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<tr><td><font face="Arial"><font size=5>Das Parkettgespräch: Langer Bärenmarkt in Sicht
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LONDON, 4. Juli. Fondsmanager, die ihre Strategie mit volkswirtschaftlicher Theorie unterlegen, sind in der Londoner City selten, denn dort regieren Pragmatismus und Herdentrieb. Hugh Hendry von der Hedgefonds-Gesellschaft Odey Asset Management ist zudem ein Anhänger der österreichischen Schule, was ihn in der Heimat von Keynes zu einer noch ausgefalleneren Spezies macht. Mit den Lehren von Hayek und Schumpeter ausgerüstet, analysiert er die Marktentwicklung, und seine Schlußfolgerung ist eindeutig: An den Aktienmärkten kann es nur noch weiter runtergehen - schätzungsweise noch um 35 Prozent.
Dabei zieht er auch die Charttechnik zu Rate. Europäische Aktienindizes zeichneten seit Ende 1997 die Formation"Schulter-großer Kopf-Schulter" nach. Dies deute darauf hin, daß danach ein Absturz folge, der dem Unterschied zwischen dem Höchststand und der langfristigen Trendlinie mit umgekehrten Vorzeichen entspreche: also rund 35 Prozent. Der Bärenmarkt werde fünf bis zehn Jahre dauern, sagt Hendry. Der Aktienkult werde damit ausradiert.
Wer Hendrys Thesen als öffentlichkeitswirksame Schaumschlägerei abtut, sollte seine Fonds betrachten. Der traditionelle CF Odey European Trust, der keine Leerverkäufe vornimmt, liegt seit Jahresanfang mit 21 Prozent und im Dreijahresvergleich mit 57 Prozent im Plus. Der Odey European Inc., einer der ältesten Hedgefonds Europas, den Hendry zusammen mit dem Unternehmensgründer Crispin Odey verwaltet, hat seit Jahresanfang einen Wertzuwachs von 9,6 Prozent erzielt. Über fünf Jahre beträgt das Plus 119 Prozent. Seit Anfang Juni aber hat auch Hendry mit dem CF Odey European Trust Geld verloren."Seitdem die Kurse fallen, habe ich versucht, die 5 Prozent der Aktien zu finden, deren Wert gestiegen ist. Doch das gelingt mir inzwischen nicht mehr. Ich versuche, mich jetzt soweit wie möglich aus dem Aktienmarkt herauszuhalten."
30 Prozent seines Portfolios bestehen aus Staatsanleihen, vor allem aus der Schweiz und Großbritannien mit zehn Jahren Laufzeit. Daneben gehören Tabak-, Gold- und Bergbauaktien sowie Hausbauer zu seinen größten Werten. In Deutschland wählt er grundstoffnahe Unternehmen wie Südzucker oder Norddeutsche Affinerie. In Griechenland favorisiert er den Abfüller Coca-Cola Hellenic Bottling Company, die einen Großteil des russischen Marktes beliefert.
Diese Strategie hat ihre Wurzeln in Hendrys Grundthese, nach der die Zentralbanken dieser Welt, allen voran die Fed in Amerika, die Aktienmärkte mit Liquidität aufgeblasen haben. Nachdem die Anleger nun das Vertrauen in die Unternehmen und deren Anteile als Anlageform verloren hätten, flössen die Mittel in physische Güter wie Gold, Bodenschätze und Immobilien. Ihren Anfang nahm die Überversorgung mit Liquidität schon mit dem Ende der Goldkoppelung internationaler Reserven im Jahr 1971.
Seither habe vor allem die Fed immer wieder die Aktienmärkte über Zinssenkungen und die Verbraucher über halbstaatliche Agenturen wie Fannie Mae und Freddie Mac mit billigem Geld ausgestattet. Vor allem die letzte, von der Nasdaq angeführte Boomphase habe die Fed zu verantworten, denn im Zuge der Krise um Asien, Rußland und den Hedgefonds LTCM lockerte sie zum falschen Zeitpunkt den monetären Gürtel."Alan Greenspan spielte James Bond, der die Welt retten wollte." Daher würde es ihn auch nicht wundern, wenn die amerikanische Notenbank im Aktienmarkt jetzt als Käufer eingegriffen habe. Greenspan wisse um die hohe Liquidität im Umlauf. Daher sei"keiner derzeit mehr beunruhigt als er".
Trotz der niedrigen Preissteigerungsraten sei das Gespenst der Inflation nicht gebannt. Denn irgendwo müsse all das Geld hinwandern. Es bestünde zwar die Möglichkeit, daß die amerikanischen Konsumenten sich aufs Sparen besännen. Doch auch dies würde die Wirtschaft in die nächste, noch schlimmere Flaute stürzen. So zeichnet der Fondsmanager zwei düstere Szenarien: Entweder gebe es in Amerika mit allen weltweiten Konsequenzen eine lange Rezession, die auch zur Depression im Stil der dreißiger Jahre werde könne. Sie würde ausgelöst durch Konsumzurückhaltung in Amerika, führte zu Deflation und noch niedrigeren Zinsen. Oder es komme zu hoher Inflation, weil die Notenbanken mit Blick auf die Aktienmärkte trotz fortgesetzter Konsumfreude die Zinsen niedrig hielten, so daß die Anleger am Ende jegliches Vertrauen in Papierwerte verlören. Für diesen Fall sagt er die Rückkehr zum Goldstandard in den nächsten zwanzig Jahren voraus."Einen Mittelweg sehe ich nicht. Ich wünschte, die Fed hätte die Zinsen früher erhöht."
Seine Ansichten untermauert Hendry auch privat: Trotz der Rekordpreise sieht er sich nach einem Haus um, das er mit einem hohen Hypothekenkredit finanzieren will. Denn entweder sinken die Zinsen, oder die Inflation wertet die Schulden ab.
CHRISTIAN SCHUBERT
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.07.2002, Nr. 153 / Seite 21
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