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Aus einbem Spiegel von vor 2 Wochen
JOURNALISTEN
Hoffen auf Haffa
Ein privates Anlagegeschäft bringt nicht nur die N-tv-Börsenstars Carola Ferstl und Clarissa Ahlers in Bedrängnis. Eine ganze Reihe ihrer Kollegen stieg bei einer Firma ein, die mittlerweile pleite ist. Der Deal kratzt an der Glaubwürdigkeit der Moderatorinnen und des Senders.
Carola Ferstl, 34, und Clarissa Ahlers, 37, haben einiges gemeinsam. Beide studierten einst in Hamburg und haben 1999 innerhalb weniger Tage geheiratet. Beide sind jung, blond und im Job ziemlich erfolgreich. Und beide haben das gleiche Lieblingsthema: das frühere Auf und momentane Ab an den Weltbörsen.
Spätestens seit sie in der Boomphase der New Economy beim Berliner Nachrichtensender N-tv das Wirtschaftsmagazin"Telebörse" moderierten, sind sie in der Anlegerszene zu kleinen Stars geworden. Bei vielen angefixten Kleinaktionären lief der Sender mit dem blauen Kurs-Laufband den ganzen Tag. Und das kühle Damen-Doppel half mit, die"Telebörse" zum"erfolgreichsten Wirtschaftsformat" (Eigenwerbung) des Spartenkanals zu machen.
Mittags informierte Ahlers über Dax und Dow. Abends befragte Ferstl Vorstände zu ihren neuesten Plänen - nicht selten brachten die Gespräche mit der"Börsenfrau Deutschlands" ("Tagesspiegel") Bewegung in die Kurse.
Ihre neue Prominenz vermarkteten beide schnell auch privat: Ganz professionell über Agenturen und zu guten Honoraren lassen sich die Journalistinnen als Referentinnen und Moderatorinnen buchen. Dieses Jahr waren beide zum Beispiel schon für die Dresdner Bank aktiv. Und während das Konterfei von Clarissa Ahlers bislang nur ein Video ziert ("Aktien - Börsenerfolg leicht gemacht"; 39,90 Euro), brachte Carola Ferstl ihr Wissen über Bullen und Bären, Ad-hoc-Meldungen und Abschreibungen zwischen 1999 und 2001 in gleich drei Büchern unter.
Besonders beschäftigt die N-tv-Ikone dabei die feminine Seite des Finanzwesens: In Titeln wie"Frauen sind die besseren Anleger" animiert sie ihre Geschlechtsgenossinnen zum schnellen Einstieg und warnt auch gleich vor Nebenwirkungen:"Wir alle werden an der Börse unbewusst zum Tier!"
Animalische Instinkte wirkten offenbar auch bei ihr. Denn Ferstl und Ahlers nutzten ihr Fachwissen auch für private Geldanlagen, was nicht weiter anrüchig wäre. Doch zumindest eine dieser Investitionen könnte ihren Ruf als unabhängige Wirtschaftsjournalistinnen nun schwer lädieren.
Beide steckten nennenswerte Summen in ein Unternehmen namens BEV Music AG. Nicht nur, dass sich die N-tv-Finanzexpertinnen bei den Aussichten des Unternehmens gewaltig verschätzten - inzwischen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Bestseller des Musikvertriebs waren CDs der umstrittenen Gruppe Böhse Onkelz, deren frühe Werke wegen teils rassistischer Inhalte indiziert wurden. Wirklich in Bedrängnis könnte die beiden ein prominenter Mitgesellschafter bringen, der zuletzt fast 17 Prozent an der Firma hielt und damit einer der größten Aktionäre war: Florian Haffa.
Der war damals Finanzvorstand beim Ex-Börsenliebling EM.TV - und als solcher fester Bestandteil und gern gesehener Gast in der N-tv-Wirtschaftsberichterstattung, auch und gerade in der"Telebörse".
Das private Engagement bei der Pleitefirma wirft nicht nur einen Schatten auf die Arbeit der Moderatorinnen, es gibt auch einen Einblick in die Zustände bei dem Nachrichtenkanal. Neben Ahlers und Ferstl waren bis zu acht damalige oder ehemalige Mitarbeiter von N-tv und seinen Töchtern an dem Unternehmen mit Sitz in Frankfurt beteiligt.
Kein Zufall, denn Firmengründer Karsten Bienek hatte einen Nebenjob: Er arbeitete von Februar 1998 an als fester freier Redakteur bei N-tv, zuerst im Teletext, schon bald aber bei der"Telebörse" - sein Vertrag mit der N-tv-Tochter TV Media sah mindestens 15 Arbeitstage im Monat vor.
Die Geschäftsidee des ehemaligen Börsenhändlers war recht simpel: Es ging zunächst um den Vertrieb von Musik-CDs verschiedener Genres."Wichtige Interpreten" waren laut dem ersten Aktionärsbrief aus dem Jahr 1998 neben den Böhsen Onkelz die nicht mehr ganz taufrischen Schlagerbarden Jürgen Marcus und Bata Illic.
So richtig in Schwung kam Bieneks Geschäft erst durch seinen Job bei N-tv: Bei einem Telefon-Interview mit Florian Haffa zeigte der sich beeindruckt von Bieneks Wissen über Lizenzgeschäfte und lud den umtriebigen Wirtschaftsjournalisten prompt nach München zum Firmenrundgang ein, Abendessen inklusive.
Als cleverer Unternehmer hatte der N-tv-Mann ein Exposé seiner BEV Music AG dabei. Fortan trafen sich Börsen-Star und Börsen-Berichterstatter auch privat: Im Münchner Hotel Maritim etwa bei einer Samba-Party zur Übertragung des WM-Spiels Brasilien gegen Dänemark im Sommer 1998, wo man zum vertraulichen Du überging. Oder auf Haffas Yacht in Cannes im Oktober 1999. Der EM.TV-Mann hatte Bienek zur Fachmesse Mipcom eingeladen.
Damals waren Bienek und Haffa, jüngerer Bruder des damaligen EM.TV-Chefs Thomas Haffa, geschäftlich schon eng verbandelt. Der journalistische Kontakt hatte sich für ihn ausgezahlt: Kurz nach der Samba-Party war der kleine Haffa in die Firma des N-tv-Manns eingestiegen. Für 127 500 Mark kaufte er Aktien, weitere 122 500 Mark überwies er an eine Risikokapitalfirma von Bienek als Kredit.
Auch beim Sender selbst war man mit dem Format"Telebörse" lange nicht zimperlich: Bis Ende 2000 wurde die Sendung unter anderem vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) finanziert: Neben Börsen-Dickschiffen wie der Deutschen Telekom war im DAI ebenfalls EM.TV vertreten.
Auf den Fluren des Berliner Nachrichtensenders sprachen sich die engen Kontakte zwischen dem eigenen Kollegen und Florian Haffa schnell herum. Carola Ferstl hielt damals bereits ein Prozent an dessen Unternehmen. Clarissa Ahlers und ihr Ehemann Siegmund Herzog, der beim ersten Aktienkauf noch in der N-tv-Marketingabteilung arbeitete, waren mit je einem halben Prozent dabei.
Es war die Zeit, in der die EM.TV-Aktie nur eine Richtung kannte: steil nach oben. Auf dem Börsenparkett herrschte Partystimmung, und der Name Haffa stand für schnelles Geld und gute Quoten - nicht nur bei N-tv. Also griff die Redaktion gern auf die guten Beziehungen des"Telebörse"-Mitarbeiters Bienek zu dessen Mitgesellschafter Florian Haffa zurück.
Zum 2. Teil
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