- @dottore: Zinsentwicklung Japan - Rabobank Analyse - Aristoteles, 22.12.2002, 15:19
- Re: @dottore: Zinsentwicklung Japan - Rabobank Analyse - dottore, 22.12.2002, 20:26
- Re: @dottore: was würde eine Enthortung erzwingen? - Baldur der Ketzer, 22.12.2002, 20:37
- Re: @dottore: was würde eine Enthortung erzwingen? - dottore, 22.12.2002, 20:57
- Zur 'Liquidisierung' von Forderungen dieses: - Tobias, 23.12.2002, 00:22
- Re: Lieber Tobias, Danke - und Frohes Fest! And stay with it! (owT) - dottore, 23.12.2002, 15:17
- Re: @dottore: Zinsentwicklung Japan - Rabobank Analyse - Aristoteles, 23.12.2002, 01:51
- Entwicklung, ich weiß bald gar nichts mehr - Baldur der Ketzer, 23.12.2002, 02:02
- Re: @dottore: was würde eine Enthortung erzwingen? - Baldur der Ketzer, 22.12.2002, 20:37
- Re: @dottore: Zinsentwicklung Japan - Rabobank Analyse - dottore, 22.12.2002, 20:26
Re: @dottore: Zinsentwicklung Japan - Rabobank Analyse
-->Hi Aristoteles,
das war eine sehr interessante Analyse und jeder Techniker hätte daran seine helle Freude. Aber was folgert er daraus?
Ich will mal einen ganz anderen Gedanken ins Rennen werfen, nämlich nicht den das absoluten, sondern den des relativen"Zinsniveaus".
Nehmen wir an, alles entwickelt sich in Richtung der japanischen Variante. Also Rendite immer weiter abwärts, von mir aus bis unter 1 % und dann sogar bei ganz knapp über 0 %. Darunter ist kaum vorstellbar, da sich das System ZB sonst in eine Geldverschenkungsmaschinerie entwickeln würde: Wer sich 100 bei der ZB beschafft, muss nur 99 zurückgeben usw. (Wäre theoretisch auch noch denkbar, aber das lassen wir mal weg).
Die Titel sind eingesperrt (ZB oder von der ZB quasi als infallible, weil immer weiter von ihr"finanzierte" Filialen dieser, also"Banken"). Das Ganze wird so lange weiter getrieben, bis schließlich alle Verbindlichkeiten, sofern Anleihe-Charakter (aber auch das lässt sich drechseln, dass alles in eine Art Junk Bonds verwandelt wird) aufweisend, in der ZB bzw. den Banken angekommen sind. Sonstige Schuldner (kleinere) gehen drauf oder werden unter Gläubigerschutz à la chapter 11 gestellt.
Die Kurse gehen allmählich sämtlich von noch über pari (Resultat der fallenden Renditen bzw. Sätze) auf pari und die Laufzeiten werden immer kürzer.
Dann wären außerhalb des"Bankensektors" nur noch Transaktionskassen vorhanden, die quasi wirken wie ein permanenter Scheidemünzenbestand oder: Alle Banknoten sind Scheidemünzen zum"eigentlichen" Geld, das aber im Bankensektor (inkl. ZB) eingesperrt bleibt.
Nehmen wir einen Satz (als was auch immer zu bezeichnen) von 0,1 % an. Würde sich der auf 0,2 % erhöhen (bei Pari-Papieren), würde das einen gigantischen Hebel bedeuten, d.h. jede Forderung von außerhalb des Bankensektors an diesen würde, sobald sich das abzeichnet, in Form von Bargeld (jetzt: de facto Scheidemünzen) abgefordert, um dem Kursverlust zu entkommen, der sich ja innerhalb weniger Stunden, wenn nicht Minuten ergeben könnte.
Die 0,1 %-Phase wäre die Ruhe vor dem Sturm, der schlagartig los bräche, wenn es an die 0,11% ginge. Der 2-Year JGB daily chart ist enorm aufschlussreich und eigentlich der einzige Chart, auf den es wirklich ankommt. Von 0,01 auf 0,06 % ist auch bei 2-Jahres-Titeln eine enorme Menge Holz, auch wenn ich mich trösten könnte, in 2 Jahren wäre alles wieder gut.
Das könnte letztlich dafür sprechen, dass es doch so etwas geben könnte (!) wie eine Aus-dem-Stand-Hauruck-Hyperinflation (vorausgesetzt natürlich, dass das"Geld" nicht nur abgeholt würde, um Kursverluste zu vermeiden, sondern auch, um damit was zu kaufen, denn ohne Umsätze keine Preise).
Es könnte aber genausogut zu einer Maximierung der Geldhorte kommen, um das Einzige, was man"hat", um damit dann / danach in etwas anderes zu gehen, so lange wie nur möglich zu"schonen". Alt und krank reicht schon, man muss nicht auch noch arm sein.
Die ZB muss also ein maximales Interesse haben, die Sätze immer wieder nach unten zu drücken, denn wehe es kommt zu einem eindeutigen Trend im Sinne 0,01 - 0,06 - 0,1 - 0,5 - 1,00 - 1,5 - 2,0 usw.
Das schaut nach einem gigantischen Pokerspiel aus: Würde sich die Liquidisierung der Forderungen (die sog."Monetarisierung" oder"monetization") tatsächlich einmal in Gang setzen, gäbe es kein Halten mehr. Aber selbst eine maximale Monetarisierung würde zunächst nur eine Maximierung der"Geldmenge" (MZM) bedeuten, die dann vom Publikum gehalten würde - in ängstlicher Erwartung der Dinge, die als Nächstes kommen könnten.
Da Japan noch nicht Not leidet, sind Käufe von Preisindex-relevanten Waren eher unwahrscheinlich, es würden dann vermutlich entweder Geldhortungen außerhalb des Bankensektors erfolgen (Vorteil: den Defla-Effekt mitnehmen, der noch nicht einmal sehr stark ausfallen müsste, bei 0,01 %"Satz" bedeutet eine 0,1 % Defla schon einen tüchtigen Gewinn) oder in Form von"Anlagekäufen" erfolgen und diese dann natürlich in reinen Sachen, wobei das Ganze dann tatsächlich aufs Gold hinauslaufen sollte.
Das ganze Spiel ist zwar an Perversität kaum noch zu übertreffen, aber da es sich um (meines Wissens) den ersten Vorgang dieser Art in der Weltgeld- und -finanzgeschichte handelt, muss noch schärfer nachgedacht werden. Auf keinen Fall sollte man sich mit"herkömmlichen" Erfahrungen oder"bewährten" Ursache-Folge-Modellen u.ä. zufrieden geben.
Dass sich da wahnsinnige Wucht aufbaut, dass die Psychologie beider Seiten weder auslotbar noch berechenbar ist (auch Idioten in ZBs und Finanzministerien haben das Grundrecht auf psychologische Sprünge und blitzschnelle Stimmungswechsel), dass die Zeitfenster für mögliche Reaktionen immer winziger werden, dürfte allen klar sein.
Möglicherweise werden wir eines nahen Tages gezwungen sein, nur noch vor dem Screen zu hocken, um ganz blitzschnell zu handeln: Die Forderungen können schlagartig verdampfen, es kann alles daher kommen: der Kollaps, die Hyperinflation, die Bargeldmaximierung, der völlige Käuferstreik, die bewusst in Kauf genommene Konsumverweigerung, die Hyperinflation, eine Goldpreisexplosion (ich spreche von 100er, dann 1000er Sprüngen), alles quasi alles, nur eben ganz, ganz schnell.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto offener muss ich gestehen: Ich weiß bald gar nichts mehr in Bezug auf das, was wir als Nächstes erleben werden. Ich komme mir vor, wie im Kasino und weiß zwar, dass am Ende alle verlieren werden, aber ich kann nur noch hoffen, nicht zu denen zu gehören, die gleich beim ersten Schwung raus in die Kälte fliegen.
Gruß!
>Hallo dottore,
>
>die JGB-Zinskurven (s. Link) sind vielleicht interessant für Sie.
>Vor kurzem 0,01% (!) im 2-year JGB.
>Wie lange kann der Zins nahe 0% gehalten werden?
>Es ist eine Binsenweißheit, daß die BoJ (und alle anderen NB)
>nur Einfluß auf die kurzfristigen Zinsen hat. Aus dem
>10-year JBG Chart könnte man schließen, daß gegenwärtig
>k e i n e Inflation (geschweige denn Hyperinfla) in Japan droht,
>eher weiterhin deflationäre Tendenz.
>Sehen Sie das genauso?
Ja, derzeit scheint das klar zu sein. Aber was ist in 14 Tagen?
>Ich frage mich seit langem: Muß es früher oder später in J zum
>Bondmarkt-Crash kommen (Sprunghafter Zinsanstieg), oder werden
>die Zinsen kontrolliert langsam ansteigen?
GENAU darum geht's, siehe oben. Da es den"Markt" nicht mehr gibt, weiß ich aber nicht, was kommt.
Mein lieber Grieche, darüber lesen wir weder in der Politeia noch in der Ethik noch sonstwo auch nur einen Satz!
Alles Nebel, Null Grad, Eisregen und was jetzt, da wir von hier und jetzt nach woanders kommen müssen...?
Danke nochmals und sorry, sorry, dass mir nicht mehr dazu eingefallen ist.
Frohes Fest dennoch!
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