Hi,
heute FAZ archivieren. Es lohnt sich! Denn wir lesen ungemein Erbauliches:
Das Ende der goldenen Jahre
Von Jürgen Jeske
Der anhaltende Fall der Aktienkurse, spektakuläre
Unternehmenszusammenbrüche wie der des amerikanischen
Telefonkonzerns Worldcom, Bilanzmanipulationen in
renommierten Firmen und die Raffgier von Managern werden
von mehr und mehr Menschen als Zeichen einer größeren
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise empfunden.
Droht nach einem der längsten Wirtschaftsaufschwünge der
neueren Geschichte nun ein langwieriger Niedergang? Bricht
nach goldenen Jahren, die Reichtum für jedermann zu
versprechen schienen, eine bleierne Zeit der Depression an? Ist
der Kapitalismus nach seinem Triumph dabei, sich selbst zu
zerstören, wie viele meinen? Kehrt nach einem historisch
kurzen Augenblick von Deregulierung und Liberalisierung der
Staatsinterventionismus zurück? Schlägt jetzt wieder die
Stunde der alten Gegner und Kritiker freier
Wettbewerbswirtschaft, die angesichts einiger krimineller
Verfehlungen ihre Vorurteile gegenüber Unternehmern und
Börsianern aufs schönste bestätigt sehen?
Manches deutet darauf hin, daß die Börsenbaisse ihren
Tiefpunkt noch nicht erreicht hat.</b Das Vertrauen der Anleger
nimmt mit jeder Nachricht über neuentdeckte
Bilanzmanipulationen oder enttäuschte Erwartungen weiter ab.
Es ist daher nicht auszuschließen, daß bei anhaltenden
Kursrückgängen und damit verbundenen Vermögensverlusten
eine [b]zweite Rezession folgt. Niemand kann in dieser Welt voller
politischer Spannungen und wirtschaftlicher Umbrüche die
Zukunft vorhersehen. In Japan zieht sich - wenn auch unter
anderen Voraussetzungen - die wirtschaftliche Flaute nach dem
Zusammenbruch der Immobilienspekulation immerhin schon
über mehr als ein Jahrzehnt hin.
Die gegenwärtige Wirtschaftsmisere ist mehr als ein
Konjunkturtal. Das überraschende Ausmaß der Verwerfungen
erklärt sich eher aus der besonderen Konstellation, in der
konjunkturelle Ursachen mit anderen Einflüssen
zusammengetroffen sind. Dazu zählen die noch nicht
bewältigten Strukturveränderungen aus der Globalisierung, der
Zusammenbruch der beispiellosen Überinvestitionen in
Telekommunikation und Internet einschließlich der damit
verbundenen Börsenspekulation, die Bedrohungen durch
Terrorismus und schließlich der starke allgemeine
Vertrauensverlust in den amerikanischen Kapitalismus, der
zuvor als Symbol für die vermeintlich Neue Ã-konomie stand.
Möglicherweise deutet sich auch schon das Ende des
Innovationszyklus an, der das vergangene Jahrzehnt bis hinein
in das neue Jahrtausend geprägt hatte.
Daß dies alles Erinnerungen an den großen Krach von 1929
und die anschließende Weltwirtschaftskrise wachruft, ist nicht
verwunderlich. Wer das Buch des amerikanischen Ã-konomen
Galbraith über diese Börsenkatastrophe wieder liest, wird
verblüfft sein über die Ähnlichkeiten: angefangen von der
Technikeuphorie, dem massenhaften Spekulationswahnsinn,
der Illusion fortwährender Prosperität, den politischen
Fehlentscheidungen bis hin zur anschließenden Suche nach
Schuldigen in der Banken- und Börsenwelt.
Vieles spricht aber dafür, daß sich 1929 nicht wiederholen
wird. Die internationale Krisen-Zusammenarbeit im
Finanzbereich funktioniert. Die Geldmenge wächst - anders als
damals, als sie schrumpfte. <font color="FF0000">Mit Staatsanteilen von 30 bis 50
Prozent der Wirtschaftsleistung</font> sind Krisen zu verhindern -
falls sie richtig und rechtzeitig gesehen werden. Verblüffend
bleibt nur, daß aus früheren Spekulationsorgien und
Massenillusionen so wenig gelernt wird. Offenbar muß die
Menschheit immer wieder neu durch Schaden klug werden.
Die gegenwärtigen Vorgänge an den Börsen und in der
Unternehmenswelt ziehen in Amerika bereits neue gesetzliche
Regelungen und Kontrollen nach sich, ähnlich wie in den
dreißiger Jahren, als nach der Depression das Börsenwesen
schärfer reguliert wurde. Das mag im Einzelfall richtig sein.
Doch der Blick auf Amerika zeigt auch, daß Gesetze und
Börsenaufsicht erstens die Risiken für die Anleger nicht
gemindert haben und zweitens Manipulationen nicht verhindern
konnten. Vor einer neuen Regulierungswut kann daher nur
gewarnt werden. Der Werteverfall in der Gesellschaft, der in
vielen Verfehlungen zum Ausdruck kommt, kann damit nicht
aufgehalten werden. Der liberale Gesellschaftstheoretiker
Dahrendorf hat zu Recht darauf hingewiesen, daß neue
Regelungen nur wenig bewirken werden; das Entscheidende sei
die Wiederherstellung des Vertrauens. Dazu bedarf es vor allem
einer rigorosen Aufdeckung und Verfolgung der
Unternehmensskandale. Nur so kann ein Selbstheilungsprozeß
in Gang kommen.
Die Vermutung, daß sich der Kapitalismus jetzt selbst zerstören
könnte, rührt daher, daß über das Gerede von der Neuen
Ã-konomie der Konjunkturzyklus ebenso in Vergessenheit
geraten ist wie die Tatsache, daß jede Übertreibung am Markt
irgendwann korrigiert wird. Immerhin haben die verschiedenen
Ausprägungen des Kapitalismus, dessen gewaltige Dynamik
schon Marx erkannte, bisher noch alle Krisen und Kriege
besser durchgestanden als der Sozialismus, der weitgehend
verschwunden ist. Nein, das Ende des Kapitalismus ist
ebensowenig in Sicht wie das Ende der Geschichte, auch wenn
die goldenen Jahre illusionären Überschwangs zunächst vorbei
sind. Die Geschichte zeigt, daß Krisen nicht nur bestimmte
Entwicklungen abschließen, sondern zugleich neue
Entwicklungsabschnitte eröffnen.
Damit beantwortet sich auch die Frage, ob der Neoliberalismus
als wirtschaftspolitische Ordnungsvorstellung ausgedient habe.
Die angeblich Neue Ã-konomie hat weder die ökonomischen
Gesetze außer Kraft gesetzt, noch kommt sie ohne die alten
Tugenden aus. Deshalb bedarf es jetzt auch nicht neuer
wirtschaftspolitischer Vorstellungen oder gar der Rückkehr zu
dem verbrauchten Ideengut des Staatsinterventionismus, selbst
wenn die Versuchung dazu groß sein sollte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2002, Nr. 173 / <font color="FF0000">Seite 1</font>
Dazu dieses vom selben Tag (heute):
Der Kurssturz an den Börsen wird
zum Risiko für die Konjunktur
Börsianer hoffen auf Hilfe durch die Notenbanken / Die
Gerüchteküche brodelt / Der Bericht vom internationalen
Finanzmarkt / Von Holger Steltzner
FRANKFURT, 28. Juli. Bloß kein Risiko eingehen: So lautet
in diesen Tagen das Motto der Anleger. Die Baisse zwingt
immer mehr Versicherungen und Pensionsfonds zu
Notverkäufen von Aktien. (...)
Auf überstürzte Zinssenkungen der
Europäischen Zentralbank sollte und darf nicht gehofft werden.
Die EZB wird erst einmal ihr Pulver trocken halten, um im Falle
eines sich beschleunigenden Kursverfalls des Dollar reagieren
zu können. Die Spielräume der Fiskalpolitik sind begrenzt.
Wegen der schwachen Konjunktur brechen die
Steuereinnahmen weg. <font color="FF0000">Wenn in der Not noch mehr Schulden
gemacht und dadurch am europäischen Stabilitätspakt gerüttelt
werden sollte, dann werden dies alle Länder der
Währungsunion in Form von steigenden Renditen aufgrund
aufkommender Inflationsfurcht teuer bezahlen müssen. Zum
Prüfstein für den Stabilitätspakt wird, wie die Gemeinschaft
mit der Defizitverletzung Portugals verfahren wird.</font>
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2002, Nr. 173 / [/b]<font color="FF0000">Seite 26[/b]</font>
Resümee:
<font color="0000FF">Die FAZ ist komplett von der Rolle. Der Herausgeber (Jeske) weiß nicht mehr, was in seinem Wirtschaftsteil (Steltzner) steht und umgekehrt.
Der eine glaubt, Mega-Staatsanteile (bis 50 %) wären der Automatismus, um Krisen verhindern zu können, was per se Quatsch ist (und Jeske ist auch noch"Neoliberaler"). Wie sollte es auch gehen, wenn die Steuereinnahmen"wegbrechen"?
Was heißt denn"mit Staatsanteilen Krisen verhindern"?
Der andere sagt, dass eine (in der Staatsanteils-Krisenverhinderung implizierten)"Fiskalpolitik" gar nicht mehr geht. </font>
Der Dumme findet selbst in einem"klugen" Blatt immer einen noch Dümmeren.
Klartext: Das Organ des"Großbürgertums" weiß nicht mehr ein noch aus. Es kann nur noch hilflos vor sich her stammeln.
Gruß!
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