- Die U-Form des Abschwungs - BossCube, 02.07.2001, 22:14
- SUPER TEXT.. THANX owT - YIHI, 02.07.2001, 23:00
- Re: Sehr schön! Man zeigt Einsicht, aber rechtzeitig? owT - Ecki1, 02.07.2001, 23:48
- SUPER TEXT.. THANX owT - YIHI, 02.07.2001, 23:00
SUPER TEXT.. THANX owT
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> Rainer Fischbach
> Die U-Form des Abschwungs
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> NEW ECONOMY UNTER DEM JOCH DES
> KONJUNKTURZYKLUSEine Studie der Schweizer"Bank für
> internationalen Zahlungsausgleich" bietet aufschlussreiches
> Material über entgrenzte Finanzmärkte
> Als 1997/98 das zuvor in Massen dort eingeströmte Kapital Südostasien
> fluchtartig wieder verließ, waren Erklärungen schnell zur Hand.
> Institutionelle Defizite der Finanzsysteme und der
> Unternehmensverfassung, genauer: zu viel staatliche Intervention,
> mangelnde Offenheit der Kapitalmärkte, Intransparenz des Bankwesens
> sowie der Unternehmensführung und nicht zuletzt die im Schatten solcher
> Strukturen gedeihende Seuche der Korruption hätten das Desaster
> verursacht. Wie immer, wenn im Verlaufe des Siegeszugs der
> Liberalisierung etwas schief gegangen war, konnte die Ursache in den
> Augen ihrer Verfechter nur am jeweiligen Schauplatz zu suchen sein.
> Beobachter, die schon damals darauf hinwiesen, dass die geschilderten
> Mängel den Akteuren durchaus zuvor bekannt waren, bekamen das Etikett
> des nörgelnden Besserwissers verpasst.
> Dass die Flucht des Kapitals aus dem IT-Sektor im vergangenen Jahr
> ausgerechnet in den USA begann, wo die Verfassung der Unternehmen
> wie auch der Finanzmärkte in vorbildlicher Weise den Transparenz- und
> Flexibilitätsidealen der Shareholder-Value-Apostel entsprechen, verursacht
> nun eine gewisse Verlegenheit bei denen, die bisher immer genau zu
> wissen meinten, dass wirtschaftliche Störungen nur durch
> Liberalisierungsdefizite verursacht sein könnten. Dies umso mehr, als bis
> vor kurzem noch als ausgemacht galt, dass die frei operierende,
> IT-gestützte New Economy die Ära der Konjunkturzyklen hinter sich
> gelassen hätte.
> Die Hauptgefahr für das Finanzsystem liegt in diesem selbst
> Recht bemerkenswert erscheint derzeit der Umstand, dass eine Institution,
> die seit Jahrzehnten eher still im Hintergrund des Weltfinanzsystems
> agiert, jetzt Klartext produziert. In ihrem jüngsten Jahresbericht korrigiert
> die in Basel ansässige Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ),
> die seit 1930 die Rolle einer"Bank der Zentralbanken" ausübt, einige
> liebgewordene Vorstellungen: Unverkennbar habe der Konjunkturzyklus
> auch das Paradeland der New Economy eingeholt und die Zeichen
> deuteten überwiegend darauf hin, dass der Abschwung nicht nur eine
> Episode bleibe, also eher eine U- als die weithin erwartete V-Form
> annehmen würde.
> Die Aktien - vor allem die High-Tech-Titel - seien, gemessen an allen
> historisch bewährten Kriterien, nach wie vor überbewertet, das bedeute, ihr
> weiterer Einbruch sei durchaus wahrscheinlich. Die Hauptgefahr für das
> Finanzsystem liege in diesem selbst, denn gerade schnell und reibungslos
> funktionierende globale Finanzmärkte würden sich durch ein pro-zyklisches
> Verhalten auszeichnen, also Ungleichgewichte eher verstärken als mindern
> und so auch die Realwirtschaft beeinträchtigen.
> Die BIZ-Analysen bestätigen, was bisher als Defätismus der in den Medien
> als"Globalisierungsgegner" vorgeführten Kritiker des neu erstarkten
> Kapitalismus galt: Die gewachsene Bedeutung der entgrenzten
> Finanzmärkte stellt die Stabilität der Weltwirtschaft in Frage, wobei eine
> Vielzahl von Mechanismen zusammenwirken. Der Einfluss der
> Finanzmärkte auf die Realwirtschaft vollzieht sich beispielsweise nicht nur
> über die Shareholder-Value-Politik der Unternehmen, sondern auch über
> die Verbreitung von Aktien in der Bevölkerung und damit die Abhängigkeit
> des Konsumniveaus von deren Bewertung - Stichwort Kaufkraft.
> Die BIZ erkennt einen Stabilitätsvorteil der Ã-konomien, in denen Aktien
> sich geringerer Beliebtheit erfreuen, und schließt sich dem Urteil an, dass
> die Aufschwungphase, die mit der Diffusion technologischer Innovationen
> und einer Umverteilung des Produkts zugunsten der Profite beginnt,
> zwangsläufig in Überinvestition und Überdehnung des Kreditvolumens
> mündet. Das heißt, es kommt zu massiver Fehlallokation und der
> anschließenden Vernichtung von Kapital, was wiederum Kreditverknappung
> und Unterinvestition auslöst. Aktuelles Beispiel dafür ist der
> zurückliegende IT-Boom, in dessen Verlauf billiges Kapital in großem
> Umfang verschwendet wurde, deshalb nun die Mittel für langfristige
> Investitionen etwa in die Infrastruktur für die nächste Generation der
> Mobiltelefonierer knapp werden oder zu schlechten Konditionen verfügbar
> sind. Schon kreist über manchem Unternehmen der einstigen
>"Zukunftsindustrien" jetzt der Pleitegeier.
> Fehlallokation mit nachfolgender Verknappung von Kapital bedeutet
> zumindest Verzicht auf potentielles Wachstum. Einschneidendere
> Konsequenzen in Form eines Rückgangs des volkswirtschaftlichen
> Produkts waren in den zurückliegenden Jahren in den Schwellenländern,
> doch auch in Japan zu beobachten.
> Auch vor dem"Schwarzen Freitag" von 1929 wurde von New
> Economy gesprochen
> Unter den aus dem Inneren des Finanzsystems vernehmbaren Stimmen
> hatte zuletzt der vom Meisterspekulanten zum Mahner und Wohltäter
> mutierte George Soros Ähnliches geäußert. Untermauert durch ein sich
> über mehr als 100 Jahre erstreckendes Zahlenwerk weist ein jüngst
> erschienenes Werk des Ã-konomen Robert J. Shiller die gefährliche Rolle
> des irrationalen Überschwangs an den Börsen nach. Es zeigt, dass die
> Aktienkurse sich nie für lange Zeit von den fundamentalen ökonomischen
> Entwicklungen abkoppeln konnten. Auch vor dem Crash von 1929, dem die
> Weltwirtschaftskrise folgte, kursierte bereits die Formel von einer New
> Economy, in der alles ganz anders wäre als zuvor, erzählt der Autor.
> Wie Soros scheint auch der BIZ-Bericht davon auszugehen, dass hier vor
> allem ein psychologisches Problem vorliegt: Er spricht von der Welle des
> Optimismus, die einen Aufschwung begleite und die über eine Phase des
> Überoptimismus schließlich in Ernüchterung und Angst der Anleger und
> Banken umschlage. Immerhin gesteht die BIZ wie zuvor Soros ein, dass
> destabilisierende Tendenzen den Finanzmärkten immanent sind und dass
> ihre Entgrenzung deren Reichweite vergrößert. Die oft geäußerte Ansicht,
> der Abbau von Hemmnissen würde der Wirtschaft ermöglichen, schneller
> zum Gleichgewicht zurückzufinden, spiegelt vor allem das Unverständnis
> des Unterschieds zwischen Gleichgewicht und Stabilität. Ein System kann
> sich im Gleichgewicht befinden oder sich sehr schnell darauf zu bewegen -
> zum Beispiel, um sofort darüber hinaus zu schießen - und trotzdem nicht
> stabil sein. Es kann auch Märkte ohne Gleichgewicht geben: Angebot und
> Nachfrage müssen keinesfalls den stetigen Kurven folgen, die sich in den
> Bilderbüchern der neoklassischen Ã-konomen immer so schön treffen.
> Wie Soros widersprechen die BIZ-Analysten auch in einem weiteren Punkt
> der herrschenden Lehre. Sie halten ein international koordiniertes
> Gegensteuern der Staaten für sinnvoll und möglich - wobei die Grenzen der
> vorgeschlagenen Politik mit den Grenzen ihrer Einsicht in die Ursachen der
> krisenträchtigen Tendenzen des Kapitalismus zusammen fallen: Wenn
> man das Problem vor allem in der Psyche der Investoren und Banker
> lokalisiert, kann nicht viel mehr als Verhaltenstherapie für diese - etwa in
> Form von verschärften Eigenkapitalvorschriften - herauskommen. So, als
> ob nicht gerade die Finanzindustrie beständig eine unerhörte Kreativität
> entfalten würde, um diese zu unterlaufen. Dass die Triebkraft hinter den
> Ãœbertreibungen vielmehr ein systemischer Imperativ ist: der Imperativ der
> Kapitalverwertung und der hohen Profite, ohne die sich auch die BIZ keine
> positive Wirtschaftsentwicklung vorstellen kann, bleibt bei aller Klarsicht
> ausgeblendet.
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