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Die Verenigte Ostindische Compagnie mit Sitz in Amsterdam brachte erstmals Aktien heraus, die regelmäßig an einer Börse
gehandelt wurden (hier ein Papier aus dem Jahre 1665).
Foto: Freunde Historischer Wertpapiere, Wolfenbüttel
[Die Online-Ausgabe der SZ enthält das Foto nicht, deswegen oben eine Aktie von 1606, Dimi]
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Die Aktie wird 400 Jahre alt
Pfeffer und Zimt als Ausschüttung
Am 20. März 1602 kamen die ersten Anteilsscheine moderner Art heraus
Am 20. März 1602 wurde in Amsterdam mit der Verenigden Ostindischen Compagnie (VOC) die bis dato mächtigste Handelsgesellschaft der Welt gegründet. Zugleich war dies die Geburtsstunde der Aktie in ihrer heutigen Form, die damit genau an diesem Mittwoch 400 Jahre alt wird. Die VOC-Aktien waren so genannte Namenspapiere, über deren Besitz ein Register geführt wurde. Diese Aktien waren nach den Erkenntnissen von Wirtschaftshistorikern das erste „Dividende tragende Papier“, das regelmäßig an der Börse in Amsterdam gehandelt wurde. In den ersten Jahren konnten die VOC-Aktionäre jedoch nicht auf üppige Zahlungen in Geld hoffen: Stattdessen mussten sie bis 1645 mit exotischen Gewürzen wie Ingwer, Zimt oder Pfeffer vorlieb nehmen. In Zeiten, in denen seltene Gewürze oft in Gold aufgewogen wurden, brachte diese Form der Erfolgsbeteiligung vielen ein ansehnliches Vermögen.
Die Auszahlung in Naturalien brachten den frühen VOC-Aktionären - anfangs waren es genau 2153 gewesen - schnell den Spitznamen ein: „Die Pfeffersäcke von Amsterdam“. Dass die Psychologie bei Aktienkauf und Börsenhandel eine herausragende Rolle spielt, zeigte sich schon 1604, als die ersten Schiffe der VOC dann endlich in See stachen. Allein die Hoffnung auf satte Gewinne aus dem Überseehandel hatte den Kurs der Aktie innerhalb von zwei Jahren um fast 40 Prozent in die Höhe schnellen lassen.
Euphorie endete im Crash
Wie im „Kursbuch Spekulation“ von Jürgen Gaulke (Fischer Taschenbuch Verlag) weiter zu lesen ist, wurde die immer reichere Kompanie bald zum Staat im Staate. Sie drängte die Portugiesen aus dem Geschäft, indem sie einfach bessere Preise bot. Die 17 leitenden Herren der Kompanie residierten in einem Palast in Amsterdam. 1612 konnten 57,5 Prozent Dividende gezahlt werden. Insgesamt wurden bis 1682 fast 1500 Prozent des Grundkapitals als Dividende ausgeschüttet. Zusätzlich konnten pfiffige Aktionäre von den Kursschwankungen der Aktie profitieren: Kurssprünge von 30 Prozent an einzelnen Tagen waren nicht selten. Der Grund: Die wechselnden Nachrichten von dem Schicksal der Schiffe boten genug Platz für Hoffnungen und Befürchtungen.
Dieses Nachrichtenspiel führte 1688 zum ersten Aktienkrach der Geschichte: Die Kompanie erwartete eine große Ladung. Der am Kap der Guten Hoffnung sitzende holländische Gouverneur hatte die von Indien kommenden Schiffe mit schwerer Fracht gesehen und meldete dies nach Amsterdam. Dort kam die Nachricht schneller an als die Schiffe: Die Erwartung der Fracht ließ die Aktienkurse in nie zuvor gesehene Höhen steigen. Doch wenig später kamen schlechte Nachrichten: Die Flotte erlitt Havarien und musste vom Kap der Guten Hoffnung nach Batavia zurückkehren. Dann hieß es, viel mehr Schiffe würden unversehrt nach Amsterdam zurückkehren.
Doch schließlich erreichten nur wenige Schiffe Holland. Auch der Verkauf der Waren enttäuschte die Spekulanten: Sie hatten auf einen Erlös von 50 Tonnen Gold gehofft, doch es kamen nur 35 Tonnen zusammen. Ein letztes tat schließlich das Gerücht, der französische König Ludwig XIV. plane einen Krieg gegen Holland: Die Spekulanten verloren das Vertrauen in die Aktie, es kam zu einem Kurssturz.
Unter den Opfern des Aktienkrachs war auch der Dichter, Philosoph und Spekulant José de la Vega. Der Sohn spanisch-jüdischer Flüchtlinge hatte sich dreimal ein Vermögen zusammenspekuliert, es aber dreimal wieder verloren. Sein Buch „Die Verwirrung der Verwirrungen“ gibt ein Bild der Amsterdamer Börse im 17. Jahrhundert. Es ist zugleich ein philosophisches Werk und eine Reportage. Die Kompanie entwickelte sich nach dem Crash wirtschaftlich dennoch bestens weiter, auch wenn die meisten Spekulanten fortan die Finger von der Aktie ließen. 1639 wurde das indische Madras erworben, später auch noch Bombay. Um 1700 ging die Gesellschaft nach Kalkutta. Erst im Jahre 1799 ging die VOC im Kampf gegen die übermächtig gewordene britische „East-India Company“ unter.
Andreas Framke (dpa)/SZ
<ul> ~ http://szarchiv.diz-muenchen.de/REGIS_A14030566;internal&action=body.action</ul>
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