-->
MILLIARDENVERLUSTE
Westküsten-Blockade sorgt für Panik
Seit knapp einer Woche sind alle Häfen der US-Westküste dicht. Wenn der Handel nicht bald wieder fließt, wird dies nach Meinung von Experten irreparable Schäden bei Unternehmen beiderseits des Pazifik anrichten.
AP
Nichts geht mehr: Containerschiffe warten vor dem Hafen von Vancouver
San Francisco -"Wir haben jetzt jeden alarmiert, den wir in Washington kennen", sagt Gordon Segal, Chef der Möbelhandelskette Crate & Barrel."Wenn das noch eine Woche so weitergeht, wird das ein Desaster", so der Manager gegenüber dem"Wall Street Journal".
Größte Befürchtungen hat auch Andy Xie, Chefökonom von Morgan Stanley in Hongkong."Wenn die Schließung der Häfen noch einen Monat andauert, fällt Ostasien in die Rezession", schreibt er in einem aktuellen Kurzbericht."Das hätte furchtbare Konsequenzen für die Weltwirtschaft".
IN SPIEGEL ONLINE
· US-Wirtschaft: Der milliardenteure Hafen-Stillstand (01.10.2002)
Grund dieser Ängste ist die Schließung der 29 Häfen an der US-amerikanischen Westküste seit knapp einer Woche. 10.500 Hafenarbeiter, die vorher durch Bummelstreiks Druck gemacht hatten, sind ausgesperrt. Vordergründig ist es ein Arbeitskampf um einen neuen Drei-Jahres-Tarifvertrag. Im Hintergrund geht es um ein viel ernsteres Thema, nämlich um die Einführung neuer Technologien, die viele Frachtarbeiter den Job kosten könnten.
AP
Ausgesperrt: Hafenarbeiter protestieren in Seattle
Die Hafenarbeitergewerkschaft besteht darauf, dass ihre Mitglieder künftig mit dem Betrieb der neuen Computer, Scanner und anderen Überwachungsgeräte beauftragt werden. Die 79 Reedereien und Hafenbetreiber, die in der Pacific Maritime Association (PMA) organisiert sind, wollen aber keine Einmischung der überaus mächtigen Gewerkschaft. Medienberichten zufolge richten sich beide Parteien auf langwierige Verhandlungen ein.
Das sind keine guten Nachrichten für die Unternehmen in Asien und den USA. In und vor den geschlossenen Häfen warten mittlerweile mehr als 160 Frachtschiffe. Nach Angaben der"New York Times" kosteten die ersten fünf Tage der Blockade rund fünf Milliarden Dollar. Doch bei einer längeren Blockade der Hauptschlagadern der transpazifischen Wirtschaft steigen die Schäden dem Bericht zufolge exponentiell an. Nach 10 Tagen, so die Zeitung, müssten die Unternehmen schon 20 Milliarden Dollar verkraften. Über die Häfen von Seattle bis San Diego werden jährlich Waren im Wert von rund 300 Milliarden Dollar importiert und exportiert.
Bereits jetzt werden die Lieferengpässe deutlich: Im kalifornischen Fremont hat eine von Toyota und General Motors betriebene Autofabrik ihren Betrieb wegen mangelnden Motoren- und Getriebenachschubs eingestellt. Auch Nissan will seine Werke in Tennessee in der kommenden Woche schließen, sollte der Streit an der Westküste bis dahin nicht beigelegt sein. Ähnliche Probleme rollen auf Ford zu. Nach Angaben der"Seattle Times" importiert der Autobauer rund 360 verschiedene Bauteile aus Asien, die in den USA auf 14 Autofabriken verteilt werden. Mehrere japanische und amerikanische Autofirmen lassen die wichtigsten Bauteile bereits einfliegen - zu den vierfachen Kosten.
Besonders ärgerlich ist der Termin des Hafen-Disputs für den Einzelhandel, wo momentan die großen Lieferungen für das Weihnachtsgeschäft anstehen. So könnten laut einer Studie von Salomon Smith Barney die ausbleibenden Lieferungen von Unterhaltungselektronik allein bei Amazon.com ein Umsatzloch von 118 Millionen Dollar verursachen. Amazon ist für solche Engpässe besonders anfällig, da das Unternehmen mit extrem niedrigen Lagerbeständen arbeitet.
Auch andere Branchen leiden unter den angehaltenen Warenströmen. Amerikanische Obst- und Getreidefarmer bleiben auf ihrer teils verderblichen Ware sitzen, Bananen aus Guatemala verrotten im Bauch der Frachtschiffe. Eisenbahn- und Lastwagenunternehmen, die sonst die Waren von den Häfen ins Land verteilen, müssen ihre Transportdienste zusammenkürzen.
Deshalb wird der Ruf immer lauter, US-Präsident George Bush möge von seinen präsidialen Rechten Gebrauch machen und die unselige Hafen-Blockade beenden. Nach dem so genannten"Taft-Hartley Act" kann Bush das Ende eines Arbeitskampfes erzwingen, wenn die"nationale Gesundheit der USA" gefährdet ist. Dies sei zwar noch nicht der Fall, meint Kommentator Daniel Gross von"Slate.com","doch es wäre nicht tolerierbar, wenn es zu Weihnachten kein Spielzeug gäbe".
|