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>>... denn solange der Paul glaubt, daß nur der Zinsdruck die Wirtschaft im Gang hält und nicht die Bedürfnisse der Menschen kann man mit ihm wohl nicht vernünftig diskutieren.
Dazu wurde bereits gepostet. Bedürfnisse"als solche" gibt es nicht. Sie beziehen sich immer auf etwas ganz Konkretes und dieses ist (falls wir nicht den nackten Überlebenskampf nehmen) produziert. Produziert werden kann aber nur nach den eisernen Regeln der Ã-konomie: Es muss immer vorfinanziert werden. Und - schwupps! - schon ist der vermaledeite Zinsdruck in der Welt.
>Das geht runter wie Oel! Auch ich bin schier vom Glauben abgefallen, als ich Paul's Meinung dazu lass.
Bitte zurückkehren. Reuige Sünder liebt der HErr am meisten ;-)
>Ich hatte waehrend meiner Recherchen im Internet mal einen Artikel gelesen, der beinhaltete, dass es im Mittelalter eine Epoche gab (in Europa), in der Zins unter Androhung der Todesstrafe verboten war. Resultat: der bis dato groesste Wohlstand in der Gesellschaft bei minimaler Arbeitszeit. So hatte der typische Handwerker eine 10 Stunden-Woche!
Das ist das berühmte"kanonische Zinsverbot", zum ersten Mal zu entdecken in den Decretalen des Gratian und dann auf dem Konzil von Lyon 1274 beschlossen. Frühere Hinweise auf Zinsverbote (angeblich Konzilien im 5. Jh. usw.) sind Fakes. Die Bibel ist in dieser Sache nicht eindeutig, vgl. Moses (Zinsnahmeverbot außer gegenüber"Ausländern") und Jesus (sein Gleichnis vom guten Verwalter). Die Stellen können - falls Interesse - gern nachgeliefert werden, aber eine Bibel hat vermutlich jeder zur Hand.
Das kanonische Zinsverbot kam just zu der Zeit, da das Fegefeuer erfunden wurde - und es passt perfekt dazu: Denn in diese Vorhöllenstrafe kann ich am besten den"Wucherer" schicken (ausführliche Literatur dazu Le Goff, der große französische Mediävist). Und damit er bereut, bzw. seine Nachkommen entsprechende Gelder abladen, kommt es eben zum"Ablass" (= Er-lassen) der Strafen. Das hat bis Luther dann gehalten, wie wir wissen.
Im übrigen ist das mit dem"blühenden Mittelalter" blühender Unsinn. Damals wurde genau so hart gearbeitet wie eh und je. Und die großartigen Kathedralen, worauf es immer wieder hinausläuft, wurden bis auf zwei, drei nicht vollendet. Warum wohl? Weil Geld fehlte, Klartext: Weil die Schuldenmacherei nicht fortgesetzt werden konnte. Merke: Der Kölner Dom war bis 1842 eine Ruine, damals dann endlich dank preußischer Gelder vollendet.
Wohlstand ohne Arbeit (was immer"Arbeitsleid" bedeutet, wie Ludwig von Mises lehrt) kann es nicht geben. Den Trick hätten wir Menschen sonst schon lange intus.
>Wenn man mal genau darueber nachdenkt, dann erkennt man auch, warum das so ist. Nehmen wir mal einen fiktiven Superreichen mit 30 Mio DM auf dem Konto. Dafuer bekommt er meinetwegen 4% oder 1,2 Mio im Jahr, also 100.000 DM/Monat. Diese Zinsertraege sind das eigentliche FALSCHGELD, denn der Superreiche bekommt Geld fuer eine NULL-LEISTUNG.
Das ist nicht das Problem! Das Problem ist, ob für die Zinsen gearbeitet wurde (egal von wem) oder nicht. Sind es nur hochgebuchte Zinsen (also in der Regel aus Staatsschulden stammend), haben wir es mit dem bekannten Falschgeld zu tun. Sind sie es nicht, wurde also reales oder dienstleistendes BIP erwirtschaftet, ist der Vorgang in Ordnung.
Ich gönne jedem sein Geld. Und ich weiß aus der Geschichte, das es ohnehin nach der dritten Generation wieder so verteilt ist, wie es sich manche schon bei der ersten wünschen.
>Wenn er das Geld in Waren umsetzt (und er wird in Saus und Braus leben), dann muss jemand anderes fuer ihn arbeiten. In der Regel ist das der kleine Mann, der zum Hausbau einen Kredit vom Superreichen bekommen hat.
In Saus und Braus? Ich kenne nur Reiche, die sich von morgens bis abends um ihre Gesundheit sorgen. Und ich kenne sehr viele. Heute morgen habe ich erst mit einem gefrühstückt, der sich gleich acht Tabletten einwarf. Der Kleine Mann kriegt keinen Kredit vom Superreichen, jedenfalls nicht direkt. Außerdem wäre das dann nur ein Umbuchen und nicht das Gewähren eines NEUEN Kredits (Reicher verkauft seine sicheren Papiere und gibt den am Markt dafür erzielten Cash an den Armen ab).
NEIN, Kredit für neue Projekte, und das ist ein Hausbau immer noch, kommt immer nur durch zusätzliche Nettoneuverschuldung in die Welt. Das eben ist das Geheimnis unseres Wirtschaftssystems.
>ERGEBNIS: Zins versklavt die Bevoelkerung und zwingt die Masse, fuer die Superreichen zu arbeiten. So einfach ist das! Schaut Euch doch mal an, was Banken so alles haben, speziell an Immobilien.
Mit dem Schlachtruf"Brechung der Zinsknechtschaft!" sind schon viele in die Schlacht gezogen, Linke wie Rechte (bitte mal das Programm der NSdAP lesen).
>Dann moechte ich noch Aristoteles zitieren, der in seinem Werk Politik 1,3 folgendes sagt:
>"Der Wucherer ist mit vollstem Recht verhasst, weil das Geld hier selbst die Quelle des Erwerbs ist und nicht dazu gebraucht wird, wozu es erfunden ward. Denn fuer den Warenaustausch entstand es, der Zins aber macht aus Geld mehr Geld... er ist von allen Erwerbszweigen der naturwidrigste."
Aristoteles irrt. Aber das ist längst bekannt. Sein"tokos" (wurde von mir schon mal gepostet) bezieht sich auf das Warengeld (das natürlich keine"Kinder" kriegen kann,"tekein" = hecken). Er hat vermutlich als großer Philosoph nie etwas von einem Wechsel gehört, von dem Phänomen des Kreditgeldes ganz zu schweigen. Aber nehmen wir einen anderen großen Philosophen (der es ihm hätte erklären können): Diogenes. Der verschwand im Fass, nachdem er als Bankier eine Pleite hingelegt hatte. Und nun?
Die großen Philosophen der Scholastik hatten sogar noch bessere Sprüche drauf (auch bei Le Goff nachzulesen), z.B. den von der Widernatürlichkeit des Zinses, weil der - im Gegensatz zum Menschen - Tag und Nacht arbeitet, was erst recht gegen die Natur ist. Sehr lesenswert auch Ezra Pound mit seinem Canto über"neschek" (= die Natter), eben den alles würgenden Zins.
Ich möchte jedem gern seine Vorurteile lassen, aber ökonomisch stichfest sind sie nicht.
>Aristoteles ist sicher ebensowenig ein Dummkopf, wie es die Autoren des Brockhaus sind! Ich bin mal gespannt, ob nun auch die Werke des Aristoteles fuer Unfug erklaert und in die Tonne getreten werden.
Zu den Idioten in der Brockhaus-Redaktion hatte ich hier schon mal beim Thema"Geld" ausführlich gepostet, bitte nachlesen. Und die Zins-Suada des Aristoteles ist halt leider ebenfalls Unfug.
>Herr dottore: Etwas mehr Selbstkritik und etwas weniger Selbstueberzeugung koennten Ihnen weiss Gott nicht schaden
Nichts schadet mehr als Überheblichkeit, absolut richtig. Aber als jemand, der nun wirklich diesen Beritt noch und noch bestrichen hat, weiß ich zu diesem Thema jedenfalls umfassendst Bescheid. Das mit mit Selbstüberzeugung schon allein deshalb nichts zu tun, weil ich - früher, früher, lang ists her - genau der selben Meinung war wie der hier via Oldy vorgetragenen. Aber dann kam die Zeit, die Denkfehler zu entdecken...
>meint zumindest
>pecunia
Danke schön!
d.
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