Zunächst, die Redlichkeit verlangt das Eingeständnis, dass keine Analysemethode perfekt oder unfehlbar ist.
Da wäre nämlich die Börse abgeschafft.
Das Gegenteil ist der Fall. Wir tasten alle mit einer langen Stange im Dunkeln wenn es um zukünftige Entwicklungen geht und wir können bestenfalls grobe Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Ereignisse nennen.
Das ist leider ziemlich falsch. Natürlich kriegen wir es nicht so detailliert
hin, daß Jükü morgen sagt Commerce One ist jetzt in Welle 1, sie beginnt morgen bei 1,96 und am 21.08.2003 muß man sie verkaufen, weil dort die Welle 5 zu Ende
geht. Der Kurs dieser Aktie liegt dann aber bei 5 Dollar.
So etwas geht nun mal nicht.
Vielleicht mal kurz dargestellt.
Selbst Kostolany sagte mal muß nicht immer Recht haben, es kommt darauf an, wann und wo und wieviel in der Tasche bleibt. Wer 75% Treffer erreicht
täuscht sich in 25% aller Fälle. Die Verluste aus den 25% können höher sein als die Gewinne aus den 75% der Treffer.
Ferner: da Du ja gerne über die Psychologie sprichst: es kommt darauf an, wie
Jemand veranlagt ist. Es gibt unverbesserliche Trader die 3-5 mal 2€ aus einer Steigerung mitgenommen haben obwohl ganze 16 möglich wäre, und diese wollen dann um jeden Preis mindestens 8 - übersehen aber dabei die Marktdaten.
Jede Chartanalyse basiert auf markt-psychologischen Vergangenheits-Betrachtungen und versucht typische Grundmuster, die sich im Kursverlauf niederschlagen zu normieren, um mit Hilfe dieser Normen die zukünftige Entwicklung (eines Kursverlaufes) zu prognostizieren.
Etwa 75% aller Aktien bewegen sich aber nun mal in gewissen Rahmen der Vergangenheit. Was die Chartanalyse nicht schafft, muß Risikobegrenzung
und Sorgfalt hergeben.[/b]
Dass Psychologie in allen Märkten wirksam ist bezweifelt nur ein Dummkopf. Dass es typische psychologische Verhaltens-Grundmuster gibt (Neid, Angst, Hoffnung, Panik, Verzweiflung), die in jeder Marktphase wirksam sind, wird kaum jemand bezweifeln. Aber, und nun wird es kritisch - auch die prognostische Fähigkeit jeder Chartanalyse zieht ihre"Weisheit" aus der Vergangenheit.
Das läßt sich kaum bezweifeln, dennoch sollte man nicht pauschal verurteilen,
daß charttechnische Analyse einfach deswegen als obsolet zu bezeichnen.
Die meisten Menschen die Charttechnik nutzen, nutzen sie unter falschen
Angesichtspunkten. Ein Freund von mir sagte hierzu:"...die meisten brauchen
eine Prognose für die Zukunft...". Im Grunde genommen ist bereits das falsches
Verhalten. Die Chartanalyse ist nichts Anderes als Wahrscheinlichkeitsrechnung
und Minimierung des Risikos.
Trader und Chartisten sind in dem Sinne keine Propheten, oder Orakels.
Sie sind Menschen die kurzfristig an der Börse agieren - und permanent Ihre Investments überwachen.
Ein kaufmännischer Grundsatz lautet: kaufe billig, verkaufe teuer.
An der Börse ist es nicht anders. Ein Kaufmann kauft auch selten Ware X
- ein Auto zum Beispiel - um es in 20 Jahren für das 20 fache zu verkaufen.
Er kauft ein Auto, um es per Wiederverkauf, gepaart mit eigenen Fähigkeiten
noch teuerer zu verkaufen.
An der Börse ist es genauso. Die Differenz zwischen Kauf und Verkauf
ist meine Rendite. Wir entscheiden lediglich viel öfters zu kaufen und zu verkaufen.
Die Vergangenheit kennen wir alle mehr oder weniger gut, aber Prognosen aus der Vergangenheit zu entwickeln geht eben nur, wenn sich die psychologischen Grundmuster der Vergangenheit identisch wiederholen.
Und ist das nicht so? Wenn eine breite Masse Aktie X zum Preis von 20 €
gekauft hat und diese sich nach einem Sprung auf 30€ wieder der 20 € Marke nähert, spiegelt sich die Kursschwankung sowohl in den Fundamentals wie
auch in der Charttechnik - von a bis z.
Wenn man annimmt, daß sich die fundamentalen Bedingungen nicht ändern, so ist
eine Aktie bei 20€ eine Kaufgelegenheit auch in der Zukunft. Viele vergessen aber durchaus gerne, daß wenn eine Aktie vor 2 Jahren 20€ bei KGV 50 stand,
daß es nicht zwangsläufig so ist, wenn eine Aktie jetzt ebenfalls 20€
kostet. Es kann sein, daß der KGV dann 500 beträgt, oder gar nicht mehr da ist. Bestes Beispiel ist die Telekom.
Doch viele halten hier Stopps oder wirken dabei diesen Widerstand durch neue Käufe bei diesem Niveau einzusteigen. Hier kämpft also der Bulle nicht etwa gegen den Bären. Hier kämpft er mit der Marktpsyche, der noch verbliebenen Investoren.
Und dies, liebe Freunde, ist (leider) genau so oft wahr wie es falsch ist.
Nicht in allen Fällen, wirkt das, doch ich nehme mal an Du verstehst es Dir
noch viel einfacher zu machen als wir. Du sagst wir warten auf unsere Unterstützungen, Widerstände und Wellen, genauso wie Indikatoren. Nein -
wir messen mit diesen Instrumenten lediglich die Wahrscheinlichkeit, wie wahrscheinlich es ist, daß es hier und da mal einen Abpraller gibt.
Genau das tut auch Jükü mit seinen Wellen, und hier muß man anmerken,
daß EWA noch ein klitzekleines bißchen anders die jeweiligen möglichen Kursziele bestimmt, als die klassische Charttechnik. Das gleiche ist es mit den Fibos etc.
Keine einzige Marktphase gleicht psychologisch einer anderen in einem statistisch relevanten Ausmaß.
Insofern Du meinst, daß die Gannanalysis, EWA Analysis, klassische
Charttechnik oder Fibonacci jeweils ganz andere Betrachtungsweise zu lassen,
so ist nahezu komplett falsch. Vielmehr ist es so, daß klassische Analyse
keineswegs aus der Vergangenheit Wendepunkte am ATH erkennen kann,
genauso wenig ist es EWA dazu in der Lage als erste einen Wendepunkt zu bestimmen. Sie schafft es schon, meistens aber zu spät im Vergleich zu
Markttechnik.
Ich habe mal gelesen, daß der Mensch Bildbetrachter sein soll und
sein Auge darauf geübt ist Standartsituationen für Gefahren blitzschnell
auszuwerten. Ebenso sucht das Gehirn immer unbewußt nach Überlebenschancen.
Und deswegen hebt man heutzutage mit Fettdruck bestimmte Infos, platziert
Werbebotschaften in der Zeitung am besten dort wo das Gehirn am ehesten Botschaften empfängt, damit es auch ankommt.
Bilder und Chartgrafiken sind deswegen gerade das was wir am schnellsten aufnehmen, wenn wir an unseren Fortbestand denken.
Da aber alles relativ ist, so täuschen wir uns auch zuweilen. Manchmal öfters
und manchmal wieder seltener.
Alles was wir zu irgendeinem Zeitpunkt sagen können ist: Es könnte so sein, weil es damals auch so war.
Wo ist der Unterschied unter so einem Angesichtspunkt, zu der allgemeingeläufiger Meinung der Fundis und Aktienfanatikern, die behaupten
Aktien steigen immer - man muß nur warten?
Grob gesagt:
Meinungen sind wie Arschlöcher. Jedes hat eine. (sorry für den Ausdruck).
Was uns als Erkenntnis bleibt, wenn wir nun mal alle Analysen kennen,
daß es lediglich sich nicht um Prophecy handelt, sondern um Taktik und Strategie.
Man sagt auch: Jemand der ohne Taktik und Strategie in den Krieg zieht, wird
diesen Krieg verlieren. So ist es jedenfalls mit den meisten Langfristlern
die von vornherein auf falsche Aktien gewettet haben. Ich will damit nicht sagen, daß es keine Charttechniker gibt die trotz bester Analysis pleite geworden sind, die meisten Chartisten durfte man jedoch in den 20% der Börsenprofiteure finden, gleich neben den Fundis die das Glück hatten
auf die richtige Aktie zu setzen.
Wer in Microsoft von 20 Jahren reinging, weil er PC´s toll fand und meinte
das wäre die Zukunft, hatte keine Ahnung, daß sich Bill Gates als nahezu genialer Boss herausstellt, der die Masse davon überzeugen konnte, ihm seine
Produkte abzunehmen. Es gibt aber auch Holzmannaktionäre, die dachten, da wir
ja immer tollen Aufschwung haben, so wird immer gebaut.
Wenn es andres wäre hätten die EW-Propagandisten längst die Taschen so voll, dass sie sich nicht mehr an der Börse tummeln müssten, getreu dem Motto: If you are so smart - why aren't you rich.
Nun: verzeih bitte, aber es ist immer wieder das platte Argument von Vielen.
Ich beweise Dir mal das Gegenteil. Wenn Förtsch immer Recht hätte, und alle Aktionäre Deutschlands jeweils nach der Empfehlung von Ihm 5000 Aktien gekauft
hätten, so würden 50% das Geschäft machen, 50% würden wieder Verluste machen.
Wenn also plötzlich alle Börsianer EWA gläubig wären, wäre es mindestens genauso. Es kommt auf die Auswertung der Unmengen der Informationen an, und
auch die Zeit wie ich darauf reagiere.
Ein rationaler Investor verwendet alle Informationen, derer er habhaft werden kann: Volkswirtschaftlich Grunddaten und Entwicklungen, Industriezweig-Informationen und firmenbezogene Daten und Planungen und vor allem beäugt er das Management kritisch. Er geht mit offenen Augen durch die Welt informiert sich über Produkte und Märkte und er schaut gelegentlich auch auf einen Chart.
Ja ausgerechnet die Politiker und EZB Fachleute machen das. Die Frage ist nur warum so etwas wie Intershop dann 150€ erreichen kann, obwohl sein Umsatz
1/100 tel seiner Umsätze ausmacht. Wo waren die rationalen Investoren
bei der deutscher Bank angesiedelt, als diese alles auf den Nemax schmiß was dahin wollte, als sie merkte, irgendwie handelt es sich nur um eine Webseite
die auf Werbung basiert und nicht einmal Profit aus den Verkäufen zieht sondern aus Pageview´s?
Noch eine Frage! Warum haben diese"Investoren" die gegenüber der gesamten Volkswirtschaft Verantwortung zu tragen haben überhaupt diese Blase es geschaffen, die der Gesamtbevölkerung klar alle Mittel aus dem Halse gerissen hat? Ein Herr Bräuer müßte doch wissen was das bedeuten muß, für die Volkswirtschaft, aus jedem Bürger Deutschlands T-Aktien Besitzer zu machen,
und daß durch diese Aktion erst wieder viel Geld angespart werden muß, damit die Menschen überhaupt erst irgendetwas in der Lage sind zu kaufen?
Niemand ist in Wirklichkeit auf diesem Gebiet tatsächlich vernünftig gewesen,
mehr noch, die wenigsten werden es jemals.
Charttechnik ist also keine Prophecy in dem Sinne, aber immer noch besser
als die gesamte Fundamentals mit etlichen versteckten faulen Eiern. Und am Ende bleibt noch zu sagen und zu betonen: wozu braucht der Jäger ein Gewehr, wenn
er so lange zielt, bis die Antilope ihm merkt, oder ablebt?
Wie der Name schon sagt: es ist eine Technik, eine Strategie oder eine Art mit eigenem Geld zu umgehen.
Und genaus aus dem Grunde kann ich Jüküs Standpunkt verstehen.
Sobald Du anfängst wahrhaftig ernsthaft sich von Charttechnik leiten zu lassen,
wirst Du merken, daß sehr oft versteckte Informationen der Finanzmärkte und Ã-konomie am schnellsten aus Aktienkursen abzulesen sind.
Ich gehe da noch einen Tuck weiter: da die Masse grundsätzlich immer falsch liegt, wird sie sich nicht ändern. Genauso wenig wird sich die Meinung zur Analysearten ändern. Die meisten werden EWA verspotten, noch mehr Menschen werden Gann verspotten, und am Ende kehren alle wieder zu den fundamentals,
genau also dorthin, wo sich kein Gewinn erzielen läßt, es sei denn man
hatte wirklich Glück.
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