Hallo Zardoz!
Danke für Deine Antworten und Antwortversuche auf meine Fragen. Für mich scheint sich das Thema auszuweiten, statt durch erste Ansätze, Wege mir in Deine Vorstellungen aufzuzeigen, die Grundlage einer Umsetzung werden könnten.
Uwe:[i]...Ich vermute hier werden schlichtweg Parteien und Staat zusammengewürfelt, was nach unserer Verfassung leider auch nicht verwunderlich sein kann. Die Parteien versprechen und ihre Glaubwürdigkeit wird leider infolge unseres Wahlsystems nicht ernsthaft hinterfragt oder besser ihre Nichtglaubwürdigkeit konsequent"geahndet".
Zardoz:[i]...da muß ich Dich aber gleich einmal fragen, was denn der"Staat" Deiner Meinung nach ist? Die gängige Definition kenne ich natürlich: Staatsvolk, Staatsgebiet, Staatspräsident, Staatsregierung... Hymne, Flagge und dergleichen Schabernack. Und die nächste Frage wäre dann sofort die nach der"ahndenden" Instanz!?[/i][/i]
Also den Staat durch seine Symbole oder die von ihm vorgebrachten Institutionen zu erklären, muss m.E. natürlich in einen Teufelskreis führen. Wichtig scheint mir, die Definition vorurteilsfrei von dessen Aufgaben her zu beschreiben, um herauszufiltern zu versuchen, wo er von Nutzen sein kann und wo eben er es nicht sein kann. Aufgaben werden wir wohl finden, ob es nun letztendlich den Staatsaufgaben oder"Strukturverwaltungsaufgaben" sein werden, kommt auf die zu findende Begriffsdefinition an. Gemeinsam haben diese Aufgaben allerdings, dass sie nicht als"Free Lunch" zu haben sein, um eine Schlußtextphrase aus Deinem Beitrag an den Anfang zu holen.
Die"ahnende Instanz" sei das Volk, das den in Staatdiensten stehenden Personen eben kritisch auf die Finger schauen sollte und das ernannten Repräsentanten durchaus auch abberufen (versetzen) kann, wenn sich in einem Wahlkreis entsprechende Einsichten über diese Notwendigkeit Mehrheit verschafft.
Die Unabhängigkeit der Volksvertreter, die die Gewissensentscheidung ermöglichen soll, ist im Idealfall bestimmt ein hohes Gut, in der Praxis wird es jedoch m.E. zu häufig durch"Parteienzwang" und/oder Interessenkonflikte durch"Nebentätigkeiten" in Frage gestellt, so mein Eindruck als Beobachter.
Uwe:[i]...Kein Staat wird garantieren wollen, das die Märkte funktionieren, selbst das"sein" Markt funktioniert, dafür könnte er nicht garantieren oder ein Versprechungen abgeben.
Zardoz:[i]...Nein, stattdessen verspricht er, er könne alles noch viel besser als jeder Markt.[/i][/i]
Hier scheint Du speziell auf Systeme zu schauen, die die Planwirtschaft zum Staatsziel erheben, oder welche konkreten Vorgänge, die nicht parteipolitische geprägt sind, hast Du im Sinn, wenn wir z.B. an die Bundesrepublik Deutschland denken? Wo sagt der Staat, dass er es besser könne? Speziell für Deutschland bleibt mir festzustellen, dass ich wohl Parteien kenne, die sagen, sie könnten es"sozial verträglicher" gestalten, Maßnahmen einleiten, die Arbeitsplätze schaffen.....
Uwe:[i]...Die Gesetzgebung, die sich ein Staat gibt, ist somit von den Versprechen der Parteien (Koalitionen, Zweckbündnisse) getragen, die im demokratischen Staat durch Mehrheitsentscheid zur"Richtlinienkompetenz" bestimmt werden. Verträge und Beziehungen mit anderen Staaten unterliegend darüber hinaus weitergehenden Regeln und Rechten.
Zardoz:[i]...Mit dem saloppen"die sich ein Staat gibt" habe ich schon Probleme....
...Das Prinzip wirst Du schon verstanden haben: Es gibt keins. Zumindest kann ich keines für jedermann gültiges aufstellen. Daran haben sich auch schon viele versucht und sind gescheitert. Nicht einmal die 10 Gebote wurden oder werden von allen akzeptiert...[/i][/i]
In Anlehnung an H.Bölls Satire"Doktor Murkes gesammeltes Schweigen", ersetze bitte, wenn Du Dich an den Begriff Staat störst, in meinen Ausführungen und Fragen an Dich, diesen Begriff durch die Worte:"jene abgetrennte Einheiten/Strukturen" (mit den Deklinationen stoße ich natürlich an die gleichen Schwierigkeiten wie Dr. Murkes). Die Fragen bleiben die gleichen.
Mir fehlt die Phantasie, zu glauben, dass Menschen ohne Regeln auskommen können, so wie wir wissen, dass die Mehrzahl der Menschen eben nicht nur allein für das Allgemeinwohl ihre Arbeitskraft und Kreativität einsetzen, wenn ihnen nicht die Möglichkeit des persönlichen Vorteil geboten wird (Feststellung, keine Kritik).
Daher halte ich eben die Verbreitung der Vorstellung von einer funktionierenden (Kapitalismus-)Anarchie für genauso absurd, wie die von einem funktionierenden Kommunismus. Man sollte sich m.E. also darüber im Klaren sein, dass die Verbreitung dieser Ideen letztendlich ähnliche Resultate produziert, nämlich unerfüllbare Träume, die, versucht man sie umzusetzen, von"Profiteuren" ausgenutzt werden.
Zardoz:[i]...Solche Systemwechsel sind in aller Regel - hier muß ich Jürgen und anderen zustimmen - wohl nur mittels"Umbruch" möglich. Da das aber meinen zeitlichen Horizont aufgrund meiner beschränkten menschlichen Lebenserwartung bei weitem überschreitet, bleibt mir nur die theoretische Auseinandersetzung und der Kampf um das eigene Überleben. [/i]
Wie sich die Lebensumstände doch ähneln , obwohl über den Zeitpunkt eines"Umbruches" wohl genauso gerätselt werden kann, wie Kursstürze an den Finanzmärkten.
Uwe:[i]... ~ Welche Sezessionsschritte sind erforderlich (Bundesländer mit eigenen Außenbeziehungen, Regionalbünde mit wechselnden Außenbeziehungen)?...
Zardoz:[i]...Ich hoffe immer noch, daß die zunehmende Entwicklung in Richtung auf einen Weltstaat die Zentrale so weit von den Menschen entfernt, daß diese sich wieder auf sich selbst besinnen und lokal eigene Strukturen schaffen.[/i][/i]
Ich teile Deine Hoffnung, wenngleich es m.E. wichtiger ist, das"Krisenszenarium" zu denken.
[i]Zardoz:[i]...Wie diese aussehen könnten, darüber können wir gern spekulieren. Interessant finde ich schon die kürzlich in einer Spiegel-Serie dargestellte Geschichte des europäischen Mittelalters aus einer etwas anderen Perspektive. So dunkel war es damals wohl doch nicht - und es gab damals noch nicht die heutigen technologischen Möglichkeiten.[/i][/i]
Gerade der technologische Fortschritt fördert m.E. die Globalisierung und Konzentration von globalen Machtzentren, daher bin ich nicht sicher, ob Du gesellschaftliche Strukturen des Mittelalters transportieren kannst, so wie ich vermute, dass z.B. spezielle Gedanken des Karl Marx eben nur in einer bestimmten Zeitepoche und in einer dazugehörigen Struktur einen umsetzbaren Sinn ergaben. Diese, auf eine Situation mit abweichenden Randbedingung zu übertragen, kann zu einem Ergebnissen führen, die nicht beabsichtigt war, unterstellen wir einmal hypothetisch, dass sich Geschichtsabläufe planen lassen könnten.
Uwe:[i]... ~ Wie sind die Wegehoheiten? (NB.: übrigens auch eines der"übergeordneten Interessen", in diesem Fall des Marktes; es scheint nicht unbegründet anzunehmen, dass die Eisenbahn den staatlichen Zusammenschluss in vorvorigen Jahrhundert maßgeblich förderte)
Zardoz:[i]...Wo alles jemandem gehört wird das bei den"Wegen" nicht anders sein. Und wer gleich mit Grauen an den alten Wegezoll denkt, der liegt nicht so falsch. Denn kommen wird der sowieso, ob der Eintreiber nun Staat oder Autostrada SA heißt. Interessant an der Geschichte der Bahn ist noch, daß die einheitliche Spurweite sich nicht etwa per staatlicher Norm sondern aus rein marktwirtschaftlichen Gründen durchgesetzt hatte. Im übrigen kann ich Dir da nicht zustimmen, von der Reichsgründung 1871 bis zum ersten Weltkrieg gab es lediglich Länderbahnen. Und die Länder gab es auch schon lange vor den Länderbahnen. Also erst war der Staat, dann die Staatsbahn....[/i][/i]
Hier möchte ich doch bitten, mir die Stelle zu benennen, wo ich von Staatsbahnen schrieb. Du vermutest wohl, dass ich"in Staatsmonopolen denke". Das wäre vollkommen falsch. Genauso wie in unseren Tagen der europaweite"freie Gütertransport" organisiert wurde, genauso war es wohl Ziel der Eisenbahn, im Sinne ihrer Kunden,"hinderungsfrei" über"Kleinstaatengrenzen" zu kommen. Das die Länderbahnen schließlich in einem Staatsbetrieb überführt wurden, mag vielleicht mit an den Überlegungen der Militärs gelegen haben, dass es als militärisches Einsatzmittel natürlich auch ihrer Verfügungsgewalt unterstehen müsste.
Im übrigen weiß ich sehr wohl, dass es kein"Free Lunch" gibt, doch ob nun Wegezoll oder umgelegte Kosten das wirtschaftlichste Mittel sind, um Infrastrukturen verlässlich, effizient und überspannend aufrecht zu erhalten, darüber muss diskutiert werden.
Uwe:[i]... ~ Ist es erforderlich diese Schritte global durchzuführen oder können Regionallösungen Bestand haben? Wenn letzteres der Fall ist, wo beginnen?
Zardoz:[i]...Leider gibt es kein Rezept. Die einen bevorzugen den sogenannten Minimalstaat (wie das heutige Staatsmonster"zurückentwickeln"? wie ein erneutes Wachstum verhindern?), die anderen möchten das Recht der Sezession durchsetzen. [/i][/i]
Schade, dass Du hier kein (gedachtes) Szenarium vorstellen kannst, das mich Deine Vorstellung besser bewerten lässt, denn natürlich bin ich für die persönliche Freiheit, wenngleich ich die Notwendigkeit einsehe hinzuzufügen: »im Rahmen...«.
Diesen Rahmen so zu gestalten, sodass wichtige Freiheiten geschützt bleiben und dennoch sich nicht die gegenseitigen Freiheiten kontraproduktiv für das Gemeinwohl behindern, ist eigentlich, nach meiner Vorstellung, eine der Aufgabe eines Staates, an dessen Funktionieren jeder Bürger eigenes Interesse haben sollte. Die Staatsgrenze sollte als Begrenzung des Rechtsraums definiert sein und nicht als ethnisches Gebiet (mag diskussionsbedürftig sein, steht aber m.E. in keinem Widerspruch zu persönlichen Freiheiten).
Uwe:[i]...Es wäre für mich hilfreich, wenn Du die Zeit findest und die Lust dazu verspürst, einige meiner Fragen zu beantworten, da das Thema"Selbstjustiz" leider, aus meiner Sicht, in der Sackgasse landete.
Zardoz:[i]...Ach, das war unser Thema weiter unten? Hättest Du das doch gesagt... ;-)
Für mich ist es übrigens nicht weniger hilfreich sowohl Fragen beantworten zu dürfen als ebenfalls welche stellen zu können.
Was die Justiz betrifft sollte man sich zunächst einmal einen Überblick über die angebliche Kriminalität (qualitativ und quantitativ) verschaffen. Bei wieviel Delikten handelt es sich um Selbstschädigung (Drogen)? Wieviele zählen zur Kleinkriminalität? Was davon ist wiederum Folge der Diskriminierung von Drogenkonsumenten? Nachbarschaftsstreitereien? Wirtschaftskriminalität? Die wenigsten wissen z. B., daß die meisten Gewaltdelikte im Verwandten- und Bekanntenkreis stattfinden. Aber die meisten Bürger fürchten sich davor, Opfer fremder Gewalttäter zu werden.
Den überwiegenden Teil heutiger Kriminalität könnte man getrost sogenannten"Rechtsagenturen" (ähnlich Schiedsgerichten) überlassen und einen weiteren großen Teil durch"Entkriminalisierung" (Selbstschädigung) erledigen.[/i][/i]
Hier nun ein Einspruch, wenn Du beispielhaft die Drogenkriminalität allein als generelle Selbstbeschädigung abtust. Es gibt m.E. ein öffentliches Interesse, der den Schutz vor dieser Kriminalität fordert. Ich möchte das Themen über dieses Delikt nicht vertiefen, aber stellvertretend als einen Punkt anführen, für dessen Regelungen es wohl Mehrheiten zu sammeln gilt, und schon müssen wir die Frage nach diesen Entscheidungsgremien stellen, die diese Aufgaben erledigen, wenn eine ernsthafte Lösung gesucht werden soll, die das Empfinden der Mehrheit oder der Abgesandten wiedergibt.
Zardoz:[i]...Bestimmt kommen wir weiter, wenn wir nicht bei jeder Kleinigkeit nach dem Staat und nach neuen Gesetzen rufen, sondern uns einmal ernsthaft bei jeder Gelegenheit, bei der der Staat in Erscheinung tritt fragen, wieso das nicht auch ein Unternehmen leisten könnte..[/i]
Polemisch für die Beantwortung argumentiert (weil gerade in den jüngsten Stellungnahmen, die ich im Zusammenhang mit den Insolvenzen von der Geschäftsleitung von Herlitz gehört habe): Weil es eben die Unternehmen sind, die beklagen, dass sie vom Staat im Stich gelassen werden, wenn es um die Verluste geht.
Aber Du hast vollkommen recht, das"Anspruchdenken" gegenüber dem Staat muss sich auf das Recht der Gewährung im Rahmen von Gesetzen beziehen. Das diese Gesetze ausgeufert sind, daran ist eben m.E. nicht der Staat schuld, sondern die Parteien, die sich dieses Staates"bemächtigt" haben.
Zardoz:[i]...Kurz noch einmal zum eigentlichen Thema dieses Threads: Ja, ich denke die Staaten operieren auch innerhalb des Marktes. Sie haben sich halt zum Monopolanbieter für viele Dienste aufgeschwungen und verteidigen diese Monopole mit ihrer ganzen Staatsgewalt. Aber sie können die Marktgesetze von Angebot und Nachfrage nicht aufheben. Der Versuch wird wie der real existierende Sozialismus scheitern. Wie silvereagle (wo ist er überhaupt abgeblieben?) nicht müde wird zu betonen: There's no free lunch.[/i]
Soweit es die nationalen Interessen in unseren jetzigen Systemen betrifft, werden von den Staaten in der Tat entsprechende Einflussnahmen durchgeführt. Doch tritt der Staat wirklich als"freier" Initiant auf oder eben nur als Umsetzen des Verlangens der"heimische" Industrie? M.E. ist der Staat eben das ausführende Organ des Marktes, wo er sich in einem marktwirtschaftlich geprägtes Systemen darstellt.
Soweit es die Dienste angeht, die ein Staat zu erledigen hat, glaube ich, dass eine marktwirtschaftliche Organisation einer Behörde ebenso gute (wie auch schlechte) Dienste leistet, wie jedes Privatunternehmen, es ist eben die Motivationslage entsprechend zu gestalten.
Nochmals danke für Deine Antworten, Zardoz, die Du auf meine Fragen gegeben hast, doch wie eingangs bereits angedeutet, muss ich eingestehen, dass ich immer noch nicht erkennen kann, was Du willst. Muss an mir liegen, der mit dem Begriff eines Anarcho-Kapitalisten nicht viel anfangen kann.
Gruß
Uwe
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