- Hayek: Knechte des Wohlfahrtsstaates - - Elli -, 07.03.2004, 16:44
Hayek: Knechte des Wohlfahrtsstaates
--><font size="4">Knechte des Wohlfahrtsstaates</font>
Vor sechzig Jahren schrieb Hayek über die"Sozialisten in allen Parteien". Sie sind immer noch da
Am 10. März vor sechzig Jahren erschien im Vereinigten Königreich eines der wichtigsten Bücher des vergangenen Jahrhunderts:"Der Weg zur Knechtschaft". Autor war der renommierte Nationalökonom Friedrich A. von Hayek, der sich als intellektueller Gegenspieler von John Maynard Keynes einen Namen gemacht hatte. Unter der Widmung"Den Sozialisten in allen Parteien" legte Hayek in dem Pamphlet dar, warum Sozialismus und Faschismus nur zwei Spielarten totalitären Denkens sind. Er erklärte zudem, warum der Verzicht auf wirtschaftliche Freiheit zum Verlust politischer Freiheit führt.
Angesichts der Bedrohung durch das nationalsozialistische Deutschland, aber auch als Gegenentwurf zur Begeisterung für staatliche Wirtschaftsplanung war die Schrift sofort ein großer Erfolg. Der Verlag konnte als Folge der kriegsbedingten Papierknappheit die Nachfrage kaum bedienen. Zum Triumph kam es ein Jahr später, als in den Vereinigten Staaten eine Kurzfassung in Reader's Digest erschien. Eine wissenschaftliche Vortragsreise Hayeks nach Amerika geriet darüber zur Lese-tour eines Erfolgsautors. Die Schrift wurde sogar als Comicstrip umgesetzt. Sie war auch in Kontinentaleuropa bekannt. Im Herbst 1946, bei einem Vortrag Hayeks an der Universität zu Köln, kursierten unter den Studenten handschriftliche Kopien des Buches auf deutsch, das im kriegszerstörten Deutschland noch gar nicht erschienen war.
Das Buch war so populär, daß Hayeks Ruf als seriöser Ã-konom in Fachkreisen litt. Das war ungerechtfertigt. Vordergründig liest die Schrift sich zwar"nur" als ein flammendes Plädoyer für eine freiheitliche Nachkriegsordnung. Hayek legte darin aber auch Grundsteine einer Theorie, für die andere später unter dem Namen"Neue Politische Ã-konomik" Ruhm und Ehre erhielten.
Hayek entlarvte in dem Buch den Irrglauben, daß staatlich-zentralistische Planung dem Markt in der Koordinierung des wirtschaftlichen Zusammenlebens überlegen sei. Die Verwaltungswirtschaft muß in all ihren Spielarten immer daran scheitern, daß ein Planer die Bedürfnisse der Menschen und die Zwänge der Produktion nie erfassen kann. Der Zentralplaner kennt seine Vorlieben, er kennt aber nicht die Wünsche und Fähigkeiten der einzelnen Menschen. Der Markt hingegen bringt diese individuellen Präferenzen auf dezentrale und zwanglose Art und Weise zusammen, ohne sie zu bestimmen. Der Markt bündelt Präferenzen und Knappheiten in Preisen, die Verbrauchern und Unternehmen dezent die wirtschaftlichen Grenzen ihres Tuns aufzeigen. Damit erlaubt der Markt eine größere Zufriedenheit der Menschen. Er erlaubt eine effizientere Produktion, eine größere Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft an unvorhersehbare Ereignisse und einen dynamischen Wettbewerb um Innovationen, der dem Wohlstand aller nutzt.
Hayeks Verdienst ist, die moralische Basis dieses so ökonomistisch anmutenden Arguments offenzulegen. Staatliche Wirtschaftsplanung muß notgedrungen die Interessen der Menschen mißachten und ihren Einfluß immer weiter in alle Lebensbereiche ausdehnen. Wer"nur" die Güterproduktion lenken will, bestimmt über Einkommenschancen und Verdienste. Wer"nur" die Einkommen angleichen und Arbeitslosigkeit im Strukturwandel verhindern will, erhöht die wirtschaftlichen Risiken anderer. Und er ermuntert die Menschen dazu, nicht mehr für sich selbst zu sorgen, sondern ihre Anstrengungen auf Unterstützung durch den Staat auszurichten. Das ist das Ende der freiheitlichen Gesellschaft und das Ende dessen, was Menschsein im Kern bedeutet: Eigenständigkeit und Selbstverantwortung.
Kennen wir, wissen wir, kommt bei uns nicht vor, würden heutige Politiker Hayek wohl entgegenhalten. Wissen Sie es wirklich? Die marktwirtschaftlich scheinenden Versuche einer Autobahnmaut oder des Handels mit CO2-Emissionsrechten zeugen vom selben planerischen Geist wie der derzeitig unpopuläre Wirtschaftssozialismus. Und daß wir bei einer Staatsquote von fast 50 Prozent alle Knechte des Wohlfahrtsstaates sind, hat Hayek schon vor sechzig Jahren beschrieben.
Hayeks"Der Weg zur Knechtschaft" ist im Verlag Olzog erschienen.
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 07.03.2004, Nr. 10 / Seite 38
gesamter Thread: