-->Planet Erde: Gefährliche Polwanderung
Auf der Erde bilden sich vier neue Magnetpole - unter anderem in der Karibik. Diese Entwicklung mag Vorbote einer radikalen Feldumkehrung sein, die Technikern schon heute Kopfzerbrechen bereitet.
Jede Mühe ist vergebens: Unsere Sinnesorgane können das Magnetfeld der Erde weder sehen noch fühlen. Dennoch hat es eine wichtige Funktion für das irdische Leben. Wie ein Schild wirkt es gegen den Beschuss mit der gefährlichen kosmischen Höhenstrahlung, die Tag für Tag aus dem Weltraum auf die Erde einprasselt.
Doch dieser Schutzschirm ist löchrig geworden, wie Messdaten des deutschen Forschungs-Satelliten CHAMP enthüllen. Seit 1979 nahm die Stärke des Magnetfelds im Erddurchschnitt um 1,7 Prozent ab. Dieser Betrag liegt etwa zehnmal höher als von den Forschern erwartet. Am größten ist der Schwund über dem Südatlantik:"Dort hat sich das Magnetfeld in den vergangenen 20 Jahren um zehn Prozent abgeschwächt - eine dramatische Entwicklung", sagt Christoph Reigber vom Geoforschungszentrum Potsdam.
Die Folge: Wer nach Südamerika über den Atlantik fliegt, belastet in diesem gefährdeten Bereich schon heute seine Gesundheit auf einem einzigen Flug wie auf rund eintausend Flügen in den Fernen Osten.
Die Gründe für die Entwicklung vermuten die Forscher mehr als 2900 Kilometer unter der Erdoberfläche im Äußeren Erdkern. Dort wabert eine Schmelze aus Eisen, Nickel und wenigen anderen chemischen Elementen bei 4000 Grad Celsius und 1500 Kilobar - mehr als dem 500 000fachen Druck eines Autoreifens.
Die Wärme treibt glutflüssige Ströme an, die durch die Bewegung der Erde spiralförmig um ihre Achse verdreht werden. Durch ihr rhythmisches Kreisen erzeugen die Elektronen der metallischen Schmelze das Magnetfeld. Und dieser Elektronen-Kreistanz scheint in einigen Gebieten zunehmend aus dem Takt zu geraten. In anderen hingegen, zum Beispiel in Mitteleuropa und über dem Indischen Ozean, nimmt die Stärke des Magnetfeldes entgegen dem weltweiten Trend leicht zu. Hier bilden sich zwei neue Nordpole, während in der Karibik und im Südatlantik zwei neue Südpole entstehen.
Experten wie Reigber halten dies für die Vorboten einer Umpolung des Magnetfelds innerhalb der nächsten 1500 Jahre. Solche Prozesse sind - erdgeschichtlich gesehen - nicht selten: In den vergangenen 15 Millionen Jahren ist dies durchschnittlich etwa alle 200 000 Jahre geschehen. Da die letzte Feldumkehr bereits 700 000 Jahre zurückliegt, ist eine erneute Umpolung überfällig.
Die Übertragung von Daten, Fernsehprogrammen und Telefongesprächen durch Satelliten wird mithin störungsanfälliger werden. Schon heute legen Teilchenströme von der Sonne den Funkverkehr lahm und setzen Satelliten außer Gefecht. Und Piloten können zwar auf magnetische Kompassnadeln verzichten, nicht aber auf die Satellitennavigation. Neue technische Lösungen sind daher gefragt.
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