-->aus der Rheinischen Post (Rheinland /Düsseldorf)
Politische Umschau
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"Uno auf Seiten der Mörder"
Israels Regierung und Opposition beurteilen die Uno-Resolution, in der ein Stopp der Militäraktionen gegen die Palästinenser gefordert wird, absolut gegensätzlich. Fest steht: Die Aktionen gehen weiter.
Von CHARLES A. LANDSMANN
TEL AVIV. Die Besetzung des zerstörten palästinensischen Hauptquartiers und die Belagerung des Amtssitzes von Jassir Arafat in Ramallah gehen weiter - ungeachtet des UN-Beschlusses. Dies versicherten hochgestellte politische Kreise in Jerusalem.
Der Sicherheitsrat hat Israel aufgefordert, seine militärischen Aktionen in Ramallah und die Zerstörung von Häusern sofort einzustellen sowie die Truppen auf die Positionen vor Beginn der Intifada zurückzuziehen. Gleichzeitig wurde in dem von der EU ausgearbeiteten Beschluss auch an die Palästinenser appelliert, den Terror zu stoppen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.
Der israelische UN-Botschafter Yehuda Lankry beruhigte seine Landsleute. Es bestehe keine Gefahr, dass die Vereinten Nationen Truppen entsenden würden, um die Umsetzung ihrer Beschlüsse zu überwachen. Dass die USA sich mit einer Enthaltung begnügt und auf ein Veto verzichtet hätten, sei auf ihre Bemühungen um eine Koalition für den Krieg gegen den Irak zurückzuführen.
Zwei internationale Verbrecher, Jassir Arafat und Saddam Hussein, würden von der Uno mit großer Rücksicht behandelt, klagte der Likud-Politiker Danny Naveh. Der Minister ohne Geschäftsbereich ergänzte, es stelle sich immer mehr heraus, dass"die Uno auf Seiten der Mörder steht, weniger auf derjenigen der Opfer". Israel habe seit Beginn der Al-Aksa-Intifada über 600 Todesopfer zu beklagen, ohne dass sich die Uno hinter den jüdischen Staat gestellt hätte. Wenn die Uno die Gelegenheit gehabt hätte, Israel die Hände zu binden, dann gäbe es vielleicht 6000 Terror-Tote -"und auch dann wäre es nicht sicher, dass die Uno uns zur Seite stünde".
Oppositionschef Yossi Sarid von der linken Meretz-Partei begrüßte dagegen die Resolution des Weltsicherheitsrats als verantwortungsvoll und ausgeglichen. Die Meretz-Fraktionschefin Zahava Galon betonte, sie sei nicht glücklich, dass die Uno Israel verurteile, doch habe sich dies die Regierung Scharon selbst zuzuschreiben. Mit der laufenden Militäraktion werde das Gegenteil dessen erreicht, was Israel eigentlich anstrebe.
Noch am Montagabend hatte Ariel Scharon militärische Schläge gegen die Hamas und im Gazastreifen angekündigt. Unmittelbar danach und noch bevor irgendein Regierungsgremium entsprechende Beschlüsse gefasst hatte, rollten die Panzer im Gazastreifen ein. Im Verlaufe der nächtlichen Kämpfe, die während der Debatte des Sicherheitsrats anhielten, wurden nach arabischen Angaben neun Palästinenser getötet und über 20 verwundet. Israel meldete zudem die Tötung eines Kommandanten der Al-Aksa-Brigaden. 13 Werkstätten zur Herstellung von Kassam-Raketen und Waffen seien in Gaza-Stadt zerstört worden, ebenso das Haus eines Hamas-Terroristen.
Außenminister Schimon Peres von der Arbeitspartei, in den letzten Tagen vielfach nach dem Sinn seines Verbleibens in der Regierung Scharon befragt, dürfte letzteren mit einem Interview mit einer kuwaitischen Zeitung erheblich verärgert haben. Während Scharon mit allen Mitteln versucht, Arafat kaltzustellen, kündigt Peres an, mit dem Palästinenserführers in naher Zukunft zusammenzuarbeiten: Falls Arafat wiedergewählt werde - was im Januar ohne Zweifel geschehen wird - sei Israel bereit mit ihm zu verhandeln.
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