-->>05.08.2002
>Wie soll man sein Geld anlegen?
>
>Am besten ĂŒberhaupt nicht, um auf bessere Gelegenheiten zu warten. Es vermehrt sich von ganz allein.
>
>Wenn ich dazu rate, sich von seinen Wertpapieren zu trennen, kommt regelmÀssig die Frage: Ja, aber wie soll ich denn mein Geld anlegen? >
>Meine Antwort lautet: Ăberhaupt nicht; lassen Sie es liegen.
>Dann, verunsichert und manchmal etwas empört: Aber wo doch Zinsen so niedrig sind; das bringt doch dann nichts... >
>Diese Haltung ist Symptom fĂŒr gefĂ€hrliche Unkenntnis wirtschaftlicher RealitĂ€ten. Sie hat vielen in den letzten Monaten enorme Verluste zugefĂŒgt. Nur wenige scheinen nĂ€mlich den Unterschied zwischen Return on Investment und Return of Investment zu kennen, oder, wenn sie ihn kennen, ernst zu nehmen. In den gelehrten Abhandlungen kommt er nicht vor. Und nur wenige scheinen sich ĂŒber die Konsequenzen einer deflationĂ€ren Wirtschaftsentwicklung im klaren zu sein. >
>Wer im MĂ€rz 2000 entschieden hat, keine Aktien zu kaufen, sein Geld dafĂŒr liegen zu lassen, hat es innerhalb von 24 Monaten massiv vermehrt. Er kann nĂ€mlich heute rund 10 mal so viel NEMAX-Aktien und schon beinahe doppelt so viel DAX-Werte kaufen wie damals. Diesen Wertzuwachs hat er steuerfrei. 2 Prozent Bankzins sind gegenĂŒber 50 Prozent Aktienkursverlust ein Vermögen. >
>Die Maxime muss jetzt - und noch fĂŒr lĂ€ngere Zeit - heissen: sein Pulver trocken halten und auf bessere Kaufgelegenheiten warten. Sie werden noch viel gĂŒnstiger werden - an allen MĂ€rkten, von Aktien bis zu Immobilien und von Festverzinslichen bis zu Kunst. >
>Was heisst"noch viel gĂŒnstiger"? Im Minimum um das Doppelte; wahrscheinlicher ist ein Vielfaches. Geld wird von ganz allein mehr wert, wenn und in dem Masse als die Preise fallen. In solchen Zeiten spielt es keine Rolle, wie hoch oder niedrig die Zinsen sind. Entscheidend ist, was man fĂŒr sein Geld kaufen kann. >
>Geld wird in den nĂ€chsten Jahren das knappste Gut in der Wirtschaft sein. Waren und Dienstleistungen werden reichlich verfĂŒgbar sein, aber nur wenige werden ausreichend Geld haben, um sie zu kaufen. Das ist das Kernproblem der Deflation. In einer Inflation sinkt die Kaufkraft des Geldes; in der Deflation steigt sie. >
>Aus diesem Grunde ist die beste Anlage, sein Geld in Geld zu halten, es also gerade nicht anzulegen - klarerweise in gutem Geld, nicht in argentinischen Pesos. Der Schweizerfranken bietet sich dafĂŒr noch lange an. Aber auch der Euro, obwohl schlechter als die frĂŒhere D-Mark, wird sich vermutlich gegenĂŒber dem US-Dollar deutlich nach oben bewegen. Beim Dollar entwickelt sich das nĂ€chste US-Katastrophenpotential.
habe auch sowas Àhnliches gefunden.......
Nr. 17, 12. Juli 2002
Die tieferen GrĂŒnde der Wirtschaftskrise
Wahn und Wirklichkeit der US-Wirtschaft
Von Dr. Kurt RichebÀcher, Berlin
Es gab eine Zeit, als die Volkswirtschafter die Aufgabe hatten, nachzudenken. Dabei gilt es zu bedenken, dass die alte Generation wenig statistische Angaben zur VerfĂŒgung hatte, und schon das zwang zum Denken. Besonders unter amerikanischem Einfluss hat die Statistik so sehr um sich gegriffen und ist so ĂŒberwĂ€ltigend geworden, dass das Denken vollkommen aufgehört hat.
Das intellektuelle Niveau in der ökonomischen Diskussion ist heute das niedrigste seit zweihundert Jahren (vor etwas ĂŒber zweihundert Jahren erschien Adam Smith mit seinem Werk «Wealth of Nations»). Die Amerikaner haben schon in den zwanziger Jahren die Theorie aufgegeben. Es gibt nicht einen grossen amerikanischen Nationalökonomen; es gibt jede Menge Nationalökonomen aus England, aus Schweden, aus Ă-sterreich  aber nicht einen aus Amerika.
Zaubereien mit Statistik
Nach herrschender Meinung hat die amerikanische Wirtschaft in den vergangenen Jahren eine grosse Renaissance erlebt, die Wunder der ProduktivitÀt und der Gewinne vollbracht hat. Beobachtungen zeigten aber, dass die Wunder im Grunde nur in der Statistik, nicht aber in der Wirtschaft stattgefunden haben.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Gewinnentwicklung der letzten Jahre ist die mieseste der gesamten Nachkriegszeit. Dabei stellt sich die Frage, wie das möglich ist. In die Schlagzeilen kommen in der Regel die Berichte der Unternehmen. Und diese Berichte sind in einem Masse frisiert, dass sie keinerlei Beziehung zur RealitĂ€t haben. Die Amerikaner sind heute an dem Punkt, wo die Unternehmen sogenannte Pro-forma-Gewinne mitteilen. Dies sind errechnete Gewinne, bei denen jede beliebige Kostenart weggelassen wird. Vor allem werden Zinskosten und Abschreibungen ausgegliedert, weil sie nicht die organische Entwicklung widerspiegeln wĂŒrden. Der Vodafone-Konzern machte neulich Schlag- zeilen: «Gewinnanstieg 40 Prozent». Das war aber nur der «EBITDA-Gewinn», also die Einnahmen ohne Zinsen, ohne Steuern, ohne Abschreibungen, ohne Amortisationen.
Warum suchen die amerikanischen Unternehmen stĂ€ndig Akquisitionen? Ihr Ziel besteht darin, Gewinne zu kaufen, die dann dem eigenen Gewinn zugeschlagen werden. Das macht man zehn Mal im Jahr. Dann wird extrapoliert, was zu wunderschönen Gewinnkurven und zur Bewunderung der ungeheuren RentabilitĂ€t der amerikanischen Wirtschaft fĂŒhrt. Störend ist, dass an diesem Vorgehen keine Kritik geĂ€ussert wird.
Im weiteren ist die amtliche Sozialprodukt- und Einkommensstatistik zu beachten. Im monatlichen Rhythmus werden, aufgeteilt nach zwanzig Branchen, ausfĂŒhrliche Zahlen veröffentlicht, nach denen sich die Fachleute richten. Tatsache ist, dass die amerikanischen Gewinne in der Rezession von 1990 bis 1994 scharf angestiegen sind. Mehr als die HĂ€lfte dieses Gewinnanstiegs von insgesamt 66 Prozent resultierte aus Zinssenkungen. Der Rest ergab sich aus sinkenden Abschreibungen, die entstanden, weil die amerikanische Wirtschaft Ende der achtziger Jahre aufgehört hatte zu investieren. Bewirkt wurden sinkende Abschreibungen, sinkende Zinsen und explodierende Gewinne, allerdings hörte der Gewinnanstieg bereits 1994 auf.
Miese Gewinnentwicklung
Bis zum Jahr 2000 stiegen die Gewinne gemĂ€ss amtlichen Angaben nur noch um 22 Prozent. Das heisst, dass die Amerikaner in den fĂŒnf, sechs Jahren zuvor, also wĂ€hrend einer «Hochkonjunktur», die mieseste Gewinnentwicklung aller Zeiten auswiesen. In den Jahren 1998/99 gab es eine leichte Besserung. Aber seit dem dritten Quartal vergangenen Jahres erleben wir den steilsten Gewinnsturz aller Zeiten  im ĂŒbrigen auch bei den Gewinnen, welche von den Unternehmen veröffentlicht werden. Denn diese Unternehmen bildeten in der Vergangenheit aus ihren Akquisitionen gewaltige Aktivposten in Form von «Goodwill». Alle neu erworbenen Anlagen wurden zu ĂŒberhöhten Preisen aufgekauft. Diese BetrĂ€ge wurden in der Bilanz untergebracht, indem man sie auf der Aktivseite als immer grössere «Goodwill»-Posten einsetzte.
Da die Gewinne jetzt aber verschwinden, muss der «Goodwill» abgeschrieben werden. So hat der Nortel-Konzern 49 Milliarden Dollar «Goodwill» abgeschrieben, andere Unternehmen BetrĂ€ge von zehn und mehr Milliarden Dollar. Wer sich um die Wahrheit bemĂŒht, erhĂ€lt Kenntnis von diesen fast unglaub- lichen Zahlen  nur bemĂŒht sich kaum jemand um diese Wahrheit. ProduktivitĂ€tswunder und Gewinn- wunder sind in unseren Vorstellungen eng miteinander verkoppelt. Das eine Wunder fand so wenig statt wie das andere. Als erstes fiel auf, dass immer die Rede war von Zahlen ĂŒber einen gewaltigen Investi- tionsboom. In den letzten Jahren lag die Investitionsquote der Amerikaner bei 35 Prozent der Wach- stumsrate. Auf der anderen Seite verzeichnete man keine Ersparnisbildung, viel eher dominierte die zusammenbrechende Ersparnisbildung. FĂŒr den Fachmann ist es ein Unding, gleichzeitig einen Investitionsboom und zusammenbrechende Ersparnisse vorzuweisen. Denn Investitionen sind nur möglich, wenn andere sparen und dadurch die Ressourcen fĂŒr Investitionen freigeben. An diesem Widerspruch nahm niemand Anstoss, weil theoretisches Denken völlig abhanden gekommen ist.
Als nĂ€chstes fallen die Computer-Investitionen auf. Oft wird argumentiert, gewaltige Computer-Investi- tionen wĂŒrden ProduktivitĂ€t bewirken. Die nominale Statistik fĂŒr die Jahre 1997 bis 2000 wies Computer- Investitionen von amerikanischen Firmen im Betrag von 34 Milliarden Dollar aus. Das ist gar nichts fĂŒr eine Volkswirtschaft mit einem BIP von 10000 Milliarden Dollar. In der Realrechnung sind allerdings nicht 34, sondern 214 Milliarden Dollar aufgefĂŒhrt. Im Klartext heisst das, dass in der Realrechnung aus einem fĂŒr Computer ausgegebenen Dollar fast deren sieben wurden. Wie ist das möglich?
Statistischer Investitionsboom
Die Amerikaner haben in den achtziger Jahren beschlossen, bei der Berechnung der Investitionsrate den Faktor «QualitĂ€tsverbesserungen» immer stĂ€rker zu berĂŒcksichtigen. BezĂŒglich der Computer war dies seit Jahren im Gang, aber ab 1995 begann eine förmliche Explosion hinsichtlich der Computer- Leistungen. Und mit der Computer-Leistung explodierte die Berechnung der Investitions- und Produk- tionszahlen fĂŒr Computer: Sie versiebenfachte sich. Aus 34 Milliarden wurden in der Statistik 214 Milliarden. Diese 214 Milliarden machten 20 Prozent des realen Sozialprodukt-Wachstums aus  ein fetter Posten.
Der zweite Schlag erfolgte vor zwei, drei Jahren. Da beschlossen die amerikanischen Statistiker, Software-Ausgaben seien eigentlich nicht Kosten, sondern Investitionsausgaben. Daraus resultierten weitere 70 Milliarden fĂŒr die Sozialproduktrechnung. Dabei ist zu bedenken: Kosten gehen nicht ins Sozialprodukt; fĂŒrs Sozialprodukt werden nur Endausgaben erfasst. Aber als Investitionsausgaben gehen sie ins Sozialprodukt. Insgesamt ergab sich aus dieser Praxis inklusive Kapitalisierung der Software  auf dem Papier  ein Investitionsboom von 25 Prozent  ein volles Prozent des Sozialpro- dukts. Im Jahre 1995 empfahl zusĂ€tzlich eine Kommission, bei der Berechnung der Inflationsraten etwaige QualitĂ€tsverbesserungen stĂ€rker zu berĂŒcksichtigen. Das ergab komplizierte VerĂ€nderungen. Insbesondere wurden die Mieten plötzlich viel niedriger. Auf diese Weise wurde das Sozialprodukt um weitere 0,8 Prozent erweitert.
Die gesamthafte Beurteilung der VorgÀnge lÀsst den Schluss zu, dass der ganze Investitionsboom nicht wirklich, sondern nur in Form statistischer VerÀnderungen stattgefunden hat.
Unechter ProduktivitÀtszuwachs
TatsĂ€chlich bauen Amerikaner keine Fabriken mehr. Der Investitionsboom fand nur auf dem beschrie- benen Weg in der Statistik statt. Was aber zu einer gewaltigen VerĂ€nderung in der ganzen Investitions- struktur gefĂŒhrt hat. Kurzfristig wird immer weniger investiert, langfristig ĂŒberhaupt nicht mehr. Das erhöht zwar am Anfang das Sozialprodukt ĂŒber Bruttoinvestitionen, aber dann kommen die Abschrei- bungen, und die schiessen immer schneller in die Höhe, je lĂ€nger dieser Prozess dauert. Wir sind jetzt an dem Punkt, wo die Abschreibungen in Amerika die Investitionen ĂŒberholt haben. Das amerikanische Sozialprodukt ist in den letzten drei Jahren um 14 Prozent gestiegen, aber die Abschreibungen sind um 34 Prozent gestiegen. Das heisst, Amerika ist hauptsĂ€chlich damit beschĂ€ftigt, seine Abschreibungen zu verdienen. Das bringt in der Statistik auch noch Wachstum, obwohl es eigentlich nur darauf hinaus- lĂ€uft, alte Maschinen zu ersetzen.
Was nun die Gewinne betrifft: Die Kapitalisierung der Software dagegen ging voll und ganz in die Gewinne. Denn plötzlich werden Kosten weggenommen und als Investitionsausgaben aktiviert. Das hat die Gewinne erhöht. Bemerkenswert ist, dass die Gewinnentwicklung trotz dieser Verschönerung einfach katastrophal ist.
Insofern stellt sich die Frage: Wieso verlaufen die Gewinne so schlecht? Eine einfache Antwort ist: Das ProduktivitĂ€tswunder hat nie stattgefunden. Es hat nur in der Statistik stattgefunden, nicht in der Wirtschaft. Es gab statistischen Zuwachs, aber keinen echten ProduktivitĂ€tszuwachs fĂŒr die Unter- nehmen.
ProsperitĂ€t kommt nicht von ProduktivitĂ€tswundern, sie kommt vom Sparen und vom Investieren. Die industrielle ProsperitĂ€t hatte ihren Grund darin, dass man riesige Fabriken bauen musste, wo die gewĂŒnschten Maschinen hergestellt werden. ProsperitĂ€t kommt also vom Investieren, und nicht ohne weiteres von der ProduktivitĂ€t. Wenn ich zusĂ€tzlich ProduktivitĂ€t erhalte, dann ist das prima. Aber die ProsperitĂ€t kommt von der Kapitalbildung, die stattfindet: vom Bau der Fabriken und dem Bau der Maschinen. Es ist die TĂ€tigkeit, die Einkommen entstehen lĂ€sst.
In meinen Augen ist die Shareholder-Value-Kultur die schlimmste Misskultur, die es je im wirtschaft- lichen Denken gegeben hat. Akquisitionen und Mergers sind doch kein Ersatz fĂŒr Kapitalbildung und Investitionen. Diese Unternehmen haben en masse Akquisitionen betrieben, um nicht investieren zu mĂŒssen. Ich sage immer: «Restructuring» und «Downsizing» und all diese schönen Worte sind bloss Synonyme fĂŒr «Nichtinvestieren». Genau aus diesem Grunde fehlt es in den USA an Kapitalbildung. In einem Land, wo nicht gespart wird, kann es ja auch keine Kapitalbildung geben, höchstens auf dem Papier.
Zusammenbruch der Gewinne
Wenn Sie heute die Nasdaq-Unternehmen betrachten und all ihre Abschreibungen berĂŒcksichtigen, dann haben diese Unternehmen seit 1995 keinen Pfennig verdient. Sie sind alle in den roten Zahlen. Das erzielten Scheingewinne in der Vergangenheit, die sie grossenteils aus dem Aktienmarkt geholt haben. Sie haben ihre Gewinne im Aktienmarkt gemacht, haben andere Unternehmen gekauft und die Gewinne aufeinandergetĂŒrmt. Das waren aber alles Papiergewinne, Scheingewinne, keine Gewinne aus Produktion und ProduktivitĂ€t. Es war alles Betrug.
Und insofern sehe ich das Problem in der Technik. Die Amerikaner haben geglaubt, das muss doch eine wunderbare Technik sein, fĂŒr die man so wenig tun muss. Da kann man fĂŒnfzig Prozent mehr produzieren, von heute auf morgen, und dann sind wir alle reiche Leute. Wir haben geglaubt, dass diese Technologie besonders gut sein muss, weil sie so wenig kostet. Aber das ist der Grund, warum sie auch keinen Gewinn bringt. Gewinne können nur ĂŒber Ausgaben entstehen. Ich sage immer: Die Hauptgewinnquelle sind kapitalisierte Ausgaben. Und wenn ich keine kapitalisierten Ausgaben habe, kann ich keine Gewinne machen.
Die Gewinne sagen mir, wohin die Wirtschaft geht, nicht der dĂ€mliche Index von der Michigan University ĂŒber die Stimmung der Konsumenten. Nicht der Konsument, wie die Amerikaner glauben, sondern die Gewinne und die Investitionen der Unternehmen sind entscheidend. Der Konsum kommt dann von selber.
Es wĂ€re an der Zeit, einmal darĂŒber nachzudenken, wie es zur die Gegenwart beherrschenden scharfen KonjunkturabschwĂ€chung kommen konnte, wĂ€hrend die Kredite und die Geldmengen in unvermindertem Tempo weitergeflossen sind. Wie ist das möglich?
Ich will Ihnen sagen, warum: durch den Zusammenbruch der Gewinne. Das ist die einzige plausible ErklĂ€rung. In Amerika fehlt kein bisschen Geldmenge, kein bisschen Kredit. FrĂŒher, also in den normalen Zeiten, kam auf einen Dollar Wachstum des Sozialprodukts 1,6 Dollar Kreditausweitung. Wir waren schon in den Jahren 1998/99 bei vier, fĂŒnf Dollar Kreditausweitung pro Dollar zusĂ€tzlichem Sozialprodukt. Heute sind wir bei Milliarden Dollar fĂŒr nichts. FĂŒr mich lautet die ganze Frage daher nicht: Wie können wir die Kredite ankurbeln? Wohin wollen sie denn noch mit den Krediten? Wir sind heute bei tausend Milliarden. Wollen sie morgen auf 1500 Milliarden gehen?
Wirtschaftlicher Niedergang
Der Punkt ist: Die Kredite gehen nicht in die Wirtschaft. Und sie gehen nicht vom Unternehmen in die Wirtschaft, weil die Unternehmen nichts mehr verdienen. Deswegen sehe ich keine Besserung in dieser Beziehung. Der einzige, der bis jetzt noch immer mehr gepumpt hat und die Konjunktur noch einiger- massen hochgehalten hat, war der Konsument. Und die Amerikaner sind ganz stolz darauf, dass der Konsument sein Haus immer mehr bis zum Schornstein verschuldet. In Amerika ruft man seine Bank an und sagt: Der Wert meines Hauses ist wieder um zehn Prozent gestiegen, ich möchte meine Hypothek um zehn Prozent erhöhen. Drei Tage spÀter haben Sie 30000 Dollar auf dem Konto. So einfach geht das. Abertausende von Amerikanern haben das in den letzten Wochen und Monaten gemacht.
Wo ist die ProsperitÀt, wenn sie darin besteht, dass die Konsumenten ihre Ausgaben nur steigern können, indem sie ihr Haus beleihen? Das ist doch Schwachsinn! Wenn Sie sich die Statistik ansehen, dann stellen Sie fest, dass der amerikanische Konsument seit zwanzig bis dreissig Jahren eine rapide steigende Verschuldung auf sein Haus ausweist. Ich habe noch die Generation der Amerikaner gekannt, die stolz darauf waren, wenn die Hypothek abbezahlt war. Heute sind sie stolz darauf, wenn sie sie erhöhen können. Und das steigt und steigt und steigt.
FĂŒr mich ist das nun beim besten Willen kein Zeichen von Wohlstand. Es ist das Gegenteil. Greenspan ist im Kongress gefragt worden: «Sagen Sie mal, ist das nicht problematisch, steigende HĂ€userpreise, steigende Hypotheken?» Und da sagt Greenspan: «Och, solange die HĂ€userpreise weitersteigen, steigt ja auch die Equity, das Eigenkapital.» Der fand gar nichts dabei. Man muss sich das vorstellen: Die HĂ€userpreise erlauben steigenden Konsumkredit, und das wiederum soll die Konjunktur retten.
Ich gehöre zu denjenigen, die sagen: «Die Leute, die uns das eingebrockt haben, sind nicht in der Lage, uns da wieder herauszubringen.» Sehen Sie sich Japan an. Da wird immer gesagt, die Japaner weiger- ten sich, zu restrukturieren. Das Problem Japan besteht darin: Die haben sich in den Bubble-Jahren ihre Investitionsdynamik zerstört. EndgĂŒltig zerstört.
Die Amerikaner und die Angelsachsen sparen ĂŒberhaupt nicht, investieren auch nicht, aber sie haben Kreditsysteme, die bis zum Exzess darauf eingerichtet sind, Konsumkredit zu finanzieren. Die ameri- kanischen Banken schicken jedes Jahr in Milliardensummen Kreditkarten aus. Jeder Amerikaner bekommt jedes Jahr mindestens fĂŒnfzig Kreditkarten. Und jede Kreditkarte hat eine Kreditlinie.
Die Besonderheit Amerikas besteht also darin, dass es ein Kreditsystem hat, das voll und ganz auf Konsumkredit ausgerichtet ist. Und die ScheinprosperitĂ€t der Amerikaner besteht darin, dass sie immer weniger sparen, immer weniger investieren, immer mehr konsumieren. Die alten Ă-konomen nannten diesen Prozess Kapitalkonsum. Und das fĂŒhrt zwangslĂ€ufig zum wirtschaftlichen Niedergang.
Kurt RichebÀcher
(aus G&M Â Gold & Money Intelligence, Nr. 5/6, Mai/Juni 2002)
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