Aus der FTD vom 14.2.2002
Enron bot 500.000 Dollar für Einfluss auf Buchhaltungsregeln
Von Peter Spiegel, Washington
Im Zusammenhang mit dem Enron-Skandal haben die Ermittler in den USA neues belastendes Material gegen den bankrotten Energiekonzern entdeckt. Demnach versuchten Enron-Manager im vorigen Jahr, sich mit einer Spende von 500.000 $ Einfluss auf die Reform der internationalen Buchhaltungsregeln zu erkaufen.
Die Ermittler des US-Kongresses entdeckten eine E-Mail vom Februar 2001. Darin fragte Enrons Chefbuchhalter Richard Causey bei den Wirtschaftsprüfern von Andersen an, ob eine Spende dem Unternehmen Einfluss auf Entscheidungen des privat finanzierten International Accounting Standard Board (IASB) ermöglichen würde. Den Untersuchungen zufolge hatte der ehemalige US-Notenbankchef und aktuelle IASB-Vorstand Paul Volcker vorher persönlich in einem Telefonat den damaligen Enron-Chef Kenneth Lay um eine solche Spende gebeten. Enron habe dann den Wunsch um Einflussnahme auf die Mitarbeiter der in London ansässigen Organisation geäußert.
Die Summe sollte den Informationen zufolge in Beträgen von jeweils 100.000 $ über den Zeitraum von fünf Jahren bezahlt werden. Unklar blieb zunächst, ob tatsächlich Geld floss und ob Enron Mitsprache erwarb.
Pikanterweise nahm Volcker vor wenigen Tagen das Angebot von Andersen an, die Arbeitsweise der Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter die Lupe zu nehmen. Als Prüfer von Enron war Andersen infolge dessen Pleite heftig in die Kritik geraten. Nach Angaben des Unternehmens wird die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Volcker weitreichende Kompetenzen haben. Sie könne Arbeitspraktiken auf den Prüfstand stellen, Mitarbeiter entlassen oder neue anstellen.
Belastende E-Mail
Er behaupte nicht, dass Volckers Bitte um Geld für die IASB unsauber gewesen sei, sagte US-Senator Carl Levin. Levin leitet die Untersuchungsbehörde im US-Kongress und entdeckte die belastende E-Mail. Immerhin müsse sich die seit 2001 bestehende Organisation aus eigener Kraft finanzieren.
Derartige Zahlungen würden jedoch die Unabhängigkeit solcher Behörden gefährden, sagte Levin."Und das sind schlechte Nachrichten für eine zuverlässige Prüfung."
© 2002 Financial Times Deutschland
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