- Macht aktuell (1) - dottore, 31.07.2002, 19:37
- Re: Macht aktuell (1) - Euklid, 31.07.2002, 20:03
- Muß heißen: Machtlosigkeit aktuell - Diogenes, 31.07.2002, 20:11
- Re: Muß heißen: Machtlosigkeit aktuell - Euklid, 31.07.2002, 20:29
- Oha, Signore! - Ghandi, 31.07.2002, 20:15
- Re: Man könnte evtl. wenn man nicht dafür zahlen müßte....:-(( Gruss (owT) - Wasi, 31.07.2002, 20:22
- @dottore, Macht und Geld; Feudalismus, Nutzanwendungen - netrader, 31.07.2002, 21:06
- Re: @dottore, Macht und Geld; Feudalismus, Nutzanwendungen - dottore, 01.08.2002, 09:26
Re: @dottore, Macht und Geld; Feudalismus, Nutzanwendungen
Lieber netrader,
>Die Kontroverse dottore/Galiani wirft sicherlich Fragen auf, die ich in einem früheren Posting am Beispiel Argentiniens als"18-Währungsproblem" bezeichnet habe. Damals kannte ich das jüngst im Spiegel empfohlene Buch"Das Geld der Zukunft" von Bernard A. Lietaer noch nicht. Gönnen wir es also diesem engagierten Autor, das Problemfeld der Schaffung von Geld durch die Bevölkerung"ohne Staat" mit dem Begriff"Komplementärwährungen" zu besetzen.
Dieses ist ohen weiteres möglich. Mit dem Geld können dann keine Abgaben entrichtet werden. Mit Oldys Gogos können keine Steuern bezahlt werden.
Wir hätten dann so etwas wie eine Tauschwirtschaft mit Tauschmarken, die sich langsam redimensionieren würde, bis es nur noch lokale Tauschgemeinden gibt, die dann so etwas wie Stammescharakter haben. Die Privateigentumsfrage müsste gesondert gelöst werden - jedenfalls kann Eigentum nicht mehr zur Besicherung von Kreditvorgängen dienen.
>Man muss nicht immer gleich über die Frühgeschichte spekulieren, um in der Sache vorwärtszukommen. Komplementärwährungen müssen im Lichte einer Macht- oder Fiskaltheorie des Geldes erklärt werden können.
Die K-Währung (unbesichert, nicht vollstreckbar) müsste gesetzlich zugelassen sein, was wg. den Notenmonopols derzeit noch nicht der Fall ist.
>Vielleicht ließe sich aus dottores Sicht mit dieser und vielen anderen im Bord aufgeworfenen Fragen in seiner geplanten Großauseinandersetzung technisch sinnvoll umgehen, wenn man die reine Theorie mit ihren historischen Grundlagen in einem ersten Buchteil abhandelt, um sodann in einem zweiten Teil unter dem Begriff"Nutzanwendungen" einen praktischen Problemteil folgen zu lassen. Der Theorieballast (Berechnungen, sonstige Nachweise) könnte dann, wie es sich gehört, in den Fußnoten behandelt werden.
Sehr guter Vorschlag.
>Unter Nutzanwendungen könnte es sich zB auch anbieten, eine Zeitreise durch einen langen Kondratieffzyklus zu unternehmen und die Implikationen für das jeweilige Stadium des Zyklus abzuhandeln.
Vor dem Bank- und Industriezeitalter sind Kondratieffs nur schwer zu finden.
>Zur Machttheorie des Geldes noch folgendes:
>Ein kurzer Blick in alte Lehrbücher der deutschen Rechtsgeschichte (zB Mitteis-Lieberich, Beck, über die Fränkische Zeit) macht klar, wie gut man am Beispiel des europäischen Feudalismus argumentieren kann.
Sorry, der Feudalismus ist ein Konstrukt (Liber Feudorum, langobardisch, als älteste Quelle) eindeutig 12. /13. Jh. Bitte Susan Reynolds (Oxford University Press) zu Rate ziehen.
Ich glaube, der Feudalismus mit seiner"Ritterlichkeit" und"Ethik" usw. ist ein Feigenblatt, das die Macht sich vorspannte, um ihre Existenz zu erklären.
>Die römische Geschichte liegt wohl ebenfalls auf der Linie.
Keinerlei Feudalismus damals.
>Bei kurzer Durchsicht der rechtshistorischen Kapitel (aaO) ist mir aber auch klar geworden, warum mir dottores Theorie bisher immer etwas zu materialistisch vorkam. Die personalistischen Grundlagen des Abgabensystems sollte man mE. nicht vernachlässigen, auch wenn man damit ein Führer-Gefolgschafts-Problem anspricht.
Zu diesem bitte das zur Kenntnis nehmen (unveröff. Ms.):
Versuche, beim Eigentum einen „prinzipiellen Unterschied zwischen Römischen und Germanischem Recht„ herauszuarbeiten, sind schon im 19. Jh. stecken geblieben Dies geben z. B. diese Passagen wieder (Ilmenau 1853, 224 f.):
„Wird... der Rechtsgrund des Eigenthums in der sittlichen Berechtigung des Besitzers gefunden, so wird natürlich auch Inhalt und Umfang der Herrschaft durch den Begriff der sittlichen Berechtigung bestimmt, und Eigenthum nach germanischem Begriffe ist daher ein Recht sittlicher Herrschaft über die Sache, d.h. eine Herrschaft über die Sache, vermögen deren der Eigenthümer dieselbe ihrem sittlichen Zwecke gemäß zu gebrauchen berechtigt, aber auch zugleich verpflichtet ist. Die Sache ist eben ein Lehen, das der Mensch von Gott empfangen hat, um ihm damit zu dienen, und für dessen Gebrauch er Gott verantwortlich ist.„
Und weiter geht das Konstrukt des Schmidt von Ilmenau:
„Der germanische Eigenthumsbegriff hat... nicht, wie das römische, einen unveränderten allgemein gültigen Inhalt, sondern erhält seinen concreten Inhalt erst durch die Individualität der das Object desselben bildenden einzelnen Sache, grade so wie auch der Inhalt der im mundium liegenden rechte erst durch die besondere Natur des einzelnen Schutzverhältnisses bestimmt wird. Auf seinen allgemein gültigen Inhalt zurück geführt und als Gattungsbegriff gefasst, ist das Eigenthum nur das Recht (und die Pflicht), eine Sache ihrem sittlichen Zwecke gemäß zu beherrschen und zu gebrauchen, ihr, wenn man diesen Ausdruck gebrauchen darf ‚vorzustehen nach ihrem Rechte.’„ (ibid., 225)
Mit einem"sittlichen", also ent-materialiserten Eigentums- und damit Machtbegriff kommn wir nicht weiter.
>Der ganze Feudalismus beruht aber auf dem Prinzip militärischer Führung durch den Besten und Klügsten, dem man sich im Interesse des Volkes unterordnet.
Es können nicht die Besten gewesen sein, da es keinen Feudalherren gab, der nicht über kurz oder lang einem anderen unterlag. Beispiele in Massen.
>Geht man von den personalistischen Grundpflichten aus,"der Macht" Soldaten und Waffen sowie Hand- und Spanndienst zu leisten,
Die Macht hat die Soldaten nicht rekrutiert, sondern sie gekauft. Der Söldner-Kauf war der erste Kauf überhaupt. Soldaten waren nicht vorzuhalten, es gab keine stehenden Heere, und die Bauern waren nicht kriegsgewandt.
>so wird klar, dass ergänzend und ersetzend hierzu alsbald auch pekuniäre Abgabeflichten treten müssen (s.z.B. die rechtsgeschichtlichen Wehrgelder). Zugleich wird klar, warum die Gewaltunterworfenen die Abgabepflichten tolerieren, statt den Abgabenforderer einfach umzulegen oder zu vergiften.
Sie konnten nur in Ausnahmefällen Burgen stürmen oder gegen die Macht mit ihren gekauften Truppen widerstehen, siehe Wat Tyler, siehe Bauernkriege.
>Zu dem von Galiani und der herrschenden Meinung vertretenen, oben unter dem Begriff"Komplementärwährungen" mitangesprochenen Problem sollte man gesondert diskutieren. Ein erster simpler Gedanke: Wenn die Macht, die auch in Komplementärwährungssystemen immer vorhanden ist, Kosten spart (zB Sozialhilfekosten für Arme, die sich selbst helfen; so auch im Falle Wörgl), steht es ihr frei, diese Ersparnisse wirtschaftlich als Abgabe zu werten, weil sie die sonstigen Abgaben dann für andere Zwecke frei hat.
Der Sozialhilfeempfänger hat einen Rechtsanspruch. Diesen in eine freiwillig zu erbringende Leistung zu verwandeln, halte ich für nicht durchführbar. Das erste, was die Gemeinswchaft tun wird, ist die Sozialhilfeempfänger, die sie ohnehin für Schmarotzer hält, zur Arbeit zu zwingen (Straßenbau kann jeder).
Danke und Gruß!
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