- @JÜKÜ, Deutsch, Dottore, Krisenschaukel - Theo Stuss, 08.01.2002, 11:55
- Re: @JÜKÜ, Deutsch, Dottore, Krisenschaukel - dottore, 08.01.2002, 15:47
- Re: Vielen Dank Dottore, ich werde mir das langsam zu Gemüte führen (owT) - Theo Stuss, 08.01.2002, 18:01
- Re: @JÜKÜ, Deutsch, Dottore, Krisenschaukel / Vielen Dank, weil..... - JüKü, 08.01.2002, 18:22
- Re: @JÜKÜ, Deutsch, Dottore, Krisenschaukel - Liated mi Lefuet, 09.01.2002, 00:23
- Re: @JÜKÜ, Deutsch, Dottore, Krisenschaukel - dottore, 08.01.2002, 15:47
Re: @JÜKÜ, Deutsch, Dottore, Krisenschaukel
>Hallo zusammen,
>was passiert eigentlich, wenn man einen negativen Leitzins bei einem Kreditgeldstandard anwendet?
Dann zahlt die ZB dafür, dass man sich bei ihr ZB-Geld abholt (Mechanismus oft präzise beschrieben) eine Prämie. Statt eine zu kassieren.
Diese Prämie kommt zu den Zinsen dazu, die die Geschäftspartner der ZB auf ihren an die ZB verpfändeten Papieren ohnehin während der Zeit kassieren, während der die Pfänder bei der ZB auf derem Pfandkonto liegen.
Also Bank hat 100 Pfänder und 10 Zinsen. Verlangt die ZB 5 Prämie (="positiver Leitzins") hat die Bank insgesamt nur 5 Zinsen.
Zahlt die ZB jetzt 5 Prämie (="negativer Leitzins"), hat die Bank 15 Zinsen.
Technisch müsste die ZB die 5 dem ZB-Konto der Bank gutschreiben.
In ihrer G+V hätte die ZB jetzt 5 Verlust, klar. Den könnte sie mit stillen Reserven (z.B. auf Dollarforderungen oder IMF-Forderungen) auffangen, danach - wenn die Stillen alle sind - aber muss sie den Verlust offen ausweisen.
Der Verlust würde mit dem EK der ZB saldiert, bis dieses auch weg ist (z.Zt. Buba: 5,1 Mrd € GK und Rücklagen; Zinserträge p.a. netto: 7,2 Mrd, Nettoerträge insgesamt: 10 Mrd), was sehr schnell gehen könnte, je nachdem wie hoch der"negative Leitzins" (= Geldherschenken) wäre.
Danach ZB-Konkurs (Insolvenz), es sei denn der Staat baut das GK wieder auf (eine Steuererhöhung zur Stabilisierung der Bundesbank wäre mal was Neues).
Im übrigen könnte die ZB die"Geldmenge" natürlich genauo"steuern" wie bisher, also dann nur Summa 1000 an Banknoten ausgeben, die zwar zu 1050 vergeben werden, aber das lässt sich steuern (Losverfahren z.B.), dass immer nur genau die 1000 bzw. 1050 (also plus Geschenk) von ihr hergegeben werden.
>Beim Goldstandard ist die Sache klar, warum es funktionieren kann. Der Leihende leiht etwas, nämlich Gold und wird belohnt, weil er investieren will.
Nein, bei einer mit GS arbeitenden ZB wäre es ganz genau so. Letztlich müsste die ZB dann ihren Goldbestand abgeben.
>Der Sparende trägt etwas zur Bank, Gold und muß einen Depotzins bezahlen, der den Kredit des Leihenden finanziert. Die Bank gewinnt in jedem Fall, ob der Zins positiv oder negativ ist. Sie gibt die Margen weiter.
Ja, die Bank! Aber nie die Zentralbank. Die Bank kann im GS statt einer Vergütung vom Kunden für die Deponierung von Gold bei ihr zu verlangen, diesem Kunden eine Vergütung bezahlen. Geht aber auch nur, wenn sie diese Vergütung ("Zins auf Goldeinlage") durch Weitergabe des Goldes ("Ausleihe") wieder hereinholt.
>Im Kreditgeldsystem gibt es zwar einen der borgt und er bekommt keinen Realwert dafür. Wenn er jemanden bezahlt, der dann das Geld zur Bank trägt um zu sparen, kann er nicht sparen, weil er, wie gepostet, nur die Gesamtschuld reduziert.
Das Kreditgeldsystem kann niemals mit einem"Geldbestand" starten. Alles Geld, das im KGS erscheint, kann nur über die Banken erscheinen (egal, wie die es sich bei der ZB geholt haben und auch egal, ob mit positivem oder negativen"Leitzins").
Schon der erste 100er, den die Banken dann ans Publikum abgeben, wird gegen Zins abgegeben. Es gibt keine Bank, bei der sich das Publikum Geld für lau abholen kann (nicht zu verwechseln mit Rückzahlung von Forderungen der Kunden gegen die Banken an die Kunden, die sich aber immer erst später ergeben können, also nachdem bereits ZB-Geld über die Banken ins Publikum gekommen war).
Sollten die Banken ihrerseits mit einem negativen Zinssatz für ZB-Geld arbeiten, dass man sich bei ihnen"leiht", dann würde sich jeder Kunde jeden Betrag leihen, da er ja weniger zurückzahlen muss (Begrenzung wäre durch entsprechende Niederlegung von Sicherheiten für die - zu 95 statt 100 - erfolgende Rückzahlung des ZB-Geldes an die Banken denkbar, aber sehr theoretisch).
>Wo beißt sich aber jetzt die Katze im Falle eines negativen Zinses genau in den Schwanz?
Bei der ZB wg. Konkursgefahr (siehe oben). Bei den Banken wäre es so:
ZB gib 5 % Zins für bei ihr abgeholtes Geld ("Geldmenge", wie gesagt, ließe sich trotzdem präzise bemessen).
Die Banken nehmen bei der ZB 1000 und kriegen de facto 1050. Die 50 können sie für sich verwenden (Kosten decken) oder zum Teil sogar an die Kunden weiter geben. Die sich also 1000 leihen und nur 990 zurückzahlen müssen.
Dann müssen die Banken die Schlangen vor ihren Schaltern irgendwie in den Griff kriegen. Also Geldverteilung, die im ersten Schritt immer Kreditverteilung ist (Kreditgeldsystem!) irgenwie plafondieren, da die ZB bereits die"Geldmenge", siehe oben, plafondiert hat (falls die ZB die GM nicht plafondieren würde, würde sich jede Bank = Geschäftspartner der ZB soviel ZB-Geld abholen, wie überhaupt in LKWs geht, da sie pro abgeholten 100er 105 ausgezahlt kriegt und nur 100 zurückgeben muss).
Das wäre die sofortige Hyperinflation (Kapazitätsgrenze = Druckereikapazitätsgrenze).
Die Banken wären dann eigentlich auch überflüssig. Denn wenn die ZB sowieso offen ist, kann sie gleich für jedermann offen sein und jeder kann sich 100 Millionen geben lassen, plus 5 Millionen Geschenk ("negativer Leitzins") und nur 100 Mios müssten an die ZB zurückgegeben werden.
Es käme also darauf an, ob die ZB ihr ZB-Geld plafondiert oder nicht.
>Nehmen wir einmal an, der"Sparer" kommt nicht mit Bargeld, sondern statt Gold bringt er einen Schuldtitel, den er"ansparen" will und die Bank sagt ihm, er müsse jetzt mit einem negativen Zins rechnen, weil er den Kreditnehmer finanzieren müsse.
Der Schuldtitel trägt einen Zins (Pfandbrief, 6 % z.B.). Wozu den auf die Bank bringen und als was? Dort ins Depot geben (Egentümer bleibt Kunde) kostet Depotgebühren. Die Bank zahlt aber für einen ihr"eingezahlten" Pfandbrief nur den Tageskurs und schreibt diesen dem Kunden gut.
Dafür gibts zunächst Tagesgeldzinsen, also weniger als die 6 %. Die Bank kann dem Kunden aber vorschlagen, in 7%-Bankschuldverschreibungen zu wechseln. Das kann der Kunde machen, wenn ihm die Bank als Sicherheit besser gefällt als das Grundstück, das den Pfandbrief besichert.
>Im Goldstandard kann der Sparer bei Negativzins den Kreditnehmer finanzieren, weil er ja etwas hat.
Wenn ein Kunde einer Bank Gold gibt, war - historisch - zunächst eine Depotgebühr fällig, die der Kunde (!) bezahlen musste (sein Gold war"sicherer" aufbewahrt). Seit dem 18. Jh. (Beginn bei schottischen und englischen Landbanken - eine revolutionäre Entwicklung, auf die ich schon hingewiesen hatte) zahlten die Banken dem Einleger von Gold aber ihrerseits eine Gebühr ("Zins", was ein völlig falscher Ausdruck ist, da sich Gold selbst nicht verzinsen kann, da es kein Schuldtitel, sondern eine Sache ist), die sie wieder einspielten, indem sie sich am deponierten Gold"vergriffen", es also an Dritte weitergaben (daher das berühmte Problem des"Runs" auf Banken, die dann nicht das auszahlen konnten, GOLD nämlich, was eingelegt worden war).
Ein"negativer Zinssatz" auf Banknoten, jetzt Kreditgeldsystem, die ich bei Banken einzahle, ist nicht vorstellbar, weil der Kunde die Noten dann doch lieber behält - es sei denn Mordbrenner und Plünderer bevölkern alle Städte.
Ein"negativer Zinssatz" auf Kredite, die sich der Kunde in Bargeld auszahlen lässt (bei Giroüberziehungen ist es genauso) führt zum Warteschlangensyndrom: Jeder will 1000 Kredit, wenn er ihn nur zu 980 zurückzahlen muss (Begrenzung, siehe oben, Plafondierung durch die ZB; falls keine Plafondierung: sofort Hyperinflation, ebenfalls siehe oben: dann braucht auch keiner mehr einen Kredit nehmen und das Geld wegtragen, um weniger davon wieder zurück zu bringen, sondern er kann sich der Einfachheit halber die Differenz gleich auszahlen = schenken lassen).
>Im Kreditgeldstandard kann er das doch nicht, weil der"Sparer" ja nichts hat.
Richtig. Im Kreditgeldsystem gibt es keine"Ersparnisse", sondern nur Forderungen bzw. Forderungen auf Forderungen usw. Dazu bitte Real-Enzyklopädie mit den Ergänzungen von André heran ziehen).
In Forderungen kann nie gespart werden. Forderungen können nur bei Fälligkeit vollstreckt werden (also in die dingliche Besicherung, die ihnen unterliegt). Oder sie können zu Bargeld gemacht werden, indem ein entsprechender Abschlag (Diskont, Disagio usw.) in Kauf genommen wird.
(Das"Bargeld" ist im KGS selbstverständlich seinerseits wiederum eine Forderung bzw. basiert auf einer solchen).
Falls weiter Fragen: Jederzeit gern.
Gruß
d.
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