- @Zardoz: Fehlgeleitetes Kapital - Taktiker, 11.01.2002, 23:15
- Re: @Zardoz: Fehlgeleitetes Kapital - Zardoz, 12.01.2002, 01:19
@Zardoz: Fehlgeleitetes Kapital
Hi Zardoz,
lese gerade ein wenig quer im Board, da blieb mir das von Dir hängen:
"dem Staat laste ich in diesem Zusammenhang lediglich an, das er meiner Meinung nach Kapital fehlleitet. Menschen werden nicht zu guten Wahrsagern, nur weil sie regieren."
Also nur weil staatliche Entscheidungen keinem strengen Preisdiktat unterliegen, sind sie nicht alle ineffizient! Auch staatliches Wirtschaften orientiert sich noch an Markttrends. Kein Staat stemmt sich auf alle Ewigkeit und überall gegen ökonomische Trends. Insofern müssen wir das Volumen der fehlgeleiteten Staatskapitalien schon mal deutlich eingrenzen.
Richtig ist, dass das Momentum ein wenig stark ist und der Staat nicht mit der evtl. gebotenen Flexibilität und Schnelligkeit bzw. Nachhaltigkeit (Schröders Lieblingswort) reagiert. Hier ist Kritik auch ok und sie bewirkt ja auch manchmal was, nämlich eine Kurskorrektur.
Zum dritten ist in einigen Bereichen einfach kein striktes Kosten/Nutzendenken wünschenswert bzw. produktiv. In einigen Sektoren (wir sprachen drüber) ist es notwendig, dass der Staat den Markt bremst (zum Leid der Protagonisten, zum Wohl der Verlierer) oder auch mal anschiebt (zum Wohl der Protagonisten, zum Leid einiger Spekulanten). Die Sinuskurve ist halt etwas gedämpfter, als ließe man den Markt einfach gewähren. Dafür ist die Schwankungsbreite nicht so hoch.
Der Grad der Eingriffe - da werden wir wohl nie zueinander kommen, aber wie auch. Das ist Geschmackssache und erfahrungsabhängig. Es gibt sicher nicht DAS richtige Modell, höchstens eines, was Dir, eines, was mir besser gefällt. Und wir werden beide unsere Gründe haben, so wir Dir eine schwarze Wand besser gefällt, und mir eine rote (oder gelbe, oder weiße).
Aber den Zahn muß ich am Ende doch noch ziehen: Die in Spekulationsblasen à la 1929 oder zuletzt bis 2000 fehlgeleiteten Geldmengen sind dermaßen gigantisch, dass Du ein ganzes Fußballstadion von Schmidts, Waigels oder Eichels bräuchtest, um das zu wiederholen.
Und Spekulationsmanien -so schrieb schon der alte Haudegen Marx- sind nun einmal ein ureigenes Phänomen des Kapitalismus, im speziellen in seinen -sorry-Endphasen. Für den Fall des Neuen Marktes von der Klippe hochdroben machst Du jetzt aber nicht den deutschen Staat verantwortlich, oder?! Oder im Falle der Nasdaq die US-Regierung?!
Ich sehe ja ebenfalls viel Bürokratie, viel Schlamm und Klüngel. Das behindert die Wirtschaft, aber dieses Problem hast Du in jeder Administration, auf kommunaler wie auf staatlicher Ebene.
Schaffe den Staat ab und gründe Fürstentümer, aber Du behälst den Klüngel und das Gemauschel und Vorschriften und örtliche Autoritäten und deren Eitelkeiten.
Aber ich denke nicht, dass die so rasche und massive Stagnation so großer Volkswirtschaften mit frechen Steuersätzen erklärt werden kann. Kapitalismus/Marktwirtschaft ist einfach ein Kettenbriefsystem (buy low sell high), und da stehen nur wenige ganz oben, die meisten ganz unten.
Wenn man das so akzeptiert und sich dafür entscheidet, lieber den Weg nach oben zu erklimmen als das System selbst in Frage zu stellen, so ist das auch ok. Nur die vielen Verlierer können nicht geleugnet werden. Sie lassen das auch nicht mehr lange zu.
Nice nite!
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