- @Zardoz Zum Thema: 'Soziale Kooperation und Marktwirtschaft' - Galiani, 11.01.2002, 00:56
- Interessant & vor allem ermutigend... Danke! Gute Nacht & später mehr. (owT) - Zardoz, 11.01.2002, 01:34
- Re: Zum Thema: 'Soziale Kooperation und Marktwirtschaft' - Uwe, 11.01.2002, 01:39
- Re: @Zardoz Zum Thema: 'Soziale Kooperation und Marktwirtschaft' - riwe, 11.01.2002, 08:48
- Nachtrag - riwe, 11.01.2002, 09:17
- Re: Nachtrag - Die Ebene ist verschoben! - André, 11.01.2002, 10:30
- Nachtrag - riwe, 11.01.2002, 09:17
- Zum Thema: 'Soziale Kooperation und Marktwirtschaft' - Zardoz, 11.01.2002, 16:00
- Werde mich bemühen! Grüße (owT) - Galiani, 11.01.2002, 17:12
Re: @Zardoz Zum Thema: 'Soziale Kooperation und Marktwirtschaft'
>Hallo
>Die ganze Idee der"Marktwirtschaft" steht und fällt natürlich mit der Behauptung, daß soziale Kooperation (z.B. auf einem Markt) ohne Zwang von oben möglich ist. Sollte sich herausstellen, daß dem nicht so ist, wäre das ordo-liberale Gesellschaftskonzept von vornherein erledigt; - die Anhänger des von Plato erfundenen Konzeptes der Gesellschaftssteuerung durch Herrschaft von oben hätten damit gewonnen.
>
>Seit mindestens 20 Jahren gibt es deshalb Versuche, das Kooperations-Geschehen auf freien Märkten zu simulieren und bezüglich der Frage zu untersuchen, ob und unter welchen Umständen sich soziale Kooperation entwickelt und stabil aufrecht erhalten läßt.
>
>Die m.W. erste diesbezügliche Untersuchung wurde von Prof. Robert Axelrod in jenem berühmt gewordenen Computerexperiment durchgeführt, das nachfolgend beschrieben wird (Weiterführende Literatur: Axelrod Robert, Die Evolution der Kooperation, Oldenbourg/Scientia Nova Verlag 1987).
>In gewissem Sinne eine Verfeinerung der Untersuchungsergebnisse von Axelrod stellen die von Zardoz in seinem «Artikel zur Gesellschafts-Diskussion» dargestellten Befunde dar. (Ich werde mir diese Arbeit im Original besorgen. Bis dahin bringe ich den von Spiegel online so salopp vorgestellten Ergebnissen noch etwas Skepsis entgegen.)
>Eine sinnvolle Debatte über Liberalismus ist meiner Ansicht nach jedenfalls ohne Kenntnis dieser Forschungsergebnisse unmöglich. Ich habe deshalb zur Orientierung der interessierten Forumsteilnehmer über diesen für die ganze Liberalismus-Debatte unerhört wichtigen Fragenkomplex einen in der Neuen Zürcher Zeitung am 2. September 1998 erschienenen Bericht über den Internationalen Kongreß der Mathematik in Berlin von Antonia Rötger eingescant und gebe diesen Bericht nachstehend - insoweit er sich auf eben diese Fragen bezieht - auszugsweise wieder.
>
>.......
><font size="5"><ul>Vorteile durch kooperatives Verhalten</ul></font>
> Nicht weniger faszinierenden Fragen geht der Mathematiker Karl Sigmund aus Wien nach. Zusammen mit dem Oxforder Zoologen Martin Nowak beschäftigt er sich mit dem spontanen Auftauchen von Kooperation und Hilfsbereitschaft während der Evolution. Nur durch Kooperation konnten sich komplexe, arbeitsteilige Gesellschaften wie in Ameisenhaufen, Bienenstöcken, Rudeln und Menschengruppen bilden. Dabei scheint zunächst die Frage nach der Intelligenz zweitrangig zu sein, da beispielsweise Ameisen kaum über Einsicht in ihr Tun verfügen. Im Fall des Ameisenhaufens greift jedoch ein einfaches Modell: Die Ameisen sind alle «Schwestern». Indem sie die Versorgung ihrer Königin sichern, tragen sie zum Fortbestand der eigenen Erbinformation bei.
> Aber Kooperation findet auch unter Individuen statt, die nicht direkt miteinander verwandt sind. Diese Erkenntnis verdankt man einem grossen Computerturnier, zu dem der Politologe Robert Axelrod von der Universität Michigan bereits 1981 aufrief und in dem verschiedene Verhaltensweisen gegeneinander antraten. Grundlage war eine Population künstlicher Individuen, die sich an folgende Spielregeln zu halten hatten: Jedesmal wenn «A» auf «B» trifft, entscheiden sich die beiden, ob sie kooperieren oder die Kooperation verweigern wollen. Für diese Interaktion gibt es Punkte:
>Verweigern beide, erhalten beide einen Punkt; kooperieren beide, bekommen sie jeweils drei Punkte; kooperiert nur einer, der andere aber nicht, erhält der «Schmarotzer» fünf Punkte, der «Helfer» jedoch keinen.
> Jeder konnte Programme einschicken, die neue Strategien enthielten. Am Ende der vereinbarten Spielrunden wurde die Punktzahl der Individuen festgestellt und in Nachkommen umgerechnet (die das Verhalten erbten), so dass sich im Verlauf vieler Runden manche Strategien stark vermehrten, andere jedoch ausstarben. Überraschenderweise setzten sich die Schmarotzer nicht durch, denn viele Strategien machten ihre Zusammenarbeit davon abhängig, ob der Partner selber früher mit ihnen kooperiert hatte. Am erfolgreichsten erwies sich die äusserst einfache Strategie «Tit for Tat» des Psychologen und Philosophen Anatol Rapoport von der Universität Toronto. Tit for Tat bedeutet «Wie du mir, so ich dir». Beim ersten Zusammentreffen kooperiert der TitforTat-Spieler, bei den nächsten Interaktionen tut er jedoch immer das, was der andere vorher gemacht hat. Tit for Tat lässt sich daher nicht von den Verweigerern ausnutzen. Selbst in einer Gruppe von Verweigerern genügt ein kleiner Herd von Tit-forTat-Spielern, um das allgemeine Verhalten allmählich zu ändern.
> Jetzt haben Sigmund und Nowak ein völlig neues Modell entwickelt, das zu überraschenden Ergebnissen geführt hat. Was passiert, wenn sich die Individuen «A» und «B» nicht mehr direkt ihre Hilfeleistung vergelten können, weil die Chance zu gering ist, dass sie sich nochmals treffen? Bisher haben Spieltheoretiker vermutet, dass dann die Kooperation zusammenbrechen müsse Aber Sigmunds Berechnungen und Computersimulationen zeigen etwas anderes: Auch indirekte Vergeltung funktioniert, ganz nach dem biblischen Motto «Gib, und dir wird gegeben».
>
><font size="5"><ul>Das soziale Prestige zählt</ul></font>
> In Sigmunds Modell gibt es nicht nur den Punktwert, der in den Interaktionen erspielt wird und den Fortpflanzungserfolg anzeigt, sondern darüber hinaus einen « «Imagewert»: Jeder Akt der Hilfe steigert das soziale Ansehen und damit die Bereitschaft des nächsten Partners zur Kooperation. In ihrer einfachsten Form lässt sich diese Gesellschaft aus Individuen, die auf ihren guten Ruf bedacht sind, sogar analytisch fassen.
> Drei simple Strategien werden betrachtet: Die «Einfältigen» helfen immer, die «Verweigerer» helfen niemals und die «Unterscheider» helfen nur dann, wenn ihr aktueller Partner in seiner letzten Aktion jemand anderem geholfen hat.
>Sigmund zeigt, dass die Kooperation in einer Population, die mehrheitlich aus Einfältigen besteht, sehr schnell zusammenbricht. Denn diese Population ist wehrlos gegen spontan auftauchende Verweigerer. Gibt es dagegen vorwiegend «Unterscheider», dann können die Verweigerer sich auf Dauer nicht halten und sterben aus.
> Diese Gedankenspiele, die Sigmund und Nowak in einer viel beachteten Arbeit noch wesentlich feiner ausgearbeitet haben, verführen zu weitergehenden Uberlegungen zur Rolle der Sprache für kooperative Gesellschaften. Denn entweder muss der «gute Ruf» auf direkter Beobachtung beruhen oder aber weitererzählt werden, da ja niemals alle Teilnehmer der Gruppe Zeugen der guten Tat sein können.....
>Ende des Auszuges aus der NZZ vom 2. Sept. 1998.
>Grüße
>G.
Guten Morgen Galiani,
Tit for Tat ist sicherlich eine gute Strategie. Kann aber im Einzelfall zu einer Verhärtung der Fronten führen. Nicht wahr?
Gib, und es wird dir gegeben werde. Denn wer nicht gibt, dem wirdauch das, was er hat, genommen werden. ( Sinngemäss ) Meine Lebenserfahrung ( falls ich mit fast 65 das Wort doch noch mal benutzen darf ) hat mir gezeigt, daß es sich hier um eine Strategie handelt, welche u. U. zu einer Veränderung unserer Denkweise führen könnte. Ich habe danach gehandelt und erfahren, dass immer etwas zurückgekommen ist. Ich habe schon vor 10 Jahren mit dem Gedanken gespielt, aufgrund dieser Einsicht eine andere Art des Wirtschaftens vorzuschlagen. Sozusagen ein auf den Kopf gestellter Debitismus. ( Es hat ja schon mal jemand was auf den Kopf gestellt ) Ich hatte jedoch im Laufe der vergangenen Jahre den Eindruck, dass diese Einstellung evtl. zu einer Ideologie führen könnte. Da ich Ideologien grundsätzlich ablehne, habe ich das Ganze nicht weiter verfolgt. Interessant ist es auf jeden Fall. Wie sich Informationen über den"Unterscheider" weiterverbreiten kann ich nicht sagen. Es geschieht aber, wie ich selbst festgestellt habe.
Vielleicht lässt sich das Thema in diesem Forum diskutieren ohne eine Ideologie zu entwickeln und ohne"d e n g u t e n M e n s c h e n" vorauszusetzen.
Gruss
riwe
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: