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13. Von der Wirtschaftskrise 1929 zum Zusammenbruch 1945
Die Weltwirtschaftskrise führte in Deutschland zu einem deutlichen Rückgang des Volkseinkommens, zu einem schnellen Anstieg der Arbeitslosigkeit und zu einem erheblichen Defizit im Reichshaushalt. Die zunächst verfolgte Deflationspolitik verstärkte die Krise. Mit dem Arbeitsbeschaffungsprogramm von 1932 wurde die Wende zu einer expansiven Finanzpolitik eingeleitet, die nach der nationalsozialistischen"Machtergreifung" 1933 fortgesetzt wurde.
Die Finanzpolitik des"Dritten Reiches" diente zunächst vor allem der Wirtschaftsbelebung, dann der Aufrüstung. Mit der sog. Reinhardtschen Steuerreform von 1934 geriet das Steuerrecht zunehmend unter den Einfluß der nationalsozialistischen Ideologie. Die Steuerverwaltung wurde ausgebaut und ihre Stellung gegenüber den Steuerpflichtigen verstärkt.
Ab 1939 wurde die Finanzpolitik in den Dienst der Kriegsführung gestellt. Die steuerliche Belastung, aber auch die Verschuldung des Reichs stieg während des Zweiten Weltkriegs steil an.
Mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945 endete auch die 1919 errichtete einheitliche Reichsfinanzverwaltung.
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Aus der Schlußphase der Weimarer Republik
Das Problem der Reparationen
Aus: Steuer-Warte Nr. 16 von Ende August 1929
Der Dawesplan und der Youngplan versuchten, die von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs geforderten Reparationszahlungen der deutschen Zahlungsfähigkeit anzupassen. Das (nicht verwirklichte) Abkommen von Lausanne 1932 sah die endgültige Ablösung der Reparationen vor. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die offenen Reparationsforderungen in das Londoner Schuldenabkommen (1953) einbezogen.
Merkblatt für Reichssteuerbeamte zum Wahlkampf 1930
Mit Aufkleber der Deutschen Demokratischen Partei, Berlin 1930
Der Bund Deutscher Reichssteuerbeamten tritt dem Vorwurf entgegen, die Steuerverwaltung sei zu teuer. Eine Verbilligung durch Vereinfachung sei aber möglich. Allerdings würden den Finanzämtern unausgesetzt neue Aufgaben und damit erhebliche Mehrarbeiten zugewiesen, ohne daß diesen... überlasteten Behörden auch nur eine Arbeitskraft mehr gegeben würde.
Die Zeit der Steuernotverordnungen
Werbeprospekt eines Steuerfachverlages, 1931
Der 1930 gewählte Reichstag war politisch handlungsunfähig. Es folgte die Zeit der auf Art. 48 der Weimarer Verfassung gestützten Notverordnungen des Reichspräsidenten, mit denen auch wichtige steuerliche Maßnahmen angeordnet wurden.
Bescheid über Vorauszahlungen an Krisensteuer der Veranlagten
Limburg, 23. September 1931
Zur Finanzierung neuer Arbeitsmöglichkeiten und der sog. Krisenfürsorge wurde im Juni 1931 durch Notverordnung die Krisensteuer eingeführt. Es gab sie als Krisenlohnsteuer und Krisensteuer der Veranlagten. Angehörige des öffentlichen Dienstes waren davon befreit, da ihre Gehälter gekürzt worden waren.
Bürgersteuerbescheid
Limburg, 25. November 1931
Die Bürgersteuer wurde durch eine Notverordnung von 1930 eingeführt. Sie sollte den Kommunen eine neue Einnahmequelle erschließen.
Die Einführung der Reichsfluchtsteuer
Aus: Reichsgesetzblatt Teil I Nr. 79 vom 9. Dezember 1931
Mit dieser Notverordnung wurde (zunächst befristet) die Reichsfluchtsteuer eingeführt. Deutsche Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgaben, hatten ein Viertel ihres Vermögens als Steuer zu entrichten. Im Dritten Reich traf die (immer wieder verlängerte) Reichsfluchtsteuer die deutschen Juden mit besonderer Härte. Diese Steuer wurde noch nach dem Zweiten Weltkrieg erhoben und erst 1953 beseitigt.
Aufruf zur Mitwirkung bei der Belebung der Wirtschaft
Werbeprospekt, 1932
Mit diesem Appell warb ein Steuerfachverlag für ein neues Buch über die Maßnahmen zur Wirtschaftsankurbelung der Regierung Papen.
Steuergutscheine als Maßnahme der Beschäftigungsförderung
Je 1 Steuergutschein (Muster) ohne Wertangabe, über 100 Mark und über 500 000 Mark; Berlin, September 1932
1932/33 wurde Steuerzahlern unter bestimmten Voraussetzungen ein Steuernachlaß in Gestalt von Steuergutscheinen gewährt. Diese konnten bei der Entrichtung von Reichssteuern 1934 -1939 in Zahlung gegeben werden. Es war davor aber möglich, sie bei der Reichsbank zu diskontieren oder an der Börse zu verkaufen.
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Finanzpolitische Maßnahmen nach 1933
Das Volksverratgesetz
Anzeigeformular, Juli 1933
Das Gesetz gegen Verrat der Deutschen Volkswirtschaft vom 12. Juni 1933 führte eine besondere Anzeigepflicht ein für Vermögensgegenstände im Ausland, die dem Finanzamt bisher verschwiegen wurden, sowie für Devisen, die pflichtwidrig nicht der Reichsbank angeboten worden waren.
Zinsvergütungsscheine
Stämme zu je sechs Scheinen über 1, 2 und 5 RM; ausgegeben Berlin, 2. Oktober 1933
Durch das 2. Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom September 1933 wurden u.a. Instandsetzungs- und Ergänzungsarbeiten an Gebäuden durch Zuschüsse gefördert. Für Aufwendungen des Eigentümers, die über den Zuschuß hinausgingen, zahlte das Reich Zinsen von 4 vH. Dafür dienten die Zinsvergütungsscheine.
Ehestandsdarlehen und Ehestandshilfe
2 Bedarfsdeckungsscheine über 20 und 50 RM; ausgegeben Berlin, 2. Dezember 1933
Bescheid über Vorauszahlungen auf die Ehestandshilfe der Veranlagten; Formular, 1933
Neuverheirateten konnte das Finanzamt ein unverzinsliches Darlehen bis zu 1000 RM gewähren, wenn die Frau auf eine weitere Berufstätigkeit verzichtete. Die Ehestandsdarlehen wurden in Form von Bedarfsdeckungsscheinen hingegeben, die beim Kauf von Möbeln und Hausgerät eingelöst werden konnten. Die für die Ehestandshilfe erforderlichen Mittel wurden durch die sog. Ehestandshilfe aufgebracht, zu der Ledige sowie verwitwete und geschiedene Personen ohne Kinder herangezogen wurden.
Mefo-Wechsel als Finanzierungsquelle des Reiches
Merkblatt und Muster, 1936
Die 1934 von Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht (1877 - 1970) entwickelten und bis 1938 ausgegebenen Wechsel dienten der verdeckten Finanzierung von Rüstungsausgaben. Sie wurden von Rüstungsunternehmen auf eine Scheingesellschaft (Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH) gezogen und von der Reichsbank diskontiert.
Spendenaufrufe für das Winterhilfswerk
3 Werbeanzeigen und 1 Werbekarte, 1936-1940
Das Winterhilfswerk war eine von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels (1897 - 1945) geführte nationalsozialistische Hilfsorganisation. Die massenwirksam inszenierten Sammlungsaktionen brachten hohe Beträge ein (1937 ca. 1,5 Mrd. RM).
Der Neue Finanzplan und die neuen Steuergutscheine
Textausgabe, Berlin 1939
Je 3 Steuergutscheine I und II über 100, 200 und 500 RM; ausgegeben Berlin, 24. März 1939
Der Neue Finanzplan vom März 1939 sah vor, daß die Gebietskörperschaften und bestimmte öffentliche Unternehmen die ihnen durch gewerbliche Unternehmen erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 40 v.H. in Form von Steuergutscheinen zu bezahlen hatten. Die Steuergutscheine I wurden sieben Monate nach ihrer Ausgabe mit dem Nennbetrag, die Steuergutscheine II 37 Monate danach mit 112 v.H. des Nennbetrags bei der Entrichtung von Reichssteuern in Zahlung genommen.
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Steuerrecht und Steuerverwaltung im"Dritten Reich"
Liste der säumigen Steuerzahler
Aushang in den Finanzämtern, 1934
Im"Dritten Reich" verschärfte sich das Steuerklima. Mit Erlaß vom August 1934 ordnete der Reichsminister der Finanzen an, daß im Frühjahr 1936 eine Liste der säumigen Steuerzahler zu jedermanns Einsicht öffentlich ausgelegt wird.
Das Steueranpassungsgesetz von 1934
Aus: Reichssteuerblatt Nr. 71 vom 17. Oktober 1934
§ 1 lautete: (1) Die Steuergesetze sind nach nationalsozialistischer Weltanschauung auszulegen.... (3) Entsprechendes gilt für die Beurteilung von Tatbeständen. Über diese Vorschrift floß die nationalsozialistische Ideologie, vor allem ihre rassistische Komponente, in das Steuerrecht ein.
Steuermahnung und Steuerzahlkarte
Formular, ohne Datum
Seit 1935 wurden Steuerpflichtige, die mit der Zahlung fälliger Steuern im Rückstand waren, mit Säumniszuschlägen belegt. Die anhängende Zahlkarte sollte den vielfach propagierten unbaren Zahlungsverkehr mit der Finanzkasse erleichtern.
Intensivierung der Betriebsprüfung
Werbeprospekt für Fritz Reinhardt/Joseph Gebhardt, Handbuch der steuerlichen Betriebsprüfung, 1937
Umschlag von Fritz Reinhardt, Betriebsprüfung und Wareneingangsbuch, 1935
1935 wurden der Buch- und Betriebsprüfungsdienst und der Nachschaudienst zu einem einheitlichen Betriebsprüfungsdienst der Reichsfinanzverwaltung vereinigt. Neue Prüfmethoden wurden entwickelt. Die 1935 verordnete Pflicht zur Führung eines Wareneingangsbuchs und die Warenausgangsverordnung von 1936 erleichterten die steuerliche Kontrolle.
Ernennungsurkunde für einen Reichssteuerbeamten
Berlin, 12. November 1936
Die Urkunde ist unterzeichnet vom Reichsminister der Finanzen Lutz Graf Schwerin von Krosigk (1887 - 1977). Der ernannte Regierungsassessor war beim Finanzamt für Körperschaften in Hamburg tätig.
Neuordnung des Dienstbetriebs in der Finanzverwaltung
Dienstordnung für die Finanzämter (FDO); Handausgabe, Berlin 1938
Besondere Dienstordnung für die Reichsfinanzverwaltung; aus: Amtsblatt der Reichsfinanzverwaltung Nr. 15 vom 8. Mai 1942
Die FDO löste die aus der Weimarer Zeit stammende Geschäftsordnung für die Finanzämter ab. Nach § 2 hatte der Vorsteher sein Amt nach den Grundsätzen der nationalsozialistischen Weltanschauung zu leiten.
Finanzamt
Amtsschild, am Finanzamt Lohr (Main) angebracht von 1939 - 1945
Mit Erlaß des Reichsinnenministers vom 2. Februar 1939 wurden für alle staatlichen Behörden neue Amtsschilder mit Hakenkreuz angeordnet.
Bescheid über die Judenvermögensabgabe
Finanzamt Hamburg-Altstadt, 12. Dezember 1938
Kurz nach der sog. Reichskristallnacht wurde den deutschen Juden eine Pauschalsteuer von 1 Mrd. RM auferlegt. Diese Kontribution wurde durch die Judenvermögensabgabe aufgebracht. Dies war eine Steuer in Höhe von 20 v.H., später von 25 v.H. auf das einzelne Vermögen.
Entrichtung der Judenvermögensabgabe
Quittung des Hauptzollamts Emmerich vom 19. Dezember 1938 über die Sicherstellung von 2 Brillantringen und 1 Brosche (Zehnmarkstück in Gold)
Ankaufbescheinigung des Leihhauses der Stadt Köln vom 28. März 1939 über 15,7 kg Silber
Der erste Teilbetrag der Judenvermögensabgabe war am 15. Dezember 1938 fällig. Im Januar 1939 wurde angeordnet, daß die Betroffenen zur Bezahlung dieser Steuer ggf. ihren Besitz an Kostbarkeiten und Kunstgegenständen zu veräußern hatten. Als Ankaufsstellen wurden die städtischen Pfandleihanstalten bestimmt.
Die Finanzverwaltung verwertet das Vermögen der deportierten Juden
Schnellbrief des Reichsministers der Finanzen; Berlin, 4. November 1941
Der Minister übertrug die Verwaltung und Verwertung der eingezogen jüdischen Vermögen den Oberfinanzpräsidenten, die sich dazu auch der Finanzämter bedienen sollten. Nicht verwertet werden sollten Gegenstände, welche die Reichsfinanzverwaltung selbst gebrauchen konnte (z.B. für die Ausstattung der Ämter, Erholungsheime und Reichsfinanzschulen).
Steuervollstreckung in den besetzten Gebieten
Dienstausweis für einen Vollziehungsbeamten der Finanzverwaltung; Prag, um 1940
Prag gehörte zum 1939 errichteten und dem deutschen Reich angegliederten Protektorat Böhmen und Mähren. Ihm wurde Selbstverwaltung zugestanden, die es durch eigene Behörden mit eigenen Beamten wahrnahm.
Tabelle für die Lohnsteuer und den Kriegszuschlag zur Lohnsteuer ab 1. April 1941
Sonderdruck, März 1941
Nach der Kriegswirtschaftsverordnung vom September 1939 erhob das Reich einen Kriegszuschlag zur Einkommensteuer, der auch beim Lohnabzugsverfahren zur Anwendung kam.
Lohnsteuertabelle für polnische und jüdische Arbeitnehmer ab 1. Oktober 1941
Amtliche Ausgabe, 1941
Durch Verordnung vom August 1940 wurde polnischen Steuerpflichtigen eine Sozialausgleichsabgabe auferlegt, die bei Arbeitnehmern durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wurde. Im Dezember 1940 wurde die Pflicht zur Zahlung dieser Abgabe auf Juden und im März 1942 auch auf"Zigeuner" ausgeweitet.
Haushaltsplan des Landes Hessen im Rechnungsjahr 1942
Darmstadt, 12. Januar 1943
Das vom Reichsstatthalter in Hessen Jakob Sprenger (1884 - 1945) unterzeichnete Haushaltsgesetz stellte den Landeshaushalt 1942 in Einnahmen und Ausgaben auf 125,5 Mio RM fest. 51,4Â Mio RM wurden durch Finanzzuweisungen des Reiches gedeckt.
Abgeltung der Hauszinssteuer
Bescheid des Finanzamts Rheinbach vom 3. Oktober 1942
Mit der Hauszinssteuer wurde den Ländern 1942 die letzte eigene Steuer genommen. Die auch als Gebäudeentschuldungssteuer bezeichnete Abgabe war nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt worden. Sie sollte in erster Linie die bei den Hauseigentümern durch Entschuldung entstandenen Geldentwertungsgewinne abschöpfen.
Gewinnabführung als Teil der Kriegsfinanzierung
Formular einer Gewinnabführungserklärung für das Wirtschaftsjahr 1943, gedruckt vom Oberfinanzpräsidium Nürnberg 1944
Die Gewinnabführung war ein Produkt der Kriegsfinanzpolitik. Sie wurde 1939/40 zunächst vom Reichskommissar für die Preisbildung, seit 1941 von der Reichsfinanzverwaltung durchgeführt. Für 1943 wurde als Abführungsbetrag die Differenz zwischen dem tatsächlichen Gewinn und einem steuerlichen Mindestgewinn bestimmt.
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<ul> ~ http://www.bundesfinanzakademie.de/lg4/3_museum/fuehrer13.htm</ul>
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