- Gold für Genießer, oder: Gold einmal anders - Ciliegia, 17.02.2004, 22:47
- Jahresgoldförderung im Orkus - Gundel, 18.02.2004, 07:22
Gold für Genießer, oder: Gold einmal anders
-->Das habe ich gerade in meiner Tageszeitung gefunden und denke, daß es ganz gut zum Geburtstag des Forums paßt:
Mit einem Hauch des Edelmetalls verzieren Gourmets und Gastwirte feine Speisen.
Gold auf dem Essen war schon im 14. Jahrhundert angesagt. Jetzt kommt es erneut in Mode - aus der Goldschlägerstadt Schwabach auch in die heimische Küche. Altbundespräsident Walter Scheel hat es einst auf seiner Hochzeit genossen (...) und viele Köche halten es für einen Küchenklassiker, etwa in einem erfrischenden Champagner-Gelee: Die Rede ist von purem Gold.
"Die Idee, feines Essen durch die Verzierung mit purem Gold zu einem absolut einmaligen Erlebnis werden zu lassen, kannten wir aus der Spitzengastronomie, von den Römern und aus alten Kochbüchern", erklärt Joachim Keller vom Gourmetgoldversender. (...) Seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres hat der Goldtrend nicht nur in der Region rasant an Fahrt gewonnen. Der Blick in die Markenregister zeigt, dass viele Neueinträge hinsichtlich der Verbindung von Gold und kulinarischen Genüssen im Sommer letzen Jahres vorgenommen wurden.
Seitdem bereichert neben weniger anspruchsvollem Hochprozentigen wie dem Danziger Goldwasser ein"Bella d'Oro" genanntes, golden glitzerndes Edeldestillat den Markt für Gourmets."Die Sinnen sollen", philosophiert Joachim Keller,"visuell auf höchstem Niveau verwöhnt werden. Aber eben gleichzeitig auch geschmacklich. Darum darf so etwas wertvolles und einzigartiges wie Gold auch nur ein Topprodukt schmücken. Darüber hinaus wollen wir diesen kongenialen Schlemmergenuß nicht nur im Restaurant, sondern auch zu Hause ermöglichen."
Für ambitionierte Hobbyköche gibt es den glanzvollen Zauber hübsch verpackt: 12 Goldblätter mitsamt einem speziellen Auflegepinsel. Ein wenig Fingerspitzengefühl und Übung sind zwar nötig, um die hauchzarten Blättchen unversehrt aufzubringen, aber dann verleigt der warme Glanz des Goldes jedem Gericht das gewisse Etwas.
Einfacher und rascher geht das"Vergolden" kulinarischer Köstlichkeiten mit den im eleganten Streuer verpackten Goldflocken. Die bringen Sushi, Entenbrust, Madeira Gelee oder Blinis mit Beluga Kaviar gleichermaßen zum Glänzen, peppen aber auf die Schnelle auch so alltägliche Genüsse wie den Cappuccino, die Mousse von dunkler Schokolade oder das Champagnergläschen beim Stehempfang auf.
Dass das mystische Symbol für den Glanz der Sonne - in 22 bis 24 karätiger Reinheit - eßbar ist, wußte man schon in der Antike. Da stand Gold für königliche Macht und inneres Leuchten, schützte scheinbar vor Verfall und verlieh Unsterblichkeit. Gold wurde in Pulverform gegen Melancholie und Herzleiden ebenso gebraucht wie gegen nachlassende Manneskraft.
Die Erfolgsgeschichte setzte sich im Mittelalter und der Renaissance fort. Der deutsche Arzt und Chemiker Philipus Aureolus Paracelsus sah im Gold"das mächtigste Lebenselexir und Stärkungsmittel". In der Homöopathie setzt man bis heute auf Gold, unter anderem gegen depressive Verstimmungen und Kummer. Die Goldkur der Hildegard von Bingen, bei der das edelste aller Metalle gekocht und anschließend pulverisiert wurde, gals als Universalprophylaxe gegen Rheuma, Gicht und Gruppe. Und man war überzeugt, daß es bei Liebesleid, unterdrücktem Verdruß, Übelkeit und Abneigung gegen Essen hilft.
Die leistete sich der lombardische Adel schon im 14. Jahrhundert. Während das wohlhabende Bürgertum seinen Risotto alla Milanese nur mit Safran"vergoldete", gönnten sich die Blaublütigen in Bergamo, Mantua, Pavia und Mailand hauchdünne Blättchen hochkarätigen Goldes auf dem mit Mark, Hühnerbrühe und Parmesan zubereiteten Arborio-Reis.
Der heutigen Lust, Lebensart durch Gold auf dem Essen zu kultivieren, kann in den Zeiten der bürgerlich-demokratischen Gesellschaft jedermann frönen. Wer soviel Geschmack besitzt, sich selbst, Freunden oder Geschäftspartnern diese geschmacklich-visuelle Freude zu bereiten, muss um den guten Geschmack nicht fürchten: Gold ist auf der Zunge sensorisch völlig neutral. Aber der Gastgeber weist unmißverständlich nach, dass er genießerisch voll auf der Höhe der Zeit ist.
Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 14./15.02.2004, leicht gekürzt. Die Schreibfehler sind von mir, wer welche findet, darf sie gerne behalten.
Einen schönen Abend noch wünscht Ciliegia.
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