- @dottore: Die Demokratie bleibt Demokratie nur, solange sie eine Demokratie ist - Galiani, 05.08.2002, 13:17
- Re: Demokratie verschwindet automatisch - dottore, 05.08.2002, 15:09
@dottore: Die Demokratie bleibt Demokratie nur, solange sie eine Demokratie ist
Hallo dottore
Sie schreiben - unter vielen anderen Belegen, die Ihren Standpunkt illustrieren:
>Demokratisches Regieren führt aufgrund des darin implizierten Machtgewinnungs-Mechanismus (mehr versprechen als man gleichzeitig von der Gesamtheit der Bürger abfordert, Verteilung hin oder her) automatisch zu den beschriebenen Abläufen. Alles ist unter dem Demokratie-Regime gefallen: Lebensqualität, Liberalität, Humanitas.
Ja, wenn Sie natürlich unter"Demokratie", ein degeneriertes, mißratenes, verderbtes Herrschaftssystem verstehen, das sich nur noch"Demokratie" nennt, haben Sie natürlich Recht. Aber das, was Sie da skizzieren ist natürlich keine Demokratie! Auch Karies ist nicht normal, obwohl die meisten Leute Löcher in den Zähnen haben!
Dennoch aber haben Sie Unrecht, wenn Sie schreiben:
>... Die Macht schafft das Geld. Sie ist der Gläubiger ex Abgabenmonopol. Das Abgabenmittel ist das Geld (ex Geldmonopol).
Das ist wieder so eine Ihrer verbalen Pirouetten! Aber"Geld-Abgaben" sind nicht die Voraussetzung des Geldes, sondern logisch natürlich dessen Folge! Daß der Staat sofort mit seinen Krakenarmen nach dem Geld greift und Abgaben einfordert, liegt in der Natur der"Herrschaft" und der"Macht". Aber das beweist doch nicht, daß Geld ein Produkt der Macht ist, wie Sie glauben machen wollen. Nur indem Sie die Kausalkette, bei der"Ursache = Geld" logisch zu"Wirkung = Geld-Abgaben" führt, mittels eines logischen Purzelbaums auf den Kopf stellen, gelingt es Ihnen, die vielen Gegenbeispiele, die Ihnen hier bereits entgegengehalten wurden, - Zigarettenwährung, Komplementärwährung in Argentinien, Gogo's, Muschelwährung u. dgl. m. - die alle ganz offensichtlich eben NICHT"Produkte der Macht", sondern Geschöpfe des (mehr oder weniger privaten) Gütertausches sind, wegzuerklären. Indem Sie einfach Ursache und Wirkung vertauschen, weisen Sie diese Gegenbeispiele, die Ihre Auffassung widerlegen, zurück, weil man mit solchem Alternativgeld keine Geld-Abgaben bezahlen könne.
Aber: Um es nochmals zu sagen, Ihre diesbezügliche Argumentation ist unhaltbar. Ihr Einwand, daß man mit Zigaretten, Gogo's u.ä. keine Abgaben bezahlen könne, beweist NICHT, daß das Geld eine Folge der Macht ist. Denn"Geld-Abgaben" kann es logischerweise erst geben, nachdem es bereits zuvor Geld gibt.
Aber das wissen Sie natürlich ohnehin alles....! Das mit dem"Benediktiner-Schüler" sollte ein Scherz gewesen sein!
>Da die Abgabenlast (aktuell und noch kommenden) ununterbrochen gestiegen ist, müsste der Genuss in der Gegenwart geradezu grenzenlos sein. Was indes nicht der Fall ist.
Da haben Sie natürlich Recht! Ich kann nur wiederholen: Gefördert von den unermüdlichen Denunzianten der"Demokratie" wie u.a. Marx und seinen heute noch lebenden Handlangern, verwandelt sich unsere"Demokratie" tatsächlich immer mehr in ein degeneriertes, mißratenes, verderbtes Herrschaftssystem. Leute die es besser wissen und trotzdem lehren,"Demokratie" sei in Wirklichkeit ein perfides System der Machtausübung (und die - bewußt oder unbewußt - den Unterschied verkennen, zwischen Gesetzen, die dem Bürger die Unverletzlichkeit seiner Entscheidungsfreiheit garantieren, und Schand-Gesetzen, die ihn zum Sklaven machen) befördern diese böse Deformation von der"Demokratie" zur"Diktatur" in nicht gering zu schätzendem Maße.
Aus Gründen der intellektuellen Redlichkeit muß man aber doch konzedieren, daß sich Ihr"ultimativer Zwingherr" zwar mehr und mehr der"Demokratie" bemächtigt; da sind wir uns einig! Ursprünglich aber und fundamental ist die Demokratie keineswegs dessen Instrument!
Als tragfähigen Kompromiß und modus vivendi in unserer Diskussion akzeptiere ich jedoch den von Ihnen dargelegten Grundsatz:
>Der freie Markt ist das beste Mittel, um herrschaftlichen Zwang usw. möglichst lange zu entkommen.... Die Wirtschaft war [zur Zeit Wilhelms II.] um ein Vielfaches freier als sie es heute ist..... Heute haben wir Tausende, Gesetze und Verordnungen....
Ja, natürlich! In der Diagnose, daß man den Bürger praktisch überall auf der Welt mehr und mehr aller seiner Freiheiten beraubt, sind wir uns vollständig einig. Ich stimme Ihnen vollkommen zu: >"Der Staat hat die Tankstellen, die Lohnbüros, die Supermärkte die Schnapsfabriken, die Zigarettenfabriken als Sub-Finanzämter versklavt. Hätten wir eine freie Wirtschaft in einer freien Gesellschaft, würde jeder Bürger sämtliche Steuern selbst deklarieren."
Aber Sie sehen die Dinge vom sozialwissenschaftlichen Standpunkt aus viel zu eng, wenn Sie meinen, ein Strafrecht allein könnte das Fortbestehen der Demokratie, des öffentlichen Konsens' und die Marktwirtschaft sichern. Hayek (und vor ihm David Hume, auf den er sich erklärtermaßen stützt) haben vollkommen richtig erkannt, daß das Fortbestehen einer wünschenswerten, stabilen Gesellschaftsordnung noch manch anderes benötigt, als nur ein Strafgesetz (das doch eigentlich erst post festum reagierend eingreift). Gerade die von Galiani (vor Hume!) geforderte verläßliche private Gerichtsbarkeit, die absolute Einhaltung von Verträgen u.a., also durchaus Themen des Privatrechtes, gehören dazu! Ich"vermansche" keineswegs Straf- und Privatrecht, wie Sie mir vorwerfen. Aber gerade die von Ihnen also offenbar doch beklagten Entwicklungen unserer heutigen"Demokratie" sind eben keineswegs nur eine Sache des Strafrechtes!
Sie schreiben weiter:
>Der Liberale hat aber die per definitionem illiberale Macht übersehen.
Das stimmt doch nicht! Die Liberalen (Bastiat; List u.v.a.m., insbesondere neuerdings auch v. Mises) wurden bloß von ihren geistesgeschichtlich mißratenen Abkömmlingen, den Sozialisten und Kommunisten, (aber leider natürlich auch von den Kirchen, die die Seite wechselten, nachdem ihnen ihr Partner durch die Jahrhunderte, der feudale Adel, abhanden kam!) überrannt, mundtot gemacht, als herzlos verunglimpft und denunziert!
Und dann plötzlich wieder dieser Hammer in Ihrem Posting:
>Dass sich Gerechtigkeit und Freiheit gegenseitig ausschließen, kann nicht bezweifelt werden......
Hoppla! Das widerruft doch wieder alles, worüber wir uns gerade einig geworden sind! Galiani, Hayek, die gesamte Rechtsphilosophie (sofern sie nicht"Links"-Philosophie ist) sind sich einig darüber, daß es nur und ausschließlich unter der Voraussetzung von Freiheit"Gerechtigkeit" gibt. Zeigen Sie mir ein unfreies Land und ich zeige Ihnen ein Land, in dem es keine Gerechtigkeit gibt. Das Fraser-Institut in Vancouver, das jährlich den Grad der Freiheit in 150 Ländern untersucht, hat - mit sehr guten Gründen - das Funktionieren des Rechtswesens und noch andere Indikatoren für"Gerechtigkeit" geradezu als zuverlässiges Kriterium der in einem Lande herrschenden"Freiheit" ausgemacht.
Oder haben Sie gemeint:"Daß sich Freiheit und Gleichheit gegenseitig ausschließen...."? Das wäre unbestritten! Aber"Gleichheit" ist natürlich nicht gleich"Gerechtigkeit"!
Was aber natürlich
>...das Urübel des herrschaftlich ausgeübten Zwangs in seiner jedes freiheitliche Wirtschaften auf Dauer beendenden Funktion...
betrifft, gehe ich mit Ihnen (zumindest ein Stückweit) durchaus einig!
Grüße
G.
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