- OVG Berlin hebt Mietobergrenzen für Wohnungssanierungen auf - Dionysos, 03.02.2004, 19:26
- *gähhn*, da sollen sich die Miethaie mal nicht zu früh freuen - Taktiker, 03.02.2004, 23:25
- Re: *gähhn*, da sollen sich die Miethaie mal nicht zu früh freuen - Euklid, 04.02.2004, 06:26
- *gähhn*, da sollen sich die Miethaie mal nicht zu früh freuen - Taktiker, 03.02.2004, 23:25
OVG Berlin hebt Mietobergrenzen für Wohnungssanierungen auf
-->http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/313224.html
Der Mietspiegel hilft nicht mehr
Das Oberverwaltungsgericht hat Mietobergrenzen in Sanierungsgebieten für nichtig erklärt / Viele Bewohner müssen mit höheren Kosten rechnen
Peter Neumann
Auf Mieter in Sanierungsgebieten könnten erhebliche Mietsteigerungen zukommen. Das befürchtet der Berliner Mieterverein."Die behutsame Stadterneuerung ist tot", sagte Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter. Er rechnet damit, dass sich in Sanierungsgebieten mit großer Nachfrage die Verdrängung angestammter Bewohner verschärfen wird - vor allem in Teilen von Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg. Vetters Stellvertreter Reiner Wild erwartet, dass die Mieten wegen Modernisierungen um durchschnittlich 2,50 Euro pro Quadratmeter im Monat steigen werden.
Anlass der Befürchtungen ist eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin vom Freitag. Darin hatte der Zweite Senat des Gerichts befunden, dass die Bezirksämter für Sanierungsgebiete im Fall von Modernisierungen keine pauschalen Mietobergrenzen festlegen dürfen."Diese Entscheidung war fällig", sagte Dieter Blümmel vom Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine. Denn in vielen Fällen hätten Bezirke Mietobergrenzen"aus ideologischen Gründen festgelegt, um Sanierungen zu behindern", kritisierte er. Dadurch drohte die Gefahr, dass"viele Investoren gar keine Lust mehr hatten zu investieren". Dabei müsse es darum gehen, angesichts leerer öffentlicher Kassen privaten Investoren Anreize zur Modernisierung zu geben. Blümmel warf dem Mieterverein vor, ein Katastrophenszenario zu entwerfen. Den jetzigen Hausbewohnern bleibe immer noch der Schutz durch das Bürgerliche Gesetzbuch:"Kein Mieter braucht Modernisierungen zu dulden, die ihn finanziell überfordern." Vetter widerspricht: Nach der geltenden Rechtslage dürften Mieter zwar Luxussanierungen widersprechen, doch die meisten Modernisierungen fielen nicht darunter.
Noch steht nicht fest, wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf die OVG-Entscheidung reagieren wird."Wir warten auf die Begründung des Urteils", sagte Petra Reetz, Sprecherin von Senator Peter Strieder (SPD). Pauschale Mietobergrenzen dürfe es in der Tat nicht geben. Reetz:"Doch wir wollen uns dafür einsetzen, dass angestammte Mieter bei Modernisierungen vor Mieterhöhungen ein Jahr lang geschützt werden. Wir wollen nicht, dass sich Sanierungsgebiete entvölkern, weil kaum noch jemand dort wohnen kann." Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengestellt.
Für wen gilt die Entscheidung des Gerichts (AZ OVG 2 B 18.02)?
Zunächst einmal nur für die Betroffenen in dem konkreten Einzelfall. In diesem Verfahren ging es um ein Haus im Friedrichshainer Sanierungsgebiet Samariterviertel. Die Eigentümerin hatte geklagt, weil das Bezirksamt die Modernisierung ihres Gebäudes erst dann genehmigen wollte, wenn sie die Einhaltung von Mietobergrenzen zusagt. Allerdings ist damit zu rechnen, dass die OVG-Entscheidung künftig in ähnlichen Fällen als Vorbild genommen wird. Denn diese Fälle werden beim selben Zweiten Senat des Gerichts landen, der auch dieses Urteil gefällt hat. Somit habe die Entscheidung Präzedenzcharakter, sagte der Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter.
Um welche Gebiete in Berlin geht es?
Das OVG hat die Forderung der Einhaltung von pauschalen Mietobergrenzen in Sanierungsgebieten für unzulässig erklärt. Als solche Gebiete sind 22 Stadtviertel in Berlin ausgewiesen. Unsere Karte zeigt, wo sie sich befinden. Informationen dazu gibt es auch auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (www.stadtentwicklung.berlin.de). Insgesamt geht es um mehr als 81 000 Wohnungen auf rund 5 700 Grundstücken. Für diese Gebiete wurde in verschiedenen Formen festgelegt, dass die Mieten auch nach Modernisierungen bestimmte Beträge nicht übersteigen dürfen.
Muss jemand, der in einem Sanierungsgebiet in einer bereits modernisierten Wohnung lebt, mit einer Mieterhöhung rechnen?
Lediglich dann, wenn sanierungsrechtliche Mietobergrenzen ausdrücklich im Mietvertrag fixiert sind, gelten sie weiter. Denn in diesem Fall handelt es sich um eine privatrechtliche Vereinbarung, die nur mit Zustimmung beider Seiten aufgehoben werden kann. Bezieht sich dagegen der Mietvertrag nicht ausdrücklich auf sanierungsrechtliche Mietobergrenzen und es ist während des aktuellen Mietverhältnisses saniert worden, gilt laut Hartmann Vetter etwas Anderes: Soweit die Modernisierungskosten bislang noch nicht auf die Miete umgelegt worden sind, darf diese Erhöhung n a c h g e h o l t werden. Bezugspunkt ist die Miete, die vor der Modernisierung gezahlt wurde. Nun dürfen jährlich elf Prozent der Modernisierungskosten auf diese Miete aufgeschlagen werden. Der Mietspiegel gilt in diesem Fall also nicht.
Darf die Miete angehoben werden, wenn man im Sanierungsgebiet in einer Wohnung lebt, die demnächst modernisiert werden soll?
Eine Mieterhöhung, die über die im Mietspiegel festgelegten ortsüblichen Vergleichsmieten hinausgeht, könnte auch in einem solchen Fall zulässig sein. Denn nachdem das OVG am Freitag pauschale Mietobergrenzen für unzulässig erklärt hat, kommt hier nun ebenfalls das Bürgerliche Gesetzbuch zum Tragen, so Reiner Wild, Vize-Hauptgeschäftsführer des Mietervereins. Paragraf 559 legt fest, dass elf Prozent der Modernisierungskosten einer Wohnung auf die Jahresmiete umgelegt werden dürfen. Auch hier stellt der Mietspiegel keine Grenze dar. Prinzipiell muss ein Mieter einer Modernisierung zustimmen. Er darf sie nicht aus finanziellen Gründen ablehnen, wenn die Wohnung in einen"allgemein üblichen Zustand" gebracht wird - also zum Beispiel Innentoilette oder Heizung erhält. Genau dies ist bei den meisten Sanierungen der Fall. Nur Luxussanierungen, die zum Beispiel den Einbau eines Fahrstuhls umfassen, dürfen abgelehnt werden.
Jemand will in eine frisch modernisierte, leer stehende Wohnung ziehen, die in einem Sanierungsgebiet liegt. Der Eigentümer fordert eine Miete, die über dem im Mietspiegel festgelegten Betrag liegt. Darf er das?
Ja. Bei neu zu vermietenden Wohnungen gibt es prinzipiell"keine Grenze nach oben", sagte Wild. Der Eigentümer kann verlangen, was der Markt in Berlin hergibt - besonders in den Teilen von Mitte und Prenzlauer Berg, in denen die Nachfrage nach Wohnraum besonders hoch ist. Anders ist die Situation in unattraktiven Langen von Sanierungsgebieten, in die kaum jemand ziehen will. Dort ist auch nach der OVG-Entscheidung vom Freitag nicht damit zu rechnen, dass Mietwohnungen viel teurer werden.
Gibt es noch Chancen, dass die OVG-Entscheidung von der nächsthöheren Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht, kassiert wird?
Noch steht nicht fest, ob das Land Berlin Rechtsmittel einlegen wird. Das soll erst dann entschieden werden, wenn die Urteilsbegründung eingetroffen ist. Hartmann Vetter vom Mieterverein geht allerdings davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht die OVG-Entscheidung nicht aufheben wird. Deshalb sollten die gesetzlichen Grundlagen geändert werden, damit die Gemeinden Instrumente für eine behutsame Stadterneuerung behalten, forderte der Chef des Berliner Mietervereins.
<ul> ~ http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/313224.html</ul>

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