-->manager-magazin.de, 20.09.2002, 21:30 Uhr
n-tv: Zittern in der Taubenstraße
Schreckensnachricht - der Nachrichtensender plant offenbar massive
Sparmaßnahmen. Angeblich will der Sender 150 Mitarbeiter entlassen.
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Berlin - Krisensitzung beim Nachrichtensender n-tv. Der Sender will
einen Großteil seiner Belegschaft entlassen. Von 360 Mitarbeitern
sollen bis zum Jahresende 150 gehen. Das berichtet das
Branchenmagazin"Kress Report".
Der Sender, der bislang in einem großem Gebäuderkomplex in der
Berliner Taubenstraße untergebracht ist, reagiere damit auf die
steigenden Verluste. Auch das Budget für das Programm soll deutlich
reduziert werden, heißt es in dem Artikel. Alle Sendungen müssen
sparen, einige würden sogar ganz eingestellt.
20 Millionen Euro sollen eingespart werden
Thomas Schulz, Unternehmenssprecher bei n-tv, wollte gegenüber
manager-magazin.de den Bericht nicht bestätigen."Wir sagen zu
diesen Zahlen nichts", so Schulz. Derzeit sei das Unternehmen noch
am rechnen, es stünden noch keine Zahlen fest.
Ziel sei es, mit diesen Maßnahmen 20 Millionen Euro einzusparen,
schreibt"Kress". Das entspreche in etwa der Summe, auf die sich
offiziellen Angaben zufolge der diesjährige Verlust belaufen werde.
Schulz:"Auch zu dieser Zahl sagen wir nichts." Die Summe sei nie
von n-tv kommuniziert worden. Dem Bericht zufolge rechnet der
Nachrichtensender mittlerweile intern sogar mit einem Minus von 25
bis 30 Millionen Euro.
In der"Süddeutschen Zeitung" hatte n-tv-Geschäftsführer Helmut
Brandstätter Anfang September bereits weitere Einschnitte
angekündigt. Grund ist die anhaltende Werbeflaute. Ziel sei es, den
Sender im kommenden Jahr wieder in die schwarzen Zahlen zu führen,
so Brandstätter.
Druck erhält der Sender-Chef sicherlich auch von seinem
(voraussichtlich) neuen Gesellschafter. Die Luxemburger Sendergruppe
RTL Group hatte vor kurzem 47 Prozent der Anteile von der
Verlagsgruppe Holtzbrinck übernommen. RTL wird somit neben AOL Time
Warner zweiter Großaktionär von n-tv. Die Transaktion muss
allerdings noch vom Bundeskartellamt genehmigt werden.
Die"Börsenzeitung" berichtete vor wenigen Tagen, Didier Bellens,
CEO der RTL Group, sehe bei dem deutschen Nachrichtensender ein
beachtliches Restrukturierungspotenzial. Bellens sagte, n-tv werde
in diesem Jahr, wie im Vorjahr, einen Verlust einfahren. Das
Engagement sichere aber der RTL Group zukünftige Wachstumschancen.
Wird n-tv zu einem reinen Zulieferer?
In Branchenkreisen wird bereits spekuliert, n-tv werde eng an die
RTL-Sender angegliedert und ähnlich dem Nachrichtensender N24 für
die Kirch-Sender Zulieferer für die Sender der Gruppe. Im Gegenzug
würden Sendungen von RTL auf dem Nachrichtensender zu sehen sein.
Wie manager-magazin.de erfuhr, baut n-tv bereits seit einiger Zeit
Stellen ab. So soll sich beispielsweise die Parlamentsredaktion in
der Auflösung befinden. Mit umfassenden Maßnahmen wurde in der
Branche aber erst nach der Bundestagswahl gerechnet. Schulz sagte,
es gebe noch keinen Zeithorizont für die Maßnahmen."Zuerst müssen
die Geschäftszahlen ermittelt werden."
"Telebörse" mit massiven Sparmaßnahmen
Fraglich ist vor allem, wie es künftig bei den Formaten"Telebörse"
und"Handelsblatt-Ticker" weitergeht. Beide profitierten Ende der
90er Jahr massiv von der Spekulationsblase an der Börse, wurden dann
aber umso härter vom Verfall der Aktienkurse getroffen.
Die Sendung"Telebörse" war erstmals 1987 ausgestrahlt worden,
damals noch auf dem Kirch-Sender Sat.1. Finanziert wurde sie von
Anfang an von drei Verlagen (Springer, Handelsblatt und
Börsenzeitung) und sechs Großbanken. Beteiligt waren Deutsche Bank,
DG Bank, BHF-Bank, Commerzbank, DGZ und Dresdner Bank.
Seit Ende 2000 ohne Unterstützungszahlungen
Die Beteiligten hatten sich 1987 zur Deutsches Börsenfernsehen GmbH
(DBF) zusammengeschlossen und investierten in den ersten Jahren
einen mehrstelligen Millionenbetrag in die Sendung, die über sie
berichtete. Erst Ende 2000 wurden die Zahlungen eingestellt. Dem
Zuschauer wurde diese Art der Finanzierung bis dahin nicht
kommuniziert.
Ebenfalls beteiligt an der Gründung war Rüdiger Freiherr von Rosen,
heute Chef des Deutschen Aktieninstituts (DAI) und damals
Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen
Wertpapierbörsen. Nach Informationen des Wirtschafts-Autoren Thomas
Schuster sind seit 1994 nur noch drei Partner an der DBF beteiligt:
DAI (35 Prozent), Verlagsgruppe Handelsblatt (30 Prozent) und
Deutsche Börse AG (35 Prozent).
Das Deutsche Aktieninstitut zählt zu seinen Mitgliedern nicht nur
große Konzerne wie Deutsche Telekom und Deutsche Bank, sondern
auch Nemax-Unternehmen wie EM.TV und Insolvenz-Gesellschaften wie
die Gontard & MetallBank und Refugium.
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