-->...daraus meine Lieblingszeilen:
Vieles am deutschen Anti-Amerikanismus, wie er sich seit dem 11. September 2001 präsentiert, ist geschwätziges Mitläufertum von Leuten, die auch jeden Appell gegen schlechtes Wetter unterzeichnen würden, so lange sie damit ihre fortschrittliche Gesinnung zum Nulltarif beweisen könnten. Dieselben Leute, die angesichts von Taliban und al-Qaida nicht müde werden, islamischen Fanatismus schön zu reden und seine Aktionen als soziokulturelle Notwehr, als Reaktion auf Armut und Arroganz, zu verharmlosen, brauchen ein Feindbild, an dem sie sich festhalten können, den hässlichen, kulturlosen Amerikaner, der Kaugummi kauend die Welt verpestet.
Sie haben keine Zeile von Walt Whitman gelesen und wissen nicht, was Henry David Thoreau"Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat" geschrieben hat, das einzige, wovon sie überzeugt sind, ist, dass sie die Welt retten müssen, nicht vor Osama Bin Laden und Saddam Hussein, sondern vor George W. Bush, der eine Gefahr für den Weltfrieden bedeutet, wie Adolf Hitler vor gut 70 Jahren.
Je mehr George zum Adolf wird, umso weniger bleibt vom Original übrig
Und nun wird gehandelt. Noch einmal wollen die deutschen Friedensfreunde nicht versagen, um sich hinterher Vorwürfe anhören zu müssen, sie hätten die Zeichen an der Wand nicht gesehen. Der inzwischen zur argumentativen Grundausstattung gehörende Vergleich von Bush und Hitler soll den nachgeholten Widerstand legitimieren. Und je mehr George zum Adolf wird, umso weniger bleibt am Ende vom Original übrig. So schaffen wir unsere Geschichte außer Landes, legen sie den Amis vor die Haustür und halten unseren eigenen Garten sauber. Bald wird das Weiße Haus nur noch der"Führerbunker" heißen, und dann sollte es nicht mehr lange dauern, bis Deutschland den Rest der Welt beschämen und Saddam Hussein Asyl anbieten wird. Wer, wenn nicht wir.
Gruß
Jochen
SPIEGEL
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