- Hayeks Knieschuss: Warum und wie das Geld entmonopolisieren? - dottore, 20.12.2003, 15:50
- Danke, freu mich schon auf das nächste Buch... (owT) - Silberfuchs, 20.12.2003, 18:03
- Gerard Radnitzky zu Hayek und dessen Ansichten über den Staat (E) - Popeye, 22.12.2003, 07:55
Hayeks Knieschuss: Warum und wie das Geld entmonopolisieren?
-->Hi,
Hayek wendet sich in seinem Tokioter Aufsatz von 1964 völlig zu Recht gegen alles, was er als"von einer zentralen Instanz entworfenen Plan", nach dem dann"das wirtschaftliche Handeln aller... gelenkt werden sollte."
Dagegen setzt er seine Ideee von der"Natur der spontanen Ordnung", spricht vom"Produkt eines langsamen Evolutionsprozesses" und und meint,"alles, was wir erhoffen können, (sei) eher ein langwieriger experimenteller Prozess gradueller Verbesserung als irgendeine Möglichkeit zu drastischer Änderung."
Wenden wir dies auf eine der wichtigsten Erscheinungen des Wirtschaften an, nämlich das Geld und greifen wir zu Hayeks berühmter Schrift"Entnationalisierung des Geldes" (1977) mit u.a. dem schönen Abschnitt "Das Geldmonopol als Stütze der Regierungsmacht" (13)
Dass sich im Geld-Bereich keinerlei Evolution ergeben hat, gibt Hayek selbst zu, schreibt er doch von einem"seit mehr als 2000 Jahren (laufenden) staatlichen Prärogativ oder ausschließlichen Recht zur Geldschaffung", von einem"essentiellen Attribut der Herrschaftsgewalt" (!) und von"ausschließlichen Münzrecht" als einem"wichtigen Machtinstrument (!)".
Jahrtausende lang haben sich also die Menschen mit diesem Machtinstrument abgefunden, o h n e dass es zu"Evolution oder Selektion" gekommen wäre - etwa zur Entwicklung privaten Geldes (evolutorisch) und den Ersatz des monopolisierten Macht-Geldes durch dieses: ein"besseres" soll das offenkundig"schlechtere Geld" ersetzen [Selektion - Hayek startet sein Buch gleich mit einem Vorwurf gegen die"Inflation", von der die Menschen nicht erst in den 1970er Jahren heimgesucht wurden, sondern bereits seit Jahrtausenden - schon Kroisos wertete bekanntlich seine Statere um 20 Prozent ab].
Damit hat Hayek im Geldwesen in keiner Weise einen Beleg für seine These gefunden (siehe Aufsatz), "dass die individuellen Anstrengungen des Menschen in der Tat häufig zu einer Ordnung führen, die, obwohl unbeabsichtig und nicht voraussehbar, sich als unentbehrlich zur Verwirklichung dessen erweist, wonach die Menschen streben."
Es ist nicht nachzuvollziehen, warum die Menschen nach allem Möglichen streben oder gestrebt haben und sich auch nicht scheuten, die Ziele ihres Strebens auch mit Gewalt durchzusetzen, aber geflissentlich das Eine übersahen, was nun wirklich aller Anstrengung wert gewesen wäre, nämlich gutes und stabiles Geld.
Es gab Reform- und Revolutionsprozesse aller Schattierungen, doch niemals ist nur eine in diesen Prozessen wahrnehmbare Gruppe aufgetreten und hat der Macht das Geldmonopol entwunden,"damit", wie Hume laut Hayek meint,"die Menschen ihre Ziele in der Gesellschaft mit Erfolg anstreben können."
Dass sich diese"Ziele" bei misslichem Geldwesen mit schwankendem Geldwert schlechter oder überhaupt nicht erreichen lassen - im Gegensatz zu einem einwandfreien, da auf"Konsens" aller am Wirtschaften Beteiligten beruhendem - kann nicht ernsthaft bestritten werden.
Hume spricht, wiederum laut Hayek davon,"dass der Gehorsam gegenüber moralischen und rechtlichen Regeln... wesentlich sei."
Gehört das Geld-Monopol der"Herrschasftsgewalt" (Hayek spricht auch vom "Regierungsmonopol") auch zu"moralischen und rechtlichen Regeln", denen"Gehorsam" geschuldet wird?
Wohl kaum.
Nun kommt Hayeks Salto mortale, bei dem er sich selbst und seine Tokioter Ideale zerreißt. Er stellt nämlich seine"Entnationalisierung des Geldes" passim als einen "Plan" vor, obwohl er"Planung" ausdrücklich zurück gewiesen hatte.
Wenn es kein Plan ist, kann man es als"Vorschlag" bezeichnen, was die Frage aufwirft: Wie ihn umsetzen?
Und jetzt wird's a bisserl naiv (130 f.):
"Der einzige Weg [also nicht etwa ein langwieriger evolutorischer Prozess, der über viele Wege führt] zu verhindern, dass man... in eine zentral gelenkte Wirtschaft hineingleitet, und somit letztlich die Zivilisation zu retten, wird darin bestehen, den Regierungen ihre Macht über das Geld zu entziehen."
Aha, die Macht.
Dieser Macht-Entzug kann logischerweise nicht über lange Zeiträume laufen, sondern muss mit einem entschlossenen Hieb erfolgen, nämlich der Aberkennung des Geldmonopols durch einen - wie auch immer ablaufenden - Gewaltakt.
Staatsmonopole verflüchtigen sich nicht peu à peu, sondern nur dadurch, dass die Staatsmacht gezwungen wird, sie aufzugeben, was im Klartext heißt: Sie zu zwingen, alles, was dieses Monopol bis ins Kleinste definiert, abzustreifen, Klartext: Die Geldgesetze ersatzlos (!) zu streichen.
Hayek bringt dazu eine Fußnote, worin er von"internationalem Druck" spricht (notabene: Druck anderer Regierungen und nicht etwa der eigenen Bevölkerung), wobei die Staatsmächte"solchem Druck nur entgehen können, indem sie sowohl die Macht als auch die Verantwortlichkeit zur Herrschaft über das Geld abgeben."
Und was ist mit der"spontanen Ordnung", die sich über die Interaktion von Abermillionen Individuen so segensreich entwickelt?
Hayek bezieht jetzt eine völlig konträre, weil elitäre Position:
"Es wird in der Tat notwendig sein [!), dass das Problem und die dringende [!] Notwendigkeit [die notwendige Notwendigkeit!] einer Reform [!] allgemein erkannt werden [zu dieser Erkenntnis hat es in der menschlichen Evolution vor Hayek offenbar nicht gereicht, obwohl Jahrtausende Zeit gewesen war]."
Immerhin stellt Hayek dem Buch einen Satz von Adam Smith voran, der ihn gleich widerlegt:
"Denn überall in der Welt haben Herrscher und unabhängige Staaten in ihrer Habsucht und Ungerechtigkeit das Vertrauen der Menschen missbraucht, indem sie nach und nach den ursprünglichen Metallgehalt ihrer Münzen herabgesetzt haben."
Niemand Smith gelesen? Keine Millionen Individuen, die diesen Vertrauensmissbrauch als entbehrlich"zur Verwirklichung dessen (als erwiesen angesehen haben), wonach die Menschen streben"? (Siehe oben).
Ob dieses Unvermögen an dem liegen mag, was Hayek vermutet:
"Bei der Geldemission handelt es sich nicht, wie es dem Laien [Hayek = Profi, der Rest der von ihm sonst so gelobten und erkenntnisfreudigen"Individuen" besteht aus Dumpfbacken] zunächst erscheinen mag, um ein untergeordnetes technisches Detail der Geldordnung, das er nie völlig verstanden hat [oh, oh!]."
Die"technischen Details" der Geldordnung haben sie nicht kapiert, aber dass die Münzen verschlechtert wurden (und von wem) haben sie doch bestimmt nicht übersehen können - oder?
Und was sagte Hayek in Tokio? Das:"Eine Gesamtordnung der ökonomischen Tätigkeit (kommt zustande, die sich eines sehr umfangreichen Wissens bedient, das nicht in irgendeinem Intellekt konzentriert ist..."
Und auf ein Mal ist es in Hayeks Intellekt konzentriert?
Hayek schließt sein Geld-Essay mit dem Satz:"Ich wünschte, ich könnte den Rat geben, langsam vorzugehen. Aber die Zeit mag kurz sein."
Während er in Tokyo noch davon sprach: "Alles, was wir erhoffen können, (ist) eher ein langwieriger experimenteller Prozess gradueller Verbesserung als irgendeine Möglichkeit zu drastischer Änderung."
Wie die"Entnationalisierung des Geldes" anders als in Form einer drastischen Änderung (eben der Geldmonopolgesetze in"kurzer Zeit") vor sich gehen soll, bleibt Hayeks süßes Geheimnis.
Schön ist die Theorie (und Hayeks Befürchtungen bezüglich des heraufziehenden Totalitarismus können nur geteilt werden, die Aktualität in allen Staaten beweisen dies hinlänglich) - doch hart im Raume stoßen sich die Sachen.
Zu bestaunen ist also ein Schuss ins Knie: Allenthalben hat sich alles in der Gesellschaft in schönstem Lauf entwickelt in gegenseitiger Befruchtung von Abermillionen Intelligenzen und eine"spontane Ordnung" ist entstanden. Dummerweise bloß im Geldwesen nicht.
Und weil niemand draufgekommen ist, dass die Gesellschaft in diesem Bereich so sehr im Argen liegt, dass Totalitarismus droht, muss man sich vom üblichen evolutorischen Modell verabschieden und aus Notwendigkeit (aha!) heraus handeln. Dann dann zu! Denn merke:
"Was wir nun (!) brauchen, ist eine Freigeld-Bewegung, die der Freihandelsbewegung des 19. Jahrhunderts vergleichbar ist... Es bedarf einer tieferen Einsicht..., um den Entschluss (von wem?) hervorzubringen, der zur Abschaffung (wie?) der schädlichen (ja!) Macht (aha!) der Regierung über die Kontrolle des Geldes erforderlich ist."
Gruß!
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