- @Divinum - Raeumlicher Geltungsbereich des GG - Tassie Devil, 28.07.2007, 14:41
@Divinum - Raeumlicher Geltungsbereich des GG
-->Hi Divinum,
sogleich in medias res:
Die Streichung des GG Art. 23 spaetestens zum 03.10.1990 hat eine weitere fatale Unstimmigkeit im BRD-Lügengebilde bewirkt - GG Art. 144 verlor seine Basis:
GG Art 144
(1)(1) Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme durch die Volksvertretungen in zwei Dritteln der deutschen Länder, in denen es gelten soll.
(2)(2) Soweit die Anwendung dieses Grundgesetzes in einem der in Art. 23 aufgeführten Länder oder in einem Teil eines dieser Länder Beschränkungen unterliegt, hat das Land oder der Teil des Landes das Recht, gemäß Artikel 38 Vertreter in den Bundestag und gemäß Art. 50 Vertreter in den Bundesrat zu entsenden.
GG Art. 23 a. F.
(1) Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern.
(2) In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.
Die in Art. 144 im Abschnitt 2 genannten Länder nach GG Art. 23 a. F. sind aber als Geltungsbereiche des GG sonst nirgendwo mehr als solche in demselben genannt! GG Art. 144 hängt damit ohne raeumliche Bezuege in der Luft, was aufgrund des nach wie vor geltenden Sonderrechts Berlins, das nach wie vor kein Teil der BRD ist, eine besondere Delikatesse darstellt!
Zu obiger Feststellung des Geltungsbereichs des GG gibt es eine einschlägige Rechtsprechung in der BRD unter der offen gezeigten Besatzungsmacht vor dem 03.10.1990.
So entschied das BVerwG im Urteil I C 74/61 am 28.11.63 - Leitsatz:
Eine Landschaftsverordnung, die den räumlichen Geltungsbereich ihres Veränderungsverbotes nicht in ihrem verkündeten Text bestimmt, sondern insoweit nur auf die Eintragung in eine nicht veröffentlichte Karte verweist, verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip, siehe Urteil Seite 5, 3. Absatz:
Gerade diese Norm bewertet erst den unmittelbaren Eingriff in die Rechte des Betroffenen, muss also rechtsstaatlich in jeder Hinsicht einwandfrei sein. Dazu gehört auch in erster Linie die unbedingte Klarheit und Nachprüfbarkeit ihres räumlichen Geltungsbereiches.
Eine weitere einschlägige Rechtsprechung findet man beim BVerwG im Urteil 4 C 105/65 am 27.01.1967 - Leitsatz:
Verweist eine nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ergänzte Landschaftsschutz-Verordnung für ihren örtlichen Geltungsbereich lediglich auf eine nicht veröffentlichte Landschaftsschutzkarte, so ist sie wegen des Verstoßes gegen die im Rechtsstaat der Prägung des Bonner Grundgesetzes besonders wichtige Klarheit der Rechtsnormen nichtig, siehe Urteil, Seite 5.
In Betracht zu ziehen ist hier das in Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommende Rechtsstaatsprinzip, nach dem die öffentliche Gewalt in den Rechtskreis des einzelnen nur auf Grund von Rechtsnormen eingreifen darf, und Art. 14 Abs 1 Satz 2 GG, nach dem Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt werden. Die Auffassung, es gehöre zum Wesen einer Rechtsnorm, daß sie in gehöriger Weise der Ã-ffentlichkeit durch Verkündigung ihres Wortlautes bekannt gemacht worden ist, ist seit langem anerkannt. Im Rechtsstaat bestehen, wie der Senat in seinem Urteil vom 29. August 1961 (DVBL 1962 Seite 137 - NJW 1962 Seite 506) ausgeführt hat, für die Verlautbarung von Rechtsnormen Grundregeln der Rechtsetzung.
Das Verwaltungsgericht Hannover hat im Beschluss 10 A 2120/01 vom 11. Juli 2001 auf Seite 2 dargelegt:
Die aufgrund § 55 Abs. 1 Nr. 4 NGefAG erlassene Verordnung ist nichtig. Denn sie verstößt gegen die Formvorschriften des § 58 Nr. 5 NGefAG. Danach muss eine Verordnung den räumlichen Geltungsbereich angeben...!
Die Angabe des räumlichen Geltungsbereiches ist zwingend erforderlich, kann nicht aus dem Inhalt der Verordnung ergänzt werden und muss auch dann vorgenommen werden, wenn die Verordnung für den ganzen Bezirk der erlassenden Behörde gelten soll.
Dies gilt auch für Verordnungen eines Ministeriums, die für das ganze Bundesland gelten soll.
Es gab nach dem 29.09.1990 und schon vor dem 03.10.1990 bis heute also im derzeitigen Grundgesetz weder so bezeichnete dazugehörende Länder fuer den Geltungsbereich des GG noch danach zu Recht in den Bundestag entsandte Abgeordnete, die ordentlich legitimiert waren oder sind.
Nach Greiffeld´s Rechtswörterbuch, 2. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 1970, Seite 756 gilt:
Norm (Rechtsnorm) > Gesetz! Normativen Charakter (Inhalt) hat eine Vorschrift, soweit sie im - Gegensatz zu bloßen Verwaltungsvorschriften -"Rechtssätze" enthält, also Gesetz im materiellen Sinne ist.
Das vorgeblich noch rechtsbeständige Grundgesetz soll aber in der BRD an der Spitze eines geschlossenen Systems von Rechtsnormen stehen.
Die fehlenden Angaben der räumlichen Geltung für das Grundgesetz spaetestens zum 3.10.1990 ist daher durch die obige nachvollziehbare Rechtsprechung bereits vor 1990 (!) als wesentlicher Mangel zu bewerten, der einen eindeutigen raeumlichen Geltungsbereich des GG nicht zulaesst. Dem Grundgesetz ist damit spätestens zum 03.10.1990 der geographische Erstreckungsbereich entzogen worden.
Trotz aufwendiger manueller Suche in meinem Archiv finde ich leider nicht mehr die bundesverwaltungsrechtliche Verfuegung, moeglicher Weise handelte es sich dabei um ein Urteil des BVerwG, gemaess welcher die jeweils zwingend vorschriftliche Rechtsnorm des raeumlichen Geltungsbereichs der Form und der Gestalt abgefasst sein muss, dass auch ein des Lesens kundiger jedoch nur maessig intelligenter Buerger problemlos wie unverzueglich den raeumlichen Geltungsbereich nachvollziehbar festzustellen in der Lage ist.
Bei allen Ueberlegungen zum rechtsnoermlichen Geltungsbereich sollte man sich genuesslich auf der Zunge zergehen lassen, dass das GG einerseits die legislative Spitze der juristischen Pyramide in der BRD darstellt, andererseits Berlin mit seinem Sonderstatus im Hinblick auf die Vertraege und Vereinbarungen westsiegermaechtlichen Diktats nach wie vor nicht der BRD zugehoerig ist, jedoch ueberall das GG irgendwie seinen rechtsverfuegenden Gueltigkeitsanspruch erfuellt sehen will.
Bist Du mit obiger Vorlage zufrieden?
Gruss!
TD
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