- Altes Geld vs. Neu-Geld mit alten und neuen Fragen: - dottore, 18.03.2001, 11:24
Altes Geld vs. Neu-Geld mit alten und neuen Fragen:
Verehrte Runde,
wir wir von Oldy und auch der Literatur über Wörgl wissen, hat das Schwundgeld dort bestens funktioniert. Deshalb ist die Diskussion über Schwundgeld auch so wertvoll. Und zwar unter dem Aspekt, ob das, was in einer kleinen Gemeinde innerhalb eines nach traditionellen und auch heute nach wie vor geltenden Mechanismen (Geld kommt als auf Schulden basierend in Umlauf, es gibt Zinssätz die z.T. erheblich über der Nullinie liegen, usw.) auch auf eine ganze Volkswirtschaft und schließlich die Weltwirtschaft übertragen werden kann.
Oder war Wörgl nur möglich, weil es die umliegende traditionelle Wirtschaft nach wie vor gegeben hat, die das Wörgl-Wunder dann letztlich subventioniert hat.
Schließlich wurden die Nationalbank-Noten, die die Wörgler in ihr Schwundgeld umgetauscht hatten, in mit 6 % verzinsliche Handelswechsel verwandelt, so dass es in Wörgl möglicherweise einen Null- oder Nahe-Nullzins gegeben hat, der mit Hilfe der 6 %, die die Wörgler außerhalb ihrer Gemeinde kassiert haben, kompensiert wurde.
Dann könnten überall auf der Welt kleine Wörgls funktionieren, solange es außerhalb (!) dieser kleinen Inseln aber einen normalen Kapitalmarkt gibt, der Zinsen erwirtschaftet, die die kleinen Inseln dann jeweils anteilig kassieren dürfen.
Es ist so ähnlich wie mit Japan heute, das ebenfalls einen Nullzins möglicherweise sogar für alle Forderungen einführen und überdies dann die japanischen Banknoten in Schwundgeld verwandeln könnte. Dies würde, wie bereits gepostet, sofort dazu führen, dass die Japaner, sofern sie ihre Banknoten nicht körperlich außer Landes bringen können, um sie in andere Währungen umzuwechseln und im Ausland weiterhin verzinslich anzulegen, vor allem ihre gesamten Guthaben ins Ausland transferieren, damit sie dort weiterhin verzinslich unterwegs bleiben.
Wir gehen jetzt vom Umtausch der alten Yen-Noten, die im Landes geblieben sind, in das Neu-Geld aus. Das Umtauschverhältnis kann man sich der Einfachheit halber als 1: 1 vorstellen. Dieses Neu-Geld entwertet sich in der bekannten Manier - es sei denn es wird mit Marken beklebt (oder wie immer das technisch gemacht wird), die dokumentieren, dass die Umlaufgebühr entrichtet wurde.
Da die Bezahlung dieser Umlaufgebühr nicht mit dem neuen Frei-Geld erfolgen kann, versteht sich von selbst. Angenommen wir hätten 1000 Neugeld-Noten, die zunächst zum Kurs 100 % ausgegeben werden, die sich dann innerhalb einer Periode auf 50 % entwerten. Und sie entwerten sich zunächst auch auf 50 %, denn der Kauf von Marken für die Bezahlung der Umlaufgebühr ist freiwillig. Jeder kann selbstverständlich freiwillig entscheiden, das Neu-Geld immer weiter entwerten zu lassen oder Umlaufgebührmarken zu kaufen.
Wäre der Kauf von Marken nicht freiwillig, würde das Geld nicht akzeptiert, denn jeder muss sich ja im Akzeptanzfall vorstellen können, dass er die Gebühr nicht bezahlen muss. Sondern immer nur der, welcher das Neu-Geld zum gesetzlich vorgeschriebenen Umtauschtermin als bar in Händen hält.
Unmittelbar vor dem Markenkauf-Termin würde also jeder ohne Bargeld dazustehen versuchen, notfalls durch Vorauszahlungen aller Art.
Nehmen wir an, die Japaner würden das Neu-Geld zur Steuervorauszahlung verwenden, lägen am Tag, da die Gebührenmarken gekauft werden müssen, diese sämtlich in der Staatskasse. Dann müsste der Staat die Marken letztlich selbst drauf kleben, denn das Neu-Geld läge komplett bei ihm und er kann ja nicht mit Geld, das ohnehin bei ihm liegt, die Marken kaufen, die er selbst herausgibt. Man kann sich selbst nichts abkaufen - das berühmte Rechte-Tasche-Linke-Tasche-Phänomen.
Ob da ein Währungsamt formal dazwischen geschaltet ist, spielt keine Rolle, da auch das Währungsamt dem Staat gehört.
Es ist also unmöglich die 1000 Neu-Geld-Yen, die auf 50 % gefallen sind, sämtlich wieder auf 1000 zu bringen, da mit Hilfe der jetzt als 500 Yen kursierenden Yen nur Umlaufmarken für 500 Yen gekauft werden können und ergo auch nur 500 Yen wieder auf den Wert von 1000 Yen gebracht werden können. Die übrigen 500 Yen verfallen im Kurs also weiter.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Der Staat oder sein Währungsamt geben das zusätzliche Neu-Geld für den Kauf der Umlaufmarken als zusätzlich gedrucktes Neu-Geld (netto und ohne vorangegangene Verschuldung) in Umlauf. Dass dies selbst nach der Geldmengentheorie einen inflationären Effekt hat, liegt auf der Hand. Aber es würde helfen, das Preisniveau wieder auf den vordeflationären Zustand zu haben.
2. Der Staat hat die von ihm bei Einführung des Neu-Geldes ausgehändigten Altgeld-Yen-Noten außerhalb Japans angelegt. Er kassiert dann außerhalb Japans erwirtschaftete Zinsen, die er wiederum in Umlaufmarken verwandelt.
Damit hat der Staat eine Forderung gegenüber dem Ausland, genau wie wir heute"Devisenreserven" in der Bilanz der BoJ entdecken. Auch dies ist inflationär wie jede Umwandlung von Devisen in inländische Geldmenge auch heute (sog."importierte Inflation", siehe die Operationen der Buba in den 1970er Jahren und den damals beobachteten Inflationsstoß).
Allerdings könnte Japan die Devisenreserven dergestalt zum Verschwinden bringen, dass er für die Devisen im Ausland Waren einkauft, die dann der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Und da es zusätzliche Waren sind, könnte damit der Japan-interne Preissteigerungseffekt neutralisiert werden.
Ansonsten könnte Japan nur alle Banknoten über Nacht als wertlos verrufen, um dann Neu-Geld einzuführen, dessen Verteilung keinerlei Rücksicht auf die Verteilung der bereits existenten Bargeldbestände nimmt. Selbst wenn dies ohne schwere Unruhen zu bewerkstelligen wäre, bleibt dann wieder die Frage: Wie wird das Neu-Geld auf die jetzt ihrer Banknoten ohne Entschädigung verlustig gegangenen Japaner verteilt. Diese Frage ist bisher nicht geklärt.
Es wäre schön, wenn dieses - möglichst ohne Anmerkungen von wegen"Der kapiert das doch nie!" usw. - kommentiert bzw. erläutert würde.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center>
gesamter Thread: