- Dottore Dörner contra Mr.X X X - Oldy, 09.03.2001, 02:45
- Re: Höre ich da einen anti-jüdischen Unterton? Hoffentlich nicht! - dottore, 09.03.2001, 11:43
- Re: Hoere ich da einen anti-juedischen Unterton? - I_have_a_dream, 09.03.2001, 12:51
- Re: Höre ich da einen anti-jüdischen Unterton? - Oldy, 09.03.2001, 18:46
- Re: Höre ich da einen anti-jüdischen Unterton? Hoffentlich nicht! - dottore, 09.03.2001, 11:43
Re: Höre ich da einen anti-jüdischen Unterton? Hoffentlich nicht!
>Eigentlich wollte ich das hier nicht hereinsetzen, aber jetzt
>hat mich Dottore mit dem Wort Wörglschwindel geärgert
Hi Oldy -
der"Schwindel" bestand darin, dass die Freiwirte Wörgl als ein Wunderörtchen aufgetischt haben, in dem alles wunderbarerweise funktioniert hat, u m dies dann als Beweis dafür zu nehmen, dass Freigeld eine wertstabile Währung sein könne, und überdies mit Hilfe einer solchen Währung auch noch der Zins, da"um Null pendelnd" sozusagen von selbst verschwinden würde.
Dieses ist, Mal ganz abgesehen von der theoretisch nicht vorstellbaren Hinlänglichkeit eines solches"Systems", nicht redlich argumentiert. Dazu kurz:
1. Von Dir selbst kam das Eingeständnis ("Geheimnis verraten"), dass Freigeld alias Schwundgeld ein Inflationsgeld sei. Damit hat sich das"wertstabil" erledigt. Und das mit der"Umlaufsicherung nur durch Freigeld" nicht minder. Denn jedes Inflationsgeld ist per se umlaufgesichert, da es jeder möglichst schnell los werden will, weil es ihm sonst unter der Fingern zerrinnt. Es gibt genügend Mainstream-Ã-konomen, die seit Jahr und Tag predigen, man brauche immer eine"kleine Inflation", damit die Wirtschaft besser laufe. Dass man dazu nicht der Wunderwaffe Freigeld bedarf, versteht sich von sebst.
2. Wie bei näherem Hinschauen in Wörgl entdeckt werden konnte, war es auch nichts mit dem"Null- oder Beinahenullzins", denn die Wörgler Verwalter haben das bei Ihnen abgelieferte Nationalbankgeld sehr wohl verzinslich angelegt und zwar zu 6 % bei Händlern, die zu diesem Zinssatz Wechsel gezogen haben. Warum haben sie es den armen Händlern nicht zum Nullzins überlassen?
3. So war es also ziemlich einfach, das Ganze zu finanzieren. Denn ohne Zins und Finanzierung läuft nirgends etwas. Und es lief auch in Wörgl nicht. Wörgl war de facto eine Doppelwährung. Das eine Geld (ex Nationalbank) wurde wg. Deflation wertvoller und war überdies mit dickem Zins unterwegs. Dieses Geld konnte auch sehr schön gehortet werden. Denn es brachte überdies Zinsen in Höhe des Preisverfalls der Güter in der damaligen Deflation. Das andere Geld (ex Gemeindekasse) war künstlich inflationiert, d.h. es wurde laufend wertloser, wenn es nicht mit Ausgleichmärkchen bepappt wurde. Dieses Geld lief wie jedes Inflationsgeld schneller um.
Es ist die perfekte Parallele zu den Geldzuständen in der letzten Phase des römischen Imperiums. Da gab's Goldmünzen, immer in makellosem Standard ausgeprägt. Damit wurden die Legionen finanziert, die ja nicht gegen Inflationsgeld an Rhein, Donau, Euphrat usw. Wache gestanden hätten. Denn bei ihrer Heimkehr als Veteranen wären sie mit leeren Händen dagestanden. Dieses Gold wurde gehortet (für die Heimkehr und das Alter gespart), da es gegen die laufend bewusst verschlechterten Silbermünzen (bis hin zu den sog."Folles", die aus Kupfer waren und zum Erwecken des Anscheins eines Silbergeldes dann noch kurz in Silbersud getaucht wurden) entsprechend deren Verfall teurer wurden.
4. Die Freiwirte schieben immer dem Gold die Schuld an dem Desaster von 1930 ff. in die Schuhe. Dabei steht natürlich Silvio Gesell Pate, der dies in dem von Dir hereingestellten Text ausführlich und mit schönen Worten dargelegt hat (Gold: kein Verfall; Waren dagegen: durchaus Verfall). Dummerweise war dieses Gesell'sche Argument in dem Moment wertlos, als viele Staaten in WK I und danach vom Goldstandard abgegangen waren. Gesell ergings leider wie dem berühmten Psychologen Dr. Freud, der - wie von mir gegen Dr. Niquet gepostet, der darufhin keine Antwort mehr schrieb - seine Märchen von wegen Gold und Kot seien in der Kinderpsychen identisch sang- und klanglos einsammeln musste. Denn die Kinder im und nach dem Krieg haben nicht mehr Goldmünzen als Währung erlebt.
5. Du operierst dann mit österreichischen Goldmünzen ("25 Schilling") der 1930er Jahre und wolltest damit den Eindruck erwecken, als habe es 1930 ff. in Ã-sterreich eine Goldwährung gegeben. Und ergo muss der unbefangene Leser glauben, auch in diesem Fall also war Gold der Schurke im Spiel (eben wie es Gesell gepredigt hatte). Jetzt gibst Du selbst zu, dass es in Ã-sterreich 1930ff. eben k e i n e Goldwährung gegeben hat. Ergo kann dort auch nicht Gold die Ursache der Krise 1930ff. gewesen sein.
>und
>dann noch die klare Aussage, daß Ã-sterreich damals eine
>Goldwährung hatte und sogar Goldmünzen, wenn auch eine volle
>Einlösungspflicht nicht bestand
"Nicht bestand"! Eine Goldwährung, in der keine Goldeinlösepflicht besteht, ist keine Goldwährung. In D werden ja demnächst 1-DM-Stücke in Gold geprägt (zur Erinnerung an die D-Mark). Kommt jemand auf die Idee, zu behaupten, D hätte damit eine Goldwährung? Nein.
>mit Statistiken zu verdrehen
>sucht, weil er damit rechnet, daß niemand den Unterschied
>zwischen Goldschatz und Banknoten bemerkt.
Die Statistiken habe ich nicht verdreht, sondern so wieder gegeben, wie ich sie gefunden habe. Wer damals privat Gold gehortet hat, z.B. in Form von 25- oder 100-Schillingstücken, hatte als Zins die übliche deflationäre Preisdifferenz (Preise früher / Preise später). Wer Banknote hortete: Dito. Wer Banknoten verlieh, kassierte, siehe Wörgl, die 6% Zinsen (evtl. noch mehr). Sein Risiko war die Pleite der Wechselschuldner. Dass die Banknoten (M1) logischerweise abnahmen, weil jedes Notenbankgeld nur für jeweils drei Monate unterwegs ist (bis heute!), ist keine Folge von Gold oder bösen Mächten, sondern ganz einfach Resultat der Tatsache, dass auch damals Banknoten erst in den Verkehr kamen, nachdem vorher (!) Schulden in der privaten Wirtschaft gemacht wurden. Und in einer Krise versuchen alle möglichst ihre Schulden abzubauen, was die Geldsumme, definiert als M1 logischerweise senkt; das haben Friedman/Schwartz ausführlich für die USA beschrieben, aber leider nicht verraten, warum das"high powered money" denn gesunken ist. Wer schließlich das Wörgler Schwundgeld ("hundertprozentig gedeckt" - so Bürgermeister Unterguggenberger selbst, der allerdings keine weiteren Details dazu preisgab) annahm, gab es schnell weiter, weil es ein Kunst-Inflageld war.
Ich betone noch Mal, dass eine Defla absolut nichts mit dem jeweils kursanten Geld zu tun hat (in dem Sinne, dass irgendein Geld die Defla"verursacht"), sondern vielmehr resultiert sie ausschließlich aus den v o r der Defla gemachten Schulden. Diese zwingen die Schuldner zu immer größerem Angebot (wie anders als durch Verkauf sollten sie die Mittel gewinnen, um ihre Schulden wieder los zu werden?). Daher sind kurz vor Ausbruch der Defla die Märkte, Geschäfte und Läger am vollsten. Autos stehen auf Halde, die Regale bersten.
D a n n aber stagniert erst die Nachfrage, sprich die für das System absolut anabdingbare Nettoneuverschuldung (Kauf auf Pump, Leasing, usw.) reicht nicht mehr aus, die Läger zu räumen. Dann beginnen die"Preisaktionen", schließlich die"Preiskämpfe", am Schluss stehen Ausverkauf- und Notverkäufe. Jeder wartet darauf, dass alles noch billiger wird. Und das Desaster nimmt seinen Lauf.
Um den allgemeinen, flächenbrandartig um sich greifenden Preisverfall zu stoppen, wird erst versucht, die fehlende private Zusatzverschuldung durch öffentliche zu ersetzen (Japan!), aber dies verschlimmert auf die Dauer alles nur noch mehr (der ausführlich in der"Krisenschaukel" dargesellt"Verrentungseffekt"). Außerdem muss die Übung schließlich wegen drohendem Staatsbankrott (Japan!) abgebrochen werden.
Dann bleibt nur noch eine"Kunstinflation". Und in dieser Situation - und zwar nur (!) in dieser - macht Schwundgeld einen Sinn. Ob es auf Dauer hilft, muss bezweifelt werden, jedenfalls kann man nicht Schwundgeld"kurz Mal einführen", um es dann, wenn der Preisverfall gestoppt sein sollte, wieder abzuservieren. Es muss aber abserviert werden, weil es sonst nahtlos in ein reines Inflationsgeld übergeht (das es ja per definitionem sowieso ist, wie von Dir deutlich gepostet) und aus der kurzfristig stabilen Preislage dann eine inflationäre wird, die schließlich in einer Hyperinflation enden muss.
>Wahrscheinlich hat
> damals Rotschield, dem ja die österreichische Nationalbank
>gehörte Gold abgezogen und es nach Frankreich repatriiert.
Es gab in Wien in den 30er Jahren noch eine Rothschild-Bank, das stimmt. Aber dass dieser Privatbank die Nationalbank gehört haben soll, ist mir absolut neu. Dafür hätte ich gern eine Belegstelle.
Abgesehen davon hätte die Rothschild-Bank bestenfalls ihre Nationalbankaktien transferieren können, aber niemals das Gold aus den Tresoren der Notenbank.
Auch für diese Behauptung muss ein Beleg gebracht werden!
Werden diese Belege nicht nachprüfbar erbracht, werde ich sehr ungemütlich. Denn ich höre aus dieser Behauptung so etwas wie einen anti-jüdischen Ton heraus, von dem - wie im systemfehler-Board schon von Herrn Marten angesprochen - auch Silvio Gesell nicht ganz frei gewesen war.
>Das hat doch absolut nichts mit der Sache zu tun, außer daß
>die Nationalbank, durch die Deckungsvorschriften gezwungen
>war Noten einzuziehen und damit die Deflation verschärfte.
Jede Nationalbank zieht automatisch nach drei Monaten die Banknoten ein, da dann die der Notenausgabe zugrunde liegenden Wechsel fällig sind. Das zum einen. Zum anderen muss in einem Golddevisenstandard, wie er damals herrschte Gold von den Notenbanken, sobald ausländische Notenbanken (Inländer hatten ja, wie zugegeben das Recht auf Goldabholung nicht) Forderungen gegen entsprechend passiv verpflichtete Notenbank präsentieren.
Wann und in welcher Höhe war das im damaligen Ã-sterreich der Fall? Auch dafür hätte ich gern eine Belegstelle! Die mir zugängliche und hier gepostete Statistik spricht in diesem Punkt zunächst für sich.
>Also schaut euch die letzten 3 Tage dort an und seht warum
>Dottore sich hier so rar gemacht hatte. Er war dort als
>Dr.Dörner beschäftigt um den löchrigen Käse des Debitismus
>zu verteidigen.
Das Verteidigen eines"löchrigen Käses" ist nicht mein Ding. Ich habe in diversen Büchern und Postings erklärt, dass der Debitismus (= Zwang zu permanenter Nettoneuverschuldung) die derzeit beste verfügbare Erklärung des wirtschaftlichen Ablaufs in den real existierenden kapitalistischen Volkswirtschaften ist. Mehr nicht. Sollte jemand eine bessere haben, vor allem eine, die"Wirtschaften" nicht mit"Tauschen" verwechselt (was ohnehin ebenfalls ein schuldrechtlicher Vorgang ist), wäre ich dankbar, sie zur Kenntnis nehmen zu dürfen.
>Ich muß mir wirklich überlegen, ob ich mich mit ihm auf eine
>Debatte einlassen soll. Vielleicht sollte ich das Mr. X X X
>überlassen. Der trifft mehr seinen Tonfall.
Wer ist Mr. X X X eigentlich?
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center>
gesamter Thread: