Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat Außenminister Joschka Fischer die USA vor einem Angriff auf den Irak gewarnt. Dabei kann sich Fischer sowohl auf die europäischen Partner berufen und auch in Russland wird die Kritik an den USA lauter.
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Langsam findet der Oberdiplomat Joschka Fischer zu deutlichen Worten gegenüber den USA
Berlin - Fischer zweifelte in einem Interview mit dem SPIEGEL vor allem die Legitimation für einen Angriff auf den Irak an."Mir hat man bis jetzt keine Beweise präsentiert, dass der Terror des Osama Bin Laden mit dem Regime im Irak zu tun hat", sagte Fischer. Er fügte hinzu:"Die internationale Koalition gegen den Terror ist für sich allein kein Freibrief für eine Invasion in irgendeinem Land - erst recht nicht im Alleingang." Bei dieser Position sei er sich"mit allen europäischen Außenministern einig".
Fischer kritisierte auch die geplanten Rekordausgaben der US-Administration für neue Militäranstrengungen. Diese seien"Ausdruck eines verkürzten militärischen Sicherheitsbegriffs, und der greift viel zu kurz". Dieses Geld, meinte der Außenminister,"fehlt dann für eine viel dringendere Aufgabe bei der Friedenssicherung: sozialer Ausgleich und mehr Gerechtigkeit für ärmere Weltregionen."
Iwanow plädiert für UN-Lösung
Bei seiner Kritik ist Fischer nicht allein, denn in der gesamten Eurpäischen Union wächst der Unmut über die amerikanische Außenpolitik. Der EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, rief die Amerikaner zur Besonnenheit auf. Was bei möglichen nächsten Schritten im Auge behalten werden sollte,"ist die Notwendigkeit, die breite internationale Anti-Terror-Koalition aufrechtzuerhalten", sagte Solana der"Bild am Sonntag".
Auch der EU-Ratsvorsitzende Jose Maria Aznar forderte Europäer und Amerikaner auf, ihr Bündnis neu abzustimmen."Gegen den Terrorismus haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten getan, was wir tun mussten", sagte der spanische Ministerpräsident in einem SPIEGEL-Interview. Jetzt jedoch sei für die Europäer der Zeitpunkt gekommen, über die neue Vision der amerikanischen Außenpolitik zu diskutieren. Auch Solana ging auf Distanz zu US-Präsident George Bush, der Irak, Iran und Nordkorea als"Achse des Bösen" bezeichnet hatte. Dies sei"nicht unbedingt ein Ausdruck, den die Europäer gebrauchen würden", sagte der EU-Beauftragte.
Ähnlich kritisch äußerte sich auch der russische Außenminister Igor Iwanow und warnte Washington vor einem einseitigen Vorgehen gegen den Irak. Russland habe sich immer dafür ausgesprochen,"die Irak-Frage auf der Basis einer strikten Anwendung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zu regeln", sagte."Der Irak muss auf die Appelle der internationalen Gemeinschaft hören", ergänzte Iwanow. Die Waffen-Kontrolleure der UN müssten in das Land zurückkehren, damit die Sanktionen gegen den Irak aufgehoben werden könnten. Iwanow räumte ein, dass sich ein konstruktiver Dialog mit Bagdad sehr schwierig gestalten könnte.
"Erbe des kalten Kriegs"
Iwanow hatte die Vorstellung des US-Präsidenten George W. Bush von einer"Achse des Bösen" Irans mit dem Irak und Nordkorea in einem Interview mit der französischen Zeitung"Le Figaro" als ein"Erbe des Kalten Krieges" bezeichnet. Der Terrorismus müsse auf der Grundlage der UN-Charta bekämpft werden, und Afghanistan dürfe nicht als"systematischer Präzedenzfall" dienen, sagte er.
Unterdessen zeigte sich die Bush-Regierung der Unterstützung der Partner im Kampf gegen den Terror sicher. US-Vizepräsident Richard Cheney hatte zuvor erneut"aggressive" Schritte in Aussicht gestellt. Auf die jüngsten Berichte über einen bevorstehenden US-Schlag gegen den Irak ging Cheney nicht direkt ein."Wir reden nicht über möglicherweise bevorstehende Aktionen", sagte Cheney."Aber wenn aggressive Schritte nötig sind, erwarte ich, dass es entsprechende Unterstützung sowohl vom amerikanischen Volk als auch von der internationalen Gemeinschaft gibt."
IN SPIEGEL ONLINE
· USA versus Irak: Die Wut der Freunde wächst (15.02.2002)
· Patten-Kritik:"Wahre Freunde sind keine Speichellecker" (15.02.2002)
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