Liebes Orakel,
hier noch einmal mein Text aus radikal konstruktivistischer Sichtweise über das, was wir über die Börse aussagen können und über das, was wir nicht können.
"Ich glaube, viele Diskussionen gehen schlichtweg von einer falschen Voraussetzung aus. Konkret: Ich denke, hier liegt ein erkenntnistheorisches Missverständnis vor. Konkret: Ihr verwechselt die Vorstellung, die wir uns von der Welt machen, mit der Welt selbst.
Hier hat bereits Kant gesagt: Wir können niemals wissen, wie die Welt an sich ist. Soll heißen: Die Welt ist, wie die Welt ist. Ende der Diskussion.
Wir können uns jedoch ein Bild von der Welt machen, welches folglich jedoch niemals unabhängig von unserem Vorstellungsvermögen ist. Hier wieder Kant: Unser Verstand arbeitet gesetzmäßig, deswegen ist die Natur für uns (!) auch gesetzmäßig. Wie sie jedoch wirklich ist, nobody knows.
Kant: Der Verstand schöpft seine Gesetze nicht aus der Natur, sondern er schreibt sie dieser vor.
So, und wäre es nun nicht eigenartig, wenn wir die Gesetzmäßigkeiten, die wir in uns tragen, nicht immer wieder in der Natur finden würden? Nein, ich denke, wir müssen (!) sie sogar immer wieder finden. Doch was soll uns das anderes sagen als dass wir gerade dabei sind, zu beobachten und zu analysieren...
Und nun auf die Börse bezogen: Wir alle tragen Vorstellungen von Linien, Dreiecken, Wimpeln und sonstwas in uns. Und genau deswegen sehen wir auch überall in den Dingen, die unabhängig von uns sind, Linien, Dreiecke und Wimpel.
Doch das sagt uns natürlich nichts, aber auch überhaupt nichts über die Wirklichkeit oder über Gesetzmäßigkeiten in der Wirklichkeit, sondern nur, dass wir mit jedem Blick in die Wirklichkeit auch immer irgendwie einen kleinen Blick in den Spiegel werfen!
Nun zu den Fraktalen und Apfelmännchen: Wer Paul Watzlawicks"Wie wirklich ist die Wirklichkeit" gelesen hat, der wird nun auch hier eine Beziehung herstellen können. Denn je weiter wir ins Detail gehen bei unseren Analysen und Beobachtungen, umso mehr sehen wir letztlich nur noch uns selbst, nämlich unsere Tätigkeit des Beschreiben von Beschreibungen von Beschreibungen von Beschreibungen = Grafisch abgebildet als Apfelmännchen und Seepferdchen.
Am Aktienmarkt findet der menschliche Geist, der ja eigentlich schon viel früher gescheitert ist, seine definitive Grenze. Hier können wir zwar sehen, was passiert, aber es nicht mehr deuten und es schon gar nicht prognostizieren."
Es grüßt
Der Diplomand
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