Aus der FTD vom 30.1.2002
<font size="4">Andersen muss um große Kunden fürchten</font>
Von Ulrike Sosalla, New York, und Nicola de Paoli, Hamburg
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen muss fürchten, als Folge des Skandals um die Finanzpraktiken des Energiehändlers Enron große Kunden in den USA zu verlieren.
Andersen-Chef Joseph Berardino gab erstmals öffentlich zu, dass die Verwicklung in Enrons dubiose Buchhaltungspraktiken Andersens Geschäft schadet. Er betonte jedoch, das Unternehmen werde diese Krise überleben.
Andersen ist das kleinste der fünf großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen, galt jedoch lange Zeit als das seriöseste. Mehrere Finanzskandale haben diesen Ruf jedoch in den vergangenen Jahren ausgehöhlt - zuerst die Pleiten der US-Firmen Sunbeam und Waste Management, die beide über mehrerer Jahre ihrer Gewinne geschönt hatten, und jetzt der Enron-Skandal.
Nach US-Medienberichten erwägt die US-Fluggesellschaft Delta Airlines, sich von Andersen als Wirtschaftsprüfer zu trennen. Ein solcher Schritt eines großen Unternehmens könnte eine Welle von weiteren Kündigungen auslösen, meinen Experten. Ein Andersen-Sprecher sagte, noch sei bei Delta nichts entschieden."Zur Stunde steht unser Vertrag bei Delta zur Überprüfung an."
Gefährlich könnte es für Andersen werden, wenn die Abkehr großer Unternehmen einen Domino-Effekt auslöst: Wendet sich eine Firma ab, weil sie fürchtet, mit Andersens Problemen in Zusammenhang gebracht zu werden, müssen andere nachziehen, um ihrerseits nicht in den Verdacht laxer Buchführung zu geraten.
Kunde meldet Insolvenz an
Unglücklich kam für Andersen daher am Montag die Insolvenz eines weiteren großen Kunden, des Datennetzbetreibers Global Crossing. Das Unternehmen meldete die bisher größte Insolvenz im Telekommunikationssektor an. Andersen hatte im Jahr 2000 von Global Crossing 2,3 Mio. $ für die Buchprüfung bezogen und weitere 12 Mio. $ an Beratungshonoraren. Die hohe Abhängigkeit der Wirtschaftsprüfer von den Beratungshonoraren ist derzeit einer der Hauptkritikpunkte an Andersen und seinem Chef Berardino. Der hatte nach der Abspaltung der früheren Consulting-Tochter Andersen Consulting (heute Accenture) alles daran gesetzt, das Beratungsgeschäft wieder zu stärken. Tatsächlich war die Beratung mit einem Umsatzplus von 14 Prozent im abgelaufenen Geschäftsjahr der am schnellsten wachsende Bereich bei Andersen.
In Deutschland bemüht sich Andersen derzeit um Schadensbegrenzung."Unsere Partner sind dabei, aktiv auf die Kunden zuzugehen", sagte der Sprecher der Geschäftsführung Deutschland, Christoph Groß. In den Gesprächen sei Andersen"eindeutig das Vertrauen ausgesprochen" worden. Die Erfahrung, dass Kunden in Deutschland sich von dem Unternehmen im Zuge des Enron-Skandals trennen wollten, gebe es nicht, betonte Groß:"Aus der Sicht der Kunden spielt sich das Thema isoliert in den USA ab."
Beim Anlagenbauer Dürr, einem der Kunden von Andersen in Deutschland hieß es, eine Vorverurteilung werde es nicht geben. Allerdings:"Dass man generell sensibilisierter ist, ist allein menschlich verständlich." Auch ein Sprecher von SAP hielt sich am Dienstag bedeckt:"Der Aufsichtsrat wird der Hauptversammlung einen Wirtschaftsprüfer vorschlagen." Die Aufsichtsratssitzung dazu werde im März stattfinden. Arthur Andersen ist seit mehreren Jahren für SAP tätig. Spekulationen, der Aufsichtsrat könne sich dieses Jahr für eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entscheiden, wies der Sprecher zurück.
Neuer Mann auf Chefposten bei Enron
Bei Enron selbst übernahm am Dienstag der Restrukturierungsspezialist Stephen Cooper den Chefposten. Cooper soll versuchen, die verbliebenen Teile von Enron so umzubauen, dass daraus noch einmal ein lebensfähiges Unternehmen werden kann. Viel ist allerdings nicht mehr übrig: Die wertvolle, 25.000 Kilometer Gaspipeline ging bereits an den Konkurrenten Dynegy, der Energiehandel wurde an die Bank UBS Warburg verkauft und Enron-Töchter in Europa und Australien befinden sich in der Liquidation. Die verbleibenden Teile von Enron stehen unter der Drohung hoher möglicher Schadensersatzforderungen. Bisher haben Aktionäre, Mitarbeiter und Gläubiger allein am Hauptsitz des Unternehmens im texanischen Houston mehr als 150 Klagen gegen Enron eingereicht.
Cooper, der seinen neuen Job am Dienstag antrat, gab sich dennoch optimistisch."Unser Fokus liegt auf der Zukunft von Enron”, sagte er in einer Presseerklärung."Mit mehr als 19.000 Mitarbeitern weltweit hat Enron echte Geschäfte mit echtem Wert." Bei der Investmentbank Merrill Lynch haben offenbar mehrere Führungskräfte in die zweifelhaften Nebenfirmen investiert, die Enron nutzte, um Schulden vor seinen Aktionären zu verbergen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg bot die Bank ihren Managern die Investitionsmöglichkeit in die Enron-Nebenfirma LJM2 an, nachdem sie zuvor Kapital bei Pensionsfonds und anderen Investoren eingesammelt hatte. LJM2 wurde außerhalb der Enron-Bücher geführt und tauchte in den offiziellen Zahlen des Unternehmens nicht auf.
© 2002 Financial Times Deutschland
Hmmmm.....Sind die eigentlich börsennotiert?
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