- Von der"großen Krise" zu einem"Neuen Bretton Woods" - dottore - Pancho, 29.06.2001, 23:56
- Re: Von der"großen Krise" zu einem"Neuen Bretton Woods" - dottore - Bodo, 30.06.2001, 12:35
- Re: Von der"großen Krise" zu einem"Neuen Bretton Woods" - dottore - BossCube, 30.06.2001, 14:26
- Re: Auf dem Weg zur Weltdiktatur... - dottore, 30.06.2001, 21:35
- Re: Von der"großen Krise" zu... Vielen Dank für eure Einschätzungen... (owt) (owT) - Pancho, 30.06.2001, 22:24
- Re: Von der"großen Krise" zu einem"Neuen Bretton Woods" - dottore - Bodo, 30.06.2001, 12:35
Re: Auf dem Weg zur Weltdiktatur...
Hi Pancho,
besten Dank für dieses hoch interessante Reinstellen.
Der Beitrag von Hankel ist, was die Analyse der gegenwärtigen Lage betrifft, rundum zutreffend. Ein Mega-Kollaps steht in der Tür, er muss jetzt nur noch eintreten. Keiner, der sehenden Auges ist, würde das bestreiten.
Was mich stört, ist der Pferdefuss der"neuen internationalen Ordnung", was auf eine Art"Weltregierung" hinausläuft, die - selbst wenn man sie mit Ach und Krach zu Stande brächte - in einer Weltdiktatur enden würde.
Diktator wäre letztlich die Stelle, die über das neue Allheilmittel, nämlich die SZR verfügte.
Die könnte der Diktator nach Gusto zuteilen, so dass das Ganze vergleichbar wäre königspersischen Zuständen oder der permanenten Militärdiktatur des Römischen Reichs ab Augustus. Der ultimative Mega-Moloch, dem sich alle, die in Nöten wären (und das kann immer nur heißen: Zahlungsnöten) unterwerfen müssten.
Außerdem ist nicht klar, ob diese Weltdiktatur noch vor dem Kollaps geschaffen werden kann oder erst danach.
Davor wohl nicht, weil - wie es so ihre Art ist - alle Schuldner steif und fest behaupten würden, sie kämen doch noch"klar", schon allein, um neue Kredite zu kriegen. Es sei also unnötig, zum "Senatus ultimum consultum" zu greifen (Ausnahmezustand in Rom z.B. in den Catilinarischen Wirren -63, der sich bis zur Diktatur Caesars -45 steigerte).
Danach könnte der ganze Laden vollends auseinander fliegen und jeder Staat sich auf seine Souveränität besinnen (Eigeninteresse der sonst von einer ungeheuren Volkswut weggefegten politischen Klasse!) und die üblichen Mätzchen starten, wenn nicht ohnehin weltweit alles in tiefster Lethargie und Resignation versinkt.
Vielleicht zu diesen Punkten noch etwas:
>Keynes' Vorschläge für Bretton Woods sind noch immer ein tragfähiger Beitrag zur Neuordnung der Weltfinanzen. Er hat drei"Essentials" für die Betriebssicherheit eines global verfaßten und krisensicheren Geld- und Kreditsystems definiert:
>1. Eine für alle Nationen zuständige"Clearing Union" (Girozentrale), die als Oberstufe für die Refinanzierung der nationalen Zentralbanken zur Verfügung steht, die bei ihr ihre Reserven poolten und ein Konto unterhielten.
>>>Eine Clearingzentrale kann niemals refinanzieren! Entweder - oder! Das hatte schon der Hamburger Banco im 18. Jh. bitter bereuen müssen. Die Reserven, die gepoolt werden sollten, waren bei Keynes deshalb ja vor allem Gold (Devisenreserven galten kaum als Thema).
>2. Eine für den Geldverkehr der Zentralbanken mit ihrer Oberstufe reservierte Geld- und Recheneinheit, den"bancor", der unseren heutigen Sonderziehungsrechten (SZR) entspricht. Doch sollte dieses Inter-Zentralbankgeld - anders als der Euro - kein nationales Geld ersetzen,
>>>Wenn es kein nationales Geld ersetzen soll, wozu dann die"Refinanzierung", die ja nur darauf hinauslaufen kann, die refinanzierten Mittel in neues nationales Geld zu verwandeln.
>sondern einzig und allein (wie früher das Gold) als Bezugsbasis und Umrechnungsfaktor für die Wechselkurse dienen. Jedes Land behielt also sein Geld, seinen Zins, seinen Wechselkurs und seine Zentralbank.
>3. Ein"symmetrischer" für Schuldner- wie Gläubigernationen gleich verbindlicher Anpassungsprozeß. Eine völkerrechtliche Norm muß geschaffen werden, die allen Weltwirtschaftsnationen, und besonders den schwächeren unter ihnen, gleiche Rechte einräumt.
>>>"Gleiche Rechte" - wie sollte das funktionieren? Burkina Faso gleiche Rechte wie die waffenstarrenden USA?
>Wie Friedrich List richtigerweise betonte, muß die Priorität bei der inneren, binnenwirtschaftlichen Entwicklung der Teilnehmernationen liegen.
>>>List (1789-1846; Selbstmord) war nicht nur"Vater des deutschen Eisenbahnwesens", sondern vor allem klassischer Schutzzöllner im"patriotischen Interesse", siehe "Das Nationale System der Politischen Ã-konomie" (1841).
Seine Idee, man müsse ein Land solange schützen, bis es sich so voll und den anderen Nationen gleichwertig entwickelt hätte, dass man die Zölle wieder weg fallen lassen könnte, ist nachgewiesen falsch. Nur Staaten mit absolut freiem Handel (siehe Hongkong, Singapur) haben die Chance, aufzuschließen. Geschützte Länder fallen dagegen immer weiter zurück, weil der Zwang zur Anpassung und Entwicklung eben fehlt.
>Der globale Markt entzieht sich der nationalstaatlichen (oder europäischen) Regelungskompetenz.
>>>Genau da liegt der Hund begraben. Es soll eben eine"Regelungskompetenz" her, die auf die Weltdiktatur hinausläuft.
>Eine Währungsordnung für das 21. Jahrhundert
>Was wäre mit diesem SZR-Standard gewonnen? Erstens würde mehr Ruhe, Stabilität und Betriebssicherheit in den Weltwährungskosmos einkehren. Denn die Währungseinheit SZR schwankt nicht, wie Dollar, Euro oder andere am Markt gehandelte Währungen.
>>>Das ginge nur, wenn die SZR auch in jedem Land Umlaufswährung würden.
>Zweitens würde mehr Gerechtigkeit im Geldverkehr der Nationen herrschen denn vor den SZR als Wechselkurs-Metermaß (und moderner Goldersatz) sind alle Währungen der Erde gleich und keine ist"gleicher" als die anderen, wie bislang alle nationalen Leitwährungen.
>>>Bliebe es bei nationalen Währungen, die logischerweise beliebig manipulierbar blieben, würden sich je nach Manipulierungsgard wieder Unterschiede in deren Kurs gegen SZR einstellen müssen.
<font color="FF0000">Und wenn schon Gold"ersatz" (und der Hinweis auf Gold weiter oben) - warum nicht gleich the real thing selbst nehmen? Goldumlaufswährung bzw. alle Währungen mit gleicher Golddeckung. Dann wären die konkurrierenden Abwertungen der 30er Jahre (gegen Gold) ausgeschlossen. Denn alles würde immer alle gleichzeitig treffen und alle wären also immer gleich ("Gerechtigkeit").</font>
_____
>Meine Frage: Könnte Hankels Vorschlag funktionieren bzw. die Probleme etwas hinauszögern?
1. Er könnte nur funktionieren, wenn alle nationalen Währungen abgeschafft und dafür gleich die SZR als Globalwährung eingeführt würde. Dann müssten allerdings auch für alle nationalen Notenbanken die gleichen Gesetze gelten (inkl. der Vorschriften, was ZB-fähige Papiere sind und was nicht; das ist noch nicht Mal im Euro-Raum gelungen).
2. Die sich anbahnende Weltkreditkrise wäre damit allerdings nicht zu stoppen, es sei denn alle faulen Kredite würden in die Welt-SZR-Bank gebucht - woraufhin logischerweise alle Kredite als"faul" erklärt würden. Denn wozu sollte noch jemand einen Kredit bedienen, wenn dem Gläubiger durch Nichtbedienen nichts"passieren" kann? Jeder, der dann noch einen Kredit zurückzahlt (und sich vorher riesig anstrengen muss) wäre ein Idiot.
3. Eine Hinauszögerung des Kollaps wäre ansonsten mit Hilfe von SZR, die eine supranationale Behörde ausgibt, sehr gut möglich. Aber genau das macht ja der in Bretton Woods geschaffene IMF auch schon. Nur ist das wieder die altbekannte Hochbuchungskiste, die die Fallhöhe nur noch steigert.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: