"Wann haben Sie das letzte Mal jemanden über Daytrading-Strategien oder den nächsten heißen dot.com-Titel plaudern gehört?"
Wenn ich in ein Mainstream-Board wie wallstreet-online sehe, habe ich schon den Eindruck, dass sich die Teilnehmer primär mit den Stars der letzten Blase beschäftigen. Das war in den 80ern NACH der Gold-Hausse auch nicht anders, als viele noch Goldminen nachhingen. Auch im"Börsen-Fernsehen" nimmt die Berichterstattung über Nokia, Infineon und Konsorten wohl ca. 90 % der Zeit ein, während Gold vielleicht 2 % der Zeit beansprucht. Hier eine Antizyklik contra Gold und pro dot.com konstruieren zu wollen ist lächerlich. Im übrigen: Die Leute plaudern heute auch nicht mehr viel über Tulpenzwiebeln und ich bezweifle dennoch, dass diese vor einer Renaissance stehen.
"Jetzt konzentriert sich das Getuschel wohl eher auf die Frage, was man als Katastrophen-Rückversicherung im Keller bunkern sollte - Gold- oder Silbermünzen? Oder vielleicht ein Sechs-Monats-Vorrat an Tiefkühlkost?"
s.o., es ist nach wie vor eine verschwindende Minderheit, die in diesem engen Markt"herumtuschelt".
"Diese Art zu denken war typisch für die Fünfzigerjahre, als die Angst vor einem Atomkrieg - so hieß damals das Schreckgespenst - eine intensive Nachfrage nach Atombunkern auslöste."
Na, da haben wir es doch, wer so denkt ist von Gestern, um nicht zu sagen von Vorgestern, ein unbelehrbarer Sektierer, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Nebenbei: Auch Leute, die in Argentinien USD unter der Matratze hatten, waren von Gestern.
"Die"Paranoia"-Portfolios, die ich allerdings bisher gesehen habe, basieren eher auf Gefühlen und Aberglaube als einer vorsichtigen Denkweise - und genau das stört mich."
Na, das ist doch mal ein deutliches Wort: Wer Gold und Silber kauft ist paranoid, läßt sich von Gefühlen und Aberglauben leiten - einfach nur krank, die Ärmsten. Gute Argumente brauche ich für diese Leute daher sicher nicht, sie verdienen vielmehr unser Mitleid. Dagegen weht auf der anderen Seite mit einer"vorsichtigen Denkweise" geradezu der Geist der Aufklärung.
""Katastrophen-Investitionen" sind ein gefundenes Fressen für Betrüger und die Medien."
Genau, böse Betrüger sind unterwegs, also schön bei der Hausbank sparen, da weiß man wenigstens, wen man unterstützt.
""Ich habe einen kleinen Bestand an überbewerteten Münzen, für die ich nicht annähernd so viel bekommen würde, wie ich vor 30 Jahren dafür bezahlt habe", so einer, der in den siebziger Jahren vorgesorgt hat."
So ist es, diese Art von"Vorsorge" ist doch nun wirklich eine Riesendummheit, verehrtes Publikum. Spricht diese Aussage nun eigentlich gegen Münzen, gegen überbewertete Münzen oder gegen dumme Käufer. Sind Münzen zur Zeit eigentlich überbewertet?
"Während diese Verluste noch überschaubar waren, erinnern sie mich doch daran, dass man mit dieser Investitionsart sehr vorsichtig sein muss. Ein solcher Verlust kann erheblich größer ausfallen, wenn das von Ihnen gewählte"Anlagemedium" an Wert verliert."
Hä? Ok, das haben wir gelernt, es handelt sich nicht um ein Anlagemedium, sondern um ein"Anlagemedium". Ach ja, der Verlust kann erheblich größer ausfallen, wenn es an Wert verliert. Das kann einem - Gott sei's gedankt - mit Aktien nicht passieren.
"Der Goldpreis ist heute kaum mehr als ein Drittel dessen wert, was er zu Spitzenzeiten vor 22 Jahren auf die"Waage" brachte."
Wieviel von Ihrem Spitzenwert bringen denn eigentlich die oben erwähnten dot.coms auf die Waage? Naja, Gold ist also billig und deshalb bloß nicht kaufen. Hä? Richtig, erfolgreiche Investoren kaufen teuer und verkaufen billig, oder so ähnlich.
"Ein von mir willkürlich gewählter Edelmetall-Investmentfonds, der Van Eck International Investors Gold Fund, hat in den vergangenen zehn Jahren einen durchschnittlichen Jahresverlust von 4,5 Prozent erlitten - und das sogar noch nach einem 37-Prozent-Anstieg in den letzten zwölf Monaten (31. Januar)."
Richtig, das wichtige Wort ist WILLKÜRLICH und bezieht sich nicht nur auf die Wahl des Fonds, sondern auch auf die Wahl des Zeitraums. Durch geschickte Auswahl kann ich jede, aber auch wirkich jede Argumentation untermauern. Man kann nur von Glück sagen, dass Technologie-Aktienfonds deutlich besser performt haben. Mir ist nur nicht ganz klar geworden, was uns der kenntnisreiche Autor hier genau sagen will. Was 10 Jahre schlecht war, muß auch weiter schlecht sein? Was 10 Jahre gut war, muß weiter gut sein (vgl. Japan in den 80ern, NASDAQ in den 90ern)? Interessanter ist doch die Frage, ob man mit diesem intellektuellen Dünnpfiff bei der FAZ wirklich Geld verdienen kann. Sollten dort nicht"kluge Köpfe" dahinterstecken?
"Schließlich tat ein Diskussionsteilnehmer das ganze Thema als"reine Zeitverschwendung" ab. Dem muss ich leider zustimmen."
Das Bedauern des Autors ist deutlich zu spüren.
"Der Zusammenbruch der Zivilisation gehört eben wohl zu den Risiken, gegen die man sich nicht sinnvoll absichern kann."
Vielleicht kauft man Gold und Silber nicht ausschließlich für kommende Katastrophen. Es sind doch, wie wir lernen durften, ganz profane Rohstoffe, die jüngst eine hübsche Performance und eine beeindruckende relative Stärke gezeigt haben. Mir scheint, einige Autoren sehen in Gold immer noch etwas anderes als den profanen Rohstoff, oder warum die ganze Aufregung?
Schönen Tag Euch allen.
JLL
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