- Interessante Sichtweise zum Bahnstreik.... - Der Husky, 24.11.2007, 21:04
- Re: Interessante Sichtweise zum Bahnstreik.... - Eddie09, 24.11.2007, 22:43
- Re: Interessante Sichtweise zum Bahnstreik.... - Doomsday, 25.11.2007, 12:11
- Die Letzten werden die Ersten sein und die Sanftmütigen werden die Erde erben. (o.Text) - Wikinger, 26.11.2007, 09:39
- Re: Interessante Sichtweise zum Bahnstreik.... - Doomsday, 25.11.2007, 12:11
- Ist der Michael Brumme einer von den Zeugen Jehovas? - prinz_eisenherz, 25.11.2007, 15:27
- Dis hier war een richtiger Streik. Dabei gings beinahe dem BK an den Kragen - prinz_eisenherz, 25.11.2007, 17:27
- Re: Interessante Sichtweise zum Bahnstreik.... - Eddie09, 24.11.2007, 22:43
Dis hier war een richtiger Streik. Dabei gings beinahe dem BK an den Kragen
-->Der Königsmörder
Mit Heinz Kluncker schlug schon einmal ein Gewerkschaftsführer einen sozialdemokratischen Kanzler
Der"Burgfrieden" zwischen den Gewerkschaften und dem Kanzler beendet die Fehde nicht. Die Lage erinnert an Max Frischs"Graf Ã-derland": In den Kanälen"unter der Stadt" rumort die Rebellion, während in der Beletage der Macht die Gläser klirren und die Lüster erzittern. Der Griff der ordnenden Institutionen wird schwächer: Es geht um die Einheit der verbündeten Linken.Wieder einmal, denn der Konflikt ist endemisch; er wiederholt sich in typischen Situationen: Bei den drei sozialdemokratischen Regierungen der Bundesrepublik wurden die anfangs im Sinne der Nachfragepolitik erhöhten Ausgaben durch erzwungene Konsolidierungen heruntergefahren.
Im Streit, der darüber ausbrach, verlor Willy Brandt zwei Finanzminister (Alex Möller und Karl Schiller), das Vertrauen der Linken und der Gewerkschaften. Gegen Helmut Schmidt erhoben im Herbst 1981 die Gewerkschaften den Vorwurf der"sozialen Demontage"; heute fordern große Gewerkschaften und Partei-Linke die"Schubumkehr" der Reformen und erklären ihren Kanzler für gescheitert.
Graf Ã-derland nimmt die Axt in die Hand.Zur Typik gehört, dass die Rebellion sich in fortfolgenden Legislaturperioden anspinnt, wenn die Konsequenzen übermäßiger Ausgabenpolitik das Zustandsbild verdüstern. Der Fall Willy Brandts 1974 erscheint musterhaft. Der ereignisgeblendeten Darstellung, wonach Brandt wegen der Guillaume-Affäre und ihren Implikationen das Handtuch geworfen habe, widersprachen schon Zeitzeugen wie Egon Bahr und Helmut Schmidt. Sie rekurrierten auf des Kanzlers innere Verfassung und die Zeitläufte. Brandt wollte nichts weniger als Bebels"Vaterland der Liebe und Gerechtigkeit gestalten", litt aber unter einem ständigen Fluchtbedürfnis. Der Peer Gynt'sche Zug war schon früh, während des Wahlkampfes von 1961, wahrzunehmen.
Man sah den Regierenden von Berlin am Morgen unvermutet in Tränen ausbrechen, nachdem der Abend vorher mit Anekdoten und Trunk geendet hatte. Die Anflüge von Melancholie und Lustlosigkeit mehrten sich, als Brandt das Ziel der Ostverträge erreicht und darüber die parlamentarische Mehrheit verloren hatte. Die vorgezogenen Wahlen 1972 brachten die SPD auf die Höhe von nie mehr erreichten 45,8 Prozent, dank Charisma und"Compassion" des Kanzlers und Parteichefs, aber von da an ging's bergab - gesundheitlich, seelisch, politisch.
Immer öfter, bei widriger Gelegenheit, dachte er an Rücktritt, an Rückzug jedenfalls aus der operativen Politik. Inflation, Ã-l-Krise von 1973, Konjunkturflaute, die unübersehbaren Anzeichen der finanziellen Überbelastung des Staates, Wehners Poltern in Moskau - Brandt sei"entrückt", er bade gern lau, der Regierung fehle ein Kopf - Regierungspannen, das Auftrumpfen linker Systemveränderer, verräterisches Flüstern in den Couloirs - all dies fand der Visionär"zum Kotzen", verdunkelte seine Sicht, ließ die Nachtseite seiner Wesens hervortreten.
Und dann kommt Heinz Kluncker, der 270-Pfund-Mann, Chef der zweitgrößten DGB-Gewerkschaft, der Ã-TV. Die Politik des Tarifkartells hatte schon vor ihm zugeschlagen, als herrsche Torschlusspanik. Der Herr über die öffentlich Bediensteten verlangte im rücksichtlosen Wettlauf eine Lohnerhöhung von 15 Prozent, während die Ã-l-Depression eine schwarze Schneise in die Wirtschaft schlug. Da es sich um eine Forderung des Staatspersonals handelte, erklärte Brandt im Bundestag, ein"Schluck" über zehn Prozent würde die Preise zum Tanzen bringen. Kluncker, von der 3,6-Millionen-Basis bedrängt, ließ es zum Streik kommen. Zum ersten Mal wuchs in der Republik der Müll. An der Front knickten die Kommunen ein, dann auch die Bundesregierung. Die elf Prozent Lohnerhöhung plus Nebenkosten von noch einmal zwei Prozent ließen Willy Brandt nackt dastehen. Klunker hatte den"Unberührbaren" aus der Rüstung geprügelt - der Autoritätsverlust war unübersehbar. Vorangegangene Wahlverluste in den Ländern hatten die Partei gerupft. Nun begehrten die Granden auf: Helmut Schmidt beklagte die"laxe Führung der Partei", das"Marxismus-Gerede der 68er"; Bundespräsident Heinmann riet Brandt zum Rücktritt, und Theodor Eschenburg bezeichnete den Entkräfteten im Kanzlersessel als"Stimmungspolitiker".Was hatte Kluncker veranlasst, den bereits angeschlagenen Brandt, dem die Architekten des damaligen Zeitgeistes schon Denkmäler errichteten, mit dem Knüppel zu traktieren? Kluncker verehrte den Kanzler - aber es war die typische Situation eingetreten, in der sich Gewerkschaften gegen die"eigene" Regierung wenden:
<ul> ~ Geld müsse einfach </ul>
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