 4,5, 1939: 4,9 zu 4,5) höher rentiert als Aktien. In der Zeit der Bundesrepublik war es durchgehend der Fall, wobei sich dogar doppelt so hohe Festverzinslichen-Renditen gegenüber Aktien-Renditen ergaben.
Dies hat zum einen mit dem Steuerrecht zu tun, denn Schulden können steuerlich mit Gewinn verrechnet werden, Dividenden natürlich nicht, da sie selbst Gewinn sind. Diese Praxis wurde von den Unternehmen umso mehr genutzt als die Steuersätze in exorbitante Höhen gefahren wurden und sich"Schuldenmachen" also"lohnte".
Zum anderen hat es mit den exponenziell gestiegenen Staatsschulden zu tun, die nicht nur zu Zinspapieren aller Art in Konkurrenz traten sondern natürlich auch zu Aktien, die schließlich nicht mehr zu bieten hatten als Kurssteigerungen, eine Phase, die sich allerdings im wesentlichen verabschiedet haben dürfte.
So haben wir uns als Resultat der Umkehr der Renditen (jetzt Anleihen, vor allem Staatsanleihen, über Aktien) die sattsam bekannte "Unterkapitalisierung" der gesamten Volkswirtschaft eingehandelt. Der Anteil des Eigenkapitals (risikotragend, haftend) in den Bilanzen hat sich mehr und mehr verringert, was im Klartext bedeutet:
Den Unternehmen fehlt der alles entscheidende Puffer, um Krisenzeiten durchzusetehen. Kapital kann vermindert werden (Herabsetzung), Dividenenden kann man ohne weiteres ausfallen lassen, Anleihen oder Kredite überhaupt aber müssen termingemäss bedient werden, was zwangsläufig zu Problemen führen wird.
Eine größere Krise wird uns also dort treffen, wo es wirklich weh tut: Beim Bezahlen fälliger Kredite. Ausfallende Zahlungen, von denen hier täglich noch und noch berichtet wird und wurde, könnten sich wegen des allgemeinen Kredit-auf-Kredit-Systems ("Pyramide") in unliebsamen Kettenreaktionen entladen.
Selbst wenn es zunächst noch gelingen sollte, Zahlungsausfälle im großen Stil über"stille Reserven" oder auch Kapitalschnitte abzufedern - bei längerer Stagnation werden wir eine sich weltweit ausbreitende Kreditkrise durchleben müssen.
Tut mir leid.
d.
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