- "Amerika ganz unten" - ein Beitrag zur Kapitalismus-Debatte - Ghandi, 07.01.2002, 15:39
- Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - SchlauFuchs, 07.01.2002, 16:16
- Geduld - Er muss zuerst seine Rosa Brille putzen...:-)) (owT) - Tofir, 07.01.2002, 17:00
- Geduld habe ich - sonst ist er ja bestimmt ein netter Kerl ;-) (owT) - SchlauFuchs, 07.01.2002, 17:21
- Re: Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - Crowley, 07.01.2002, 18:14
- Re: Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - SchlauFuchs, 07.01.2002, 18:52
- Revolution? - Zardoz, 07.01.2002, 22:32
- Re: Revolution? - SchlauFuchs, 07.01.2002, 23:08
- Leben heißt Veränderung. - Zardoz, 07.01.2002, 23:50
- Re: Leben heißt Veränderung. - SchlauFuchs, 08.01.2002, 09:38
- Friedliche Revolution? - Zardoz, 08.01.2002, 12:26
- Re: Leben heißt Veränderung. - SchlauFuchs, 08.01.2002, 09:38
- Leben heißt Veränderung. - Zardoz, 07.01.2002, 23:50
- Re: Revolution? - Crowley, 08.01.2002, 04:51
- Re: Revolution? - SchlauFuchs, 08.01.2002, 09:42
- Re: Revolution? - SchlauFuchs, 07.01.2002, 23:08
- Revolution? - Zardoz, 07.01.2002, 22:32
- Re: Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - Euklid, 07.01.2002, 19:33
- Re: Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - Crowley, 08.01.2002, 04:03
- Re: Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - SchlauFuchs, 07.01.2002, 18:52
- Geduld - Er muss zuerst seine Rosa Brille putzen...:-)) (owT) - Tofir, 07.01.2002, 17:00
- Ist halt wie in einer Drückerkolonne (owT) - Theo Stuss, 07.01.2002, 16:27
- Re: Falschgeld hat nichts mit Kapitalismus zu tun - R.Deutsch, 07.01.2002, 16:55
- Re: Falschgeld hat nichts mit Kapitalismus zu tun - SchlauFuchs, 07.01.2002, 16:58
- kannst du den Zusammenhang mit"Falschgeld" näher erläiutern? - Ghandi, 07.01.2002, 17:36
- Re: Gerne - R.Deutsch, 07.01.2002, 20:11
- Re: Gerne - apoll, 07.01.2002, 20:16
- Re: Gerne - Ghandi, 07.01.2002, 22:31
- Streiten als Disput tut sicher jedem gut... ;-) (owT) - Zardoz, 07.01.2002, 22:36
- Re: Bitte keine Anforderungen - @Ghandi - R.Deutsch, 07.01.2002, 23:11
- Re: Gerne - R.Deutsch, 07.01.2002, 20:11
- Re: Falschgeld hat nichts mit Kapitalismus zu tun - PuppetMaster, 07.01.2002, 19:36
- Re: Es gibt nirgends etwas zu beschönigen und deshalb... - dottore, 07.01.2002, 19:27
- Re: Es gibt nirgends etwas zu beschönigen und deshalb... - Euklid, 07.01.2002, 20:00
- Re: Es gibt nirgends etwas zu beschönigen und deshalb... - dottore, 07.01.2002, 20:43
- Re: Es gibt nirgends etwas zu beschönigen und deshalb... - RetterderMatrix, 07.01.2002, 20:43
- Re: Es gibt nirgends etwas zu beschönigen und deshalb... - Theo Stuss, 08.01.2002, 08:26
- Bravo! Erinnert mich irgendwie an meine eigene Geschichte - Theo Stuss, 07.01.2002, 21:41
- Re: Puh! Ich möchte nicht mit dir getauscht haben, klingt sehr anstrengend! (owT) - JüKü, 07.01.2002, 21:51
- Re: Puh! Ich möchte nicht mit dir getauscht haben, klingt sehr anstrengend! - Theo Stuss, 08.01.2002, 08:48
- Re: Puh! Ich möchte nicht mit dir getauscht haben, klingt sehr anstrengend! - SchlauFuchs, 08.01.2002, 09:33
- Re: Puh! Ich möchte nicht mit dir getauscht haben, klingt sehr anstrengend! - Theo Stuss, 08.01.2002, 08:48
- Eine echte Räuberpistole, Theo.:-) Alle Achtung! oT. - Standing Bear, 07.01.2002, 22:18
- Das Leben stinkt, wie ein guter Film auch hieß - SchlauFuchs, 07.01.2002, 23:27
- Rechtschreibfehler, es muß natürlich heißen.... - Theo Stuss, 08.01.2002, 08:24
- Re: Rechtschreibfehler, es muß natürlich heißen.... - JüKü, 08.01.2002, 09:24
- Re: Bravo! Erinnert mich irgendwie an meine eigene Geschichte - riwe, 08.01.2002, 09:25
- Re: Bravo! Erinnert mich irgendwie an meine eigene Geschichte - Euklid, 09.01.2002, 00:02
- Re: Puh! Ich möchte nicht mit dir getauscht haben, klingt sehr anstrengend! (owT) - JüKü, 07.01.2002, 21:51
- Re: Es gibt nirgends etwas zu beschönigen und deshalb... - Euklid, 07.01.2002, 20:00
- Ich hoffe, Crowley nimmt sich die Zeit zum Lesen. (owT) - SchlauFuchs, 07.01.2002, 16:16
"Amerika ganz unten" - ein Beitrag zur Kapitalismus-Debatte
Hi,
wer sich nach"Kapitalismus pur" sehnt, schaut gerne nach
Amerika, denn dort sind wir vermutlich den Vorstellungen
vom kapitalistischen Paradies am nächsten.
Text aus Spiegel-online:
---
Inkognito tauchte die US-Sozialkritikerin Barbara Ehrenreich in die
Welt der Billigjobs ab. Ihre Erfahrungen als Putzfrau und Verkäuferin
wurden in den Vereinigten Staaten zum Bestseller.
Knieschoner. Ein Königreich für ein paar Knieschoner. Auf allen
Vieren kriecht Barbara Ehrenreich auf dem steinernen Fußboden einer
Villa in Portland auf und ab und schrubbt die Fliesen. Fluchen könnte
sie vor Schmerz. Doch sie muss sich zusammenreißen.
Die Beine, die neben ihr geschäftig durch die Küche stöckeln, gehören
der Hausherrin. Mit einem Mal hält sie inne. Ehrenreich fühlt sich
von einem durchdringenden Blick auf den Boden genagelt. Nun also ist
es passiert. Sie ist erkannt worden, trotz der hochgebundenen Haare
und der grüngelben Putzuniform. Vielleicht hat diese Frau einmal bei
ihr eine Vorlesung gehört oder sie zufällig im Fernsehen gesehen. Was
sagen? Wie sich erklären?
Schweiß perlt ihr von der Stirn und tropft auf den Marmor. Und dann
hört sie die Stimme von oben herab fragen:"Wenn Sie schon dabei
sind, können Sie eben noch schnell die Eingangshalle putzen?" In
jener Nacht schreibt Ehrenreich in ihr Laptop-Tagebuch:"Putzpersonal
ist unsichtbar." Das war noch eine der angenehmsten Lektionen, die
die amerikanische Sozialkritikerin, Feministin und Autorin bei ihrem
Undercover-Ausflug in die Welt der Billigjobs lernte.
In der Tradition Günter Wallraffs, den solche Reportagen aus der
Arbeitswelt einst in Deutschland berühmt machten, war die 59-Jährige
zwischen 1998 und 2000 dreimal für je einen Monat in
unterschiedlichen Rollen abgetaucht, um Amerika neu kennen zu lernen
 von ganz unten. Ehrenreich servierte Hotdogs in Florida, feudelte
in einer Putzkolonne in Maine, füllte Regale bei Wal-Mart und
fütterte Alte im Pflegeheim.
Ihre Regeln: jeweils den bestbezahlten Job annehmen (und halten!) und
die billigste Wohnung suchen, um vom Lohn der Arbeit leben zu können.
Mehr als einmal verfluchte die promovierte Biologin dabei den Tag, an
dem sie sich auf diesen Selbstversuch eingelassen hatte, der
ausgerechnet in einem französischen Restaurant in New York begann.
Lewis Lapham, Herausgeber des Intellektuellenmagazins"Harper's",
hatte Ehrenreich zur Themenbesprechung geladen. Bei Lachs an
Feldsalat driftete das Gespräch ab zur Armut in Amerika. Wie, so
fragten sich die beiden, können Niedriglohnarbeiter  fast ein
Drittel der amerikanischen Arbeiterschaft  von sechs oder sieben
Dollar Stundenlohn leben? Wie schaffen es insbesondere die vier
Millionen Frauen, die von Bill Clintons gefeierter Sozialhilfereform
"Welfare to work" in schlecht bezahlte Jobs geschickt wurden?
"Eigentlich müsste ein Journalist rausgehen und das selbst
ausprobieren, ganz altmodisch", fand Ehrenreich. Lapham lächelte und
antwortete:"Ja, du."
Ehrenreich war nicht begeistert. Sie hatte sich einen Namen gemacht
als scharfzüngige Kolumnistin, Autorin analytischer Essays und eines
Dutzends provokanter Bücher. Sie gilt als unorthodoxe Intellektuelle,
lebt in ihrem Haus nahe dem Ferienparadies Key West in Florida und
ist ihr eigener Boss. Warum sollte ausgerechnet sie Gummihandschuhe
überstreifen und freiwillig in die Knie gehen?
"Welcher Teufel mich da geritten hat, wer weiß? Vielleicht habe ich
gehofft, dass die Leute leichter in eine solch fremde Welt folgen,
wenn sie von jemanden aus der eigenen sozialen Klasse dorthin geführt
werden."
Jahrelang hatte sich Ehrenreich erfolglos die Finger wund geschrieben
zum Thema soziale Ungleichheit. Die Armutsfakten des reichsten Landes
der Erde kann sie im Schlaf herbeten: etwa, dass 32 Millionen
Amerikaner unterhalb der Armutsgrenze leben und jedes sechste Kind in
Armut aufwächst; dass ein Fünftel der zwei Millionen Obdachlosen
arbeitet; dass über sieben Millionen Amerikaner zwei Jobs brauchen
zum Ãœberleben und fast 39 Millionen nicht krankenversichert sind.
Doch keiner ihrer Artikel hat je so viel Aufsehen erregt wie ihr
Erlebnisbericht"Nickel and Dimed", in Deutschland nun erschienen
unter dem Titel"Arbeit poor"."Dieses Buch sollte Pflichtlektüre für
alle Kongressabgeordneten werden", empfahl die"New York Times".
Zumindest einige scheinen es gelesen zu haben, denn in Washington ist
erstmals eine Diskussion um den Erfolg des Welfareto-work-Programms
entbrannt. Zwar ist die Hälfte aller Sozialhilfeempfänger zurück in
Jobs  doch deren Lebensbedingungen haben sich oft verschlechtert.
Kirchen und Wohlfahrtsverbände registrieren einen Ansturm auf
Suppenküchen.
Aber erst seit Clinton aus dem Amt ist und die Konjunktur abbremst,
trauen sich die Demokraten, Zweifel zu äußern  so jedenfalls erklärt
Ehrenreich die Aufmerksamkeit für den Überlebenskampf der
Billiglöhner, den sie in ihrem Buch nachfühlbar macht, inklusive der
Gründe für ihr Scheitern.
(Ab-)Grund Nummer eins sind zu hohe Mieten. Niedrigstlohn-Jobs fallen
oft in Städten und Touristenorten an  genau dort, wo ein Dach überm
Kopf am teuersten ist. Als Ehrenreich in Key West als Bedienung
anheuerte, war die nächste erschwingliche Wohnung 30 Meilen entfernt.
Das bedeutete: bis zu zwei Stunden pendeln täglich.
Wer die zwei Stunden zum Geldverdienen braucht, muss näher am
Arbeitsplatz wohnen, und so zog Ehrenreich bald an den Stadtrand von
Key West. Für 675 Dollar mietete sie eine acht Quadratmeter große
Wohnwagenhälfte. Damit hatte sie es besser als viele ihrer Kollegen.
Eine lebte in ihrem Auto auf dem Parkplatz, andere teilten sich zu
viert ein Zimmer.
In Minnesota erlebte Ehrenreich dann, wie die Abwärtsspirale in
Schwung kommt. Als sie die Kaution für eine Wohnung nicht vorstrecken
konnte, zog sie in ein Billigmotel: 37 Dollar zahlte sie pro Nacht
für ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl und große Angst, weil die Tür
nicht richtig schloss. Kochen konnte man dort nicht. Also musste sie
Junk-Food kaufen.
"Es ist unglaublich teuer, zu arm für eine Wohnung zu sein", sagt
Ehrenreich. Dabei kam sie besser ausgerüstet in diese Welt als die
"echten" Working Poor: Sie hatte ein Auto, war bei bester
Müsli-Gesundheit, und tief unten im Koffer lag die Kreditkarte, falls
alle Stricke reißen.
"Man braucht keinen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, um zu
merken, dass etwas faul ist, wenn sich ein gesunder, allein stehender
Mensch trotz zehn Stunden Arbeit am Tag kaum über Wasser halten
kann", schreibt sie.
Ihre Erkenntnisse markieren das Ende des uramerikanischen Glaubens:
Wer hart genug arbeitet, wird es auch schaffen. Mit diesem Traum, der
noch heute in jeden Kinderkopf gepflanzt wird, räumt Ehrenreich
gründlich auf:"Ich hätte nie gedacht, dass man härter arbeiten kann,
als man es je für möglich gehalten hat, und trotzdem immer tiefer in
Schulden versinkt."
Eine Autoreparatur, ein krankes Kind, eine unerwartete Rechnung
genügen, um das Leben aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das Eis der
eigenen Existenz ist millimeterdünn. Wer durchbricht, kommt ohne
Hilfe nicht wieder raus.
Dass ihr Experiment finanziell eng werden würde und körperlich
aufreibend, darauf hatte Ehrenreich sich eingestellt. Schließlich kam
sie nicht ganz unvorbelastet. Ihr Vater war Kumpel in einer
Kupfermine in Montana gewesen, ihre Mutter Putzfrau, ihr erster Mann
Hilfsarbeiter, bevor er Gewerkschaftsfunktionär wurde.
Sie alle waren Blaumann-Intellektuelle, Arbeiter mit ausgeprägtem
politischem Bewusstsein und klarem Klassenverständnis. Doch die
tagtäglichen Demütigungen, denen Niedriglohnarbeiter ausgesetzt sind,
trafen Ehrenreich völlig unvorbereitet."Man wird wie ein potenziell
kriminelles Subjekt behandelt", sagt sie. Die Fragen im
Wal-Mart-Bewerbungsbogen: Sind Sie vorbestraft? Haben Sie je
gestohlen? Würden Sie melden, wenn ein Kollege stiehlt?
Weil Zeit Geld ist, erklärt der Wal-Mart-Mann zur Einführung, dass
kollegiales Plaudern während der Arbeitszeit ebenfalls Diebstahl ist:
Zeitdiebstahl am Arbeitgeber, und damit strafbar. Auch vor
Gewerkschaften habe man sich zu hüten, die bergen Gefahren für die
Arbeiter.
Neu für Ehrenreich waren Drogentests  und die Entdeckung einer ihr
gänzlich neuen Produktlinie: In den US-Drogerien gibt es Regale
voller Innenspülungen. Rund 20 Dollar teure Medikamente namens CleanP
("Klare Pisse") sichern dem Heer von Lohnsklaven Anstellungen für
sieben Dollar die Stunde. Innerlich gereinigt muss die Bewerberin
dann, stets beäugt von einer Mitarbeiterin des potenziellen
Arbeitgebers, in einen Becher pinkeln.
Bei ihren Jobs stieß Ehrenreich auf Willkür und Missbrauch.
Vorarbeiter lassen zum Rapport antreten und schimpfen Mitarbeiter aus
wie kleine Kinder. Der erste Wochenlohn wird gern zur Hälfte
einbehalten, damit man am Montag auch wirklich wieder auftaucht.
Pausenräume ohne Fenster, Toiletten ohne Schlösser, Taschen und
Spinde können jederzeit durchsucht werden."Da draußen herrscht
Diktatur. Wer die Welt der Billigjobs betritt, gibt seine
Bürgerrechte an der Pforte ab", schreibt Ehrenreich in ihrem Buch.
Widerstand gegen solche Behandlung ist ebenso rar wie Solidarität
unter den Kollegen. Als Ehrenreich einmal anregt, dass das Putzteam
das Pensum einer kranken Kollegin übernimmt, wenden sich alle wortlos
ab. Individuelle Verantwortung ist in allen US-Bevölkerungsgruppen
fest verankert und schlägt im Zweifel immer die soziale
Verantwortung. Nach einer Studie der Universität Harvard glaubt die
Hälfte der Amerikaner, dass die Armen selbst schuld sind an ihrer
Armut.
Ehrenreich beschreibt eine andere Realität: Die Working Poor
vernachlässigen ihre eigenen Kinder, um sich um die von anderen zu
kümmern. Sie leben in miesen Behausungen, damit andere Häuser perfekt
gewienert werden können. Sie leiden Not, damit die Inflation gering
bleibt und die Aktienpreise hoch.
"United we stand", ruft es seit den Anschlägen vom 11. September von
jeder Plakatwand der USA  für Ehrenreich ein Grund, einen neuen
Gesellschaftsvertrag zu fordern:"Wenn unser Sinn für Solidarität
stärker sein soll als der Stoff der US-Flagge, müssen wir Amerikas
arme Arbeiter einbeziehen."
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