Der Spiegel stellt zu recht und voller Süffisanz fest:
„Einen ungünstigeren Zeitpunkt für ihren Streik hätte sich die Gewerkschaft nicht aussuchen können. Seit sieben Jahren leidet die Branche unter einer verheerenden Krise. Der Bauriese Holzmann wird gerade abgewickelt, viele Unternehmen schreiben rote Zahlen, Branchenverbände kündigen einen ‚neuen Pleitenrekord’ an.
Und ausgerechnet jetzt trommelt die Gewerkschaft zum großen Arbeitskampf....
Für die Gewerkschaft geht es ums Ganze. Hat (Gewerkschaftsboss) Wiesehügel Erfolg, so kann er seinen Mitgliedern beweisen, dass die Organisation noch genauso kampf- und durchsetzungsfähig ist wie die Konkurrenz von Ver.di oder IG Metall. Verpufft der Ausstand aber ohne Wirkung, könnte es für die IG Bau das letzte Gefecht gewesen sein. ‚Dann bleibt denen nur noch, sich selbst aufzulösen, glaubt ein hochrangiger Arbeitgeberfunktionär.’“
Noch nie, auch nicht zu Zeiten der Hochkonjunktur in der Bauindustrie, wollte die IG Bau für höhere Löhne der Beschäftigen einen Arbeitskampf führen. Da musste man am guten Willen dieser Gewerkschaftsführer zweifeln.
Jetzt schicken sie die Lohnarbeiter der Bauindustrie in den Streik, wo jeder Angst um seinen Arbeitsplatz hat. Da muss man am Verstand dieser Gewerkschaftsführer zweifeln!
Sollte dieser Baustreik wirklich auch darum gehen, ob die Gewerkschaftssessel dieser unfähigen Bürokraten gerettet werden, würde alles noch schlimmer. Für die eigenen Interessen sollten die Kollegen nie streiken. Jetzt sollen sie für die Interessen dieser Gewerkschaftsbonzen streiken?
Das muss die Leute auf den Baustellen und in den Büros gegeneinander aufbringen, und die Arbeitgeber sehen diesem zwangsläufigen Streit zu und machen sich Notizen für ihre Kündigungsschreiben. Vielleicht bittet der eine oder andere Unternehmer die Gewerkschaftsführung sogar um einen „Arbeitskampf“, weil seine Auftragsbücher leer sind.
Aus dieser verteufelten Zwickmühle kommen die Lohnarbeiter der Bauindustrie nur noch heraus, wenn andere Gewerkschaften zu Solidaritätsstreiks aufrufen.
Da die Chancen dafür gering sind, werden wir in der zunehmenden Wirtschaftskrise auch eine zunehmende Krise der Gewerkschaften erleben.
Soll aber niemand sagen, daran wäre die Wirtschaftskrise schuld und nicht die „Gewerkschaftsführer“!
Wal Buchenberg, 11.6.2002
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