-->Rot-Grün plant besseren Anlegerschutz
Juristentag fordert Novelle des Finanzmarktgesetzes und eine einheitliche Börsenaufsicht
Berlin - Bei einer Wiederwahl will die rot-grüne Bundesregierung in der kommenden Legislaturperiode den Anlegerschutz weiter verbessern. Sprecher des Justiz- und Finanzministeriums bestätigten, dass die Beschlüsse des 64. Deutschen Juristentages"in die weiteren ministerialen Überlegungen für einen besseren Schutz der Anleger" einfließen werden. Aber erst nach einer genauen Prüfung könne entschieden werden, welche Forderungen in ein mögliches fünftes Finanzmarkt-Förderungsgesetz eingebracht werden und ob die Zentrale-Prozess-Ordnung (ZPO) entsprechend reformiert wird. Die Regierungskommission"Corporate Governance" und Anlegerschützer begrüßten die Empfehlungen des Juristentages. Kritik kam von den Wirtschaftsverbänden. Der Bundesverband deutscher Banken warnte vor einem"überhöhten Anlegerschutz".
Der Deutsche Juristentag hatte sich zuvor in Berlin für eine deutliche Stärkung des Anlegerschutzes ausgesprochen und einen 30 Punkte umfassenden Forderungskatalog beschlossen."Die Schadenersatzansprüche für Anleger sind bisher unzureichend entwickelt. Hier besteht trotz des vierten Finanzmarkt-Förderungsgesetzes ein akuter Reformbedarf", begründete der Göttinger Professor Holger Fleischer die Empfehlungen des Juristentages. Zwar ist nach Meinung des Kieler Rechtsanwaltes Michael Schön mit dem letzten Finanzmarkt-Förderungsgesetz der Anlegerschutz bereits ausgeweitet worden, vor allem bei der Schadenersatzpflicht für falsche Ad-hoc-Mitteilungen. Dies allein reiche aber noch nicht aus."Deutschland hinkt beim Anlegerschutz immer noch Großbritannien, Frankreich und den USA hinterher. Diese Lücke wollen wir nun mit den Empfehlungen der Tagung schließen, um einen völligen Vertrauensverlust seitens der Kleinaktionäre zu verhindern", sagte auch Klaus Rotter, einer der bekanntesten Anlegeranwälte in Deutschland.
Zentrale Forderungspunkte des Deutschen Juristentages sind die Verbesserung der Anlegerinformation, die Ausweitung der Vorstandshaftung und die Vereinfachung des Klageverfahrens. Nach den Vorstellungen der Rechtsexperten sollen sich die Anleger künftig durch die Einführung einer so genannten Gruppenklage zusammenschließen und ihre Ansprüche in einem Prozess bündeln können. Der Vorteil für die Anleger wären geringere Prozesskosten und ein schnelleres Verfahren. Rotter:"Die Gruppenklage wird aber keine Sammelklage sein, etwa nach US-Vorbild." Vielmehr soll eine Art Musterverfahren ermöglicht werden, dessen Ergebnis für alle Beteiligten der angeschlossenen Gruppenklage Gültigkeit besitzt.
Ein weiterer Kernpunkt der Juristenforderungen ist die Ausweitung der Vorstandshaftungen bei falschen Kapitalmarktinformationen. So sollen Vorstandsmitglieder künftig persönlich mit ihrem Vermögen haften."Bisher haben Vorstände nur bei falschen Ad-hoc-Mitteilungen gehaftet. Nun gilt diese Regelung bei allen öffentlichen Aussagen, von Interviews bis hin zum Geschäftsbericht", erklärte Rotter. Die Haftung soll aber nur für grob fahrlässige Verstöße und bis zu einer noch zu bestimmenden Höchstgrenze gelten."Wir müssen hier auch Augenmaß für die Handlungsfähigkeit der Vorstände walten lassen", verteidigt Fleischer die Einschränkungen im Forderungskatalog.
Der Juristentag sprach sich nach heftiger Diskussion auch noch für eine bundeseinheitliche Börsenaufsicht aus, die die derzeit bestehende dezentrale Länderaufsicht ersetzten soll. Die Anregungen des Deutschen Juristentages haben in der Vergangenheit häufig Einfluss auf Gesetzgebung und Rechtsprechung gehabt. In Vorgriff auf den Juristentag hat die Bundesregierung bereits vor drei Wochen einige der Vorschläge zum Anlegerschutz in ein Reformpapier aufgenommen, das nun unter den Verbänden und der Politik diskutiert werden soll. fs
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