Hallo XS
Du schreibst:
Man muß klar Zins von Gewinn unterscheiden. Zins ist das (abgesehen von der heute winzigen Eigenkapitalrendite) was der Unternehmer ohne Gegenleistung an den Geldverleiher abführen muß. Während er für den Lohn an die Angestellten tatsächlich Arbeit als Gegenleistung bekommt, erhält er für den Zins schlicht und einfach nichts.
Kommentar
Steht es denn nicht jedem Unternehmer frei Kredit zu nehmen? Tatsächlich verspricht sich der Unternehmer wohl einen Vorteil von der Kreditaufnahme, weil er dieses zusätzliche Kapital produktiv einzusetzen hofft. In dieser Wahl ist er jedoch frei. Niemand zwingt ihn. Er könnte auch einen weiteren (Eigenkapital-)Partner aufnehmen, mit dem er den erwarteten Gewinn teilen müsste. Wenn er also zusätzliches Kapital benötigt, steht der Unternehmer immer vor der Alternative, Gewinn zu teilen oder Zinsen zu bezahlen. Das sind die sog."Kapitalkosten". Nur scheinbar nämlich"kostet" Eigenkapital nichts. Die Kosten des Eigenkapital sind vielmehr die entgangenen Erträge aus der nächst besseren Verwendung dieses Kapitals.
Du schreibst weiter:
Die Gegenleistung für den Geldverleiher ist schon dadurch gegeben, daß dieser das Geld kaufkraftstabil und ohne Risiko anlegen kann - alles was darüberhinaus geht, ist nicht legitimiert und leistungsloses Einkommen des Geldverleihers
Kommentar:
Diese Formulierung impliziert, dass dem Kapitalgeber sehr wohl ein Inflationsausgleich und ein Entgelt für sein (Kapitalverlust-) Risiko zugestanden wird. Ohne Geldentwertung und ohne (Kapitalverlust-) Risiko stünde ihm also kein Entgelt zu. Warum eigentlich? Der Kredit setzt den Unternehmer in die Lage mehr zu verdienen. Warum soll der Kapitalgeber nicht einen fixen Anteils dieses Mehrverdienstes als Gegenleistung fordern? Wenn es keine Geldentwertung gibt, wäre sein Kapital schließlich auch"unter der Matratze" gut aufgehoben wo es auch jederzeit verfügbar ist.
Und Du schreibst:
Etwas ganz anderes davon ist der Gewinn des Unternehmens, der erst NACH Abzug der Kapitalkosten übrigbleibt und aus der Arbeitsleistung des Unternehmers resultiert - der Unternehmerlohn!
Kommentar:
Hier klingt etwas an, über das man nachdenken sollte. Steuer-systematisch werden die Zinsen beim Empfänger besteuert. Aber man kann durchaus darüber nachdenken bei Unternehmen den sog. Gewinn vor Steuern und Zinsen (EBIT) zu besteuern.
Und weiter geht's:
Nein, weil Fremdkapital zwar im heutigen flaschen System mit Zins verbunden ist - was jedoch nicht so sein muß. Dann nämlich, wenn der Geldbesitzer dem Warenbesitzer/Arbeiter/Unternehmer gleichwertig gegenübersteht und froh ist, sein Geld freiwillig ZINSLOS investieren zu können.
Kommentar:
Ob Zinsen sein müssen oder nicht, weiß ich nicht. Ein Wirtschaftssystem ohne Kredit (also nur mit Eigenkapital) ist prinzipiell vorstellbar. Sicherlich müssen wir davon ausgehen, dass Kapitalgeber freiwillig ihr Kapital eben sowenig zinslos zur Verfügung stellen wie Arbeiter und Angestellte ihre Arbeitskraft freiwillig ohne Lohn bereitstellen. Denn mit der Bereitstellung von Kapital verzichten die Kapitaleigner auf alternative Verwendungen und sei es nur die, dass sie es auf die Spielbank tragen.
Und zum Schluss:
Aufgabe des Geldes ist es, als Tauschmittel zu fungieren. Wenn es festgehalten und gehortet wird, kann es diese Aufgabe nicht mehr erfüllen. Es muß also irgendwie in den Geldkreislauf gelockt werden, was heute mit Zins passiert, in einer stabilen Ordnung jedoch mit einer Umlaufsicherung geschehen wird.
Kommentar:
Schon Aristoteles hat im Geld mehr gesehen als nur ein Tauschmittel. Aber hier kommen wir klar in den Bereich des Normativen. Meinerseits zugestanden wird, dass die singulären Erfahrungen mit Freigeld nicht durchweg schlecht sind. Zwei nachhaltige Probleme sehe ich: Die Kapitalbildung wird durch die Umlaufsicherung gebremst, darunter haben letztlich auch alle mir bekannten Freigeldsysteme (Schwanenkirchen, Wörgl und Alberta, Kanada) sehr gelitten. Für mich persönlich schwerer wiegt, dass die Umlaufsicherung mich in meiner persönlichen Dispositionsfreiheit einengt. Die Freigeldlehre übersieht völlig, dass es eine lebensalter-abhängige Liquiditätspräferenz gibt und, dies ist einer der Kritikpunkte von Keynes, mit der Einführung des Stempel-Geldes sehr schnell Geldsurrogate entstehen würden.
Schließlich gehört zu diesem Punkt die Einsicht, dass die laufende Geldentwertung defacto auf das geforderte Stempelgeld hinausläuft.
Zurück zum Hauptpunkt:
Um nichts anderes geht es bei der Zinsfrage. Ist es gerechtfertigt, daß jemand durch Zins ein automatisch wachsendes Einkommen erzielen kann - nachdem der Inflationsausgleich und sein Risiko abgegolten sind?
Kommentar:
Eigentlich sollte die Frage lauten: Ist es gerechtfertigt, dass jemand mit Kapital Einkommen erzielt? Der Unterschied zwischen Fremdkapital und Eigenkapital ist ein rechtlicher, kein prinzipieller.
Popeye
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