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>> Das ist nichts weiter als eine besonders geschickt verkleidete Form des
>> Feudalismus, in der sich lt."lex feodorum" (13. Jh., Lombardei) der
>> Feudalherr verpflichtet, seinen"Vasallen" (Abhängigen) und dessen
>> Habseligkeiten zu"schützen".
>Die Analogie ist ganz lustig, denn sie trifft nach einer Seite hin und übertreibt diese Seite, andererseits ist sie aber auch ganz falsch. Sie trifft insofern, als ein staatliches Gewaltmonopol der oberste Herr über das Leben, der oberste Herr über das Maul aufmachen (Meinungsfreiheit) und eben auch der oberste Herr übers Eigentum ist, also quasi der Obereigentümer im Gegensatz zu uns Untereigentümern.
Hi, Peter4,
der Staat ist der Obereigentümer, das ist die überhaupt die Grundlage für ihn, Steuern erheben zu können. Die Steuern werden nicht kontrahiert, sondern per Gesetz auferlegt. Wie sollte denn das Abgabenmonopol Deiner Meinung nach sonst begründet werden?
Ich wiederhole also: Privates Eigentum OHNE Abgaben ist nicht definierbar. Ob die Abgabe (in einer ersten Stufe) überhapt dazu dient, das private Eigentum als"sicher" (gegen Wegnahme usw.) zu machen oder ob dann (später Stufen) die ganze Umverteilungs-Ideologie noch aufgepropft wird ("sozial") spielt keine Rolle.
Eigentum ist niemals"konsensfähig", da es immer Nicht-Besitzer gibt, die danach streben, eine Sache (Grund und Boden) selbst in Besitz zu nehmen. Der Besitz kann sich nur als Eigentum etablieren, wenn er mit Machtmitteln dem Besitzer erhalten bleibt, auch wenn der nicht mehr die direkte Verfügung über seinen Besitz hat, diesen also z.B. verlässt oder auf Zeit an einen anderen Besitzer abtritt.
>Die Analogie trifft aber ganz und gar nicht, weil sie folgende Unterschiede unterschlägt:
>- Der moderne Staat weist im Gegensatz zum Lehnsherrn kein Unter-Eigentum zu und er entzieht es auch nicht. (Die paar Ausnahmen bestätigen die Regel.)
Alles Land ist einmal von"oben" zugeteilt worden (man denke an die Adelsgüter, an die Landaufteilungen in der Neuen Welt der Spanier) bzw."oben" hat eine vorhandene Verteilung von Land bestätigt (z.B."freie Bauern").
>Dieser Staat bindet die Leute nicht durch die Vergabe zB von einem Stück Land, einem Anteil an einer Fabrik an sich, er macht sie nicht dadurch von sich abhängig, daß er derjenige wäre, der jederzeit wieder das Eigentum entziehen könnte. Er kann das natürlich - dafür ist er der Gewaltmonopolist. Aber das ist gerade nicht das Prinzip seiner Herrschaft.
Herrschaft ist OHNE Abgaben nicht definierbar.
>Sondern dieser Staat garantiert tatsächlich die Gültigkeit des Prinzips Eigentum.
Das Eigentum ist kein Prinzip, sondern ein jeweils konkreter Tatbestand, wie er in Urbaren und Grundbüchern erscheint.
>Der Lehnherr garantiert ja gar kein Eigentum. Sein Knecht kann sein Lehen nicht an einen anderen Lehnsherrn weiterverkaufen.
Der Lehnsherr ist die oberste Macht, der Lehensnehmer ist nicht der Knecht, der ist grundhörig, sondern der Adelige. Der Adelige muss keine laufenden Abgaben bezahlen (er ist"frei", i.e. abgabenfrei), sondern nur für spezielle Zwecke der Macht zur Verfügung stehen (Kriegsdienst; es gibt auch die Variante der Kriegsteuer, etwa der"Türkensteuer", die aus konkretem Anlass erhoben wurde, eine lange und traurige Geschichte).
Es gibt auch die französische Variante, wie bekannt. Der König versuchte immer wieder, von seinen ehemaligen Lehensnehmern, die ihr Lehen schließlich in Permanenz hielten, Steuern zu nehmen (die bekannte"taille"). Dies führt zu den unendlichen Kriegen und Aufständen der"Barone" gegen die Obermacht. Und als es dann kritisch wurde (1789) lehnten die"Generalstände" eine zusätzliche Steuer ab und die Revolution rollte.
>Okay, vielleicht konnte er ein Unterlehen vergeben, aber eine richtige freie Verfügung hatte er mit Sicherheit nicht. Wahrscheinlich konnte man noch nicht mal die Annahme verweigern, ohne sich Ärger einzuhandeln.
Unterlehen gab es nicht. Das Land, das zum Lehen genommen wurde, konnte nur verpachtet werden. Damit wurde das Problem auf die Pächter geschoben.
>Die freie Verfügung garantiert aber der moderne Staat.
Das ist schon deshalb falsch, weil es bei jedem Grundstückskauf ein Vorkaufsrecht der Gemeinde gibt, in dessen Beritt (Land ist Herrschaft) das grundstück liegt. Dieses Vorkaufsrecht ist das Relikt des seit jeher existierenden Obereigentums des Staates. Es ist ganz genau wie beim Lehen auch: wurde es vom Herrscher zurück gefordert (nach Erbfall), dann konnten die Erben, die das Lehen behalten wollten, dieses Rückfallrecht dem Herrscher abkaufen (jede Menge Belege in der Geschichte).
Das Vorkaufsrecht der Gemeinde müsste, im Falle, sie übt es aus, eigens abgekauft werden, um an das Grundstück letztlich doch zu kommen. Klassischer Feudalismus in"moderner" Verkleidung.
>Dem ist es total egal, was ich mit meinem Eigentum mache.
Nein. Steht auch in Art. 14 GG ("Sozialverpflichtung", Enteignungsrecht usw.).
>Ich kann es vermehren, verkaufen, zerstören.
Grund und Boden lässt sich nicht aus dem Grundbuch löschen. Wie denn? Die Flurkarten werden alle, die heute leben, überleben.
>Klar, der Staat hat nach wie vor die Oberaufsicht. Er nimmt sich das Recht, sich für seine Bedürfnisse was abzuzwacken. Wenn er den Notstand erklärt, schreckt er auch vor Requirierung nicht zurück. Aber trotzdem gibt es die Garantie des Eigentums, und nicht die Vergabe eines Lehens.
Das Eigentum wäre nur dann garantiert, wenn es ein Recht wäre, das vor jeder Verfassung existiert. Dann müsste es nicht in der Verfassung erwähnt werden, da es ein über der Verfassung stehendes Recht wäre.
>Umgekehrt stellt sich der moderne Staat auch nicht als einer auf, der seinen Untertanen das gibt, was sie brauchen, um ihr Leben zu fristen, um ihre Lebensmittel herzustellen, und der dann DAFÜR Loyalität einfordert.
Doch. Der Staat hat sich verpflichtet, das Lebensnotwendige zur Verfügung zu stellen (Sozialhilfe usw.). Wo sich der Staat dazu nicht verpflichtet, besteht das Problem der"Landlosen", von Menschen also, die weder aus Eigentum heraus produzieren und sich erhalten können noch einen Anspruch auf Land zu Pachtzwecken haben. Diesen Sprengsatz können wir in Mittel- und Südamerika wie im Bilderbuch studieren.
>Ich kann nicht zum Staat gehen und ihn bitten: Gib mir Land, dann bin ich dein Knecht und folge dir nach. Sein Knecht bin ich nämlich sowieso, ohne daß ich irgendwas von ihm dafür bekommen habe.
>Das sind erstmal die Unterschiede zwischen den Verhältnissen Herr-Knecht und Staat-Bürger. Da fehlt immer noch der wichtigste Unterschied zwischen dem Feudalismus und dem modernen bürgerlichen Staat.
>Im modernen bürgerlichen Staat gibt es nämlich noch ein Verhältnis Bürger-Bürger. Dein Bauernbeispiel ist so prima und man kann sich den Staat dort locker wegdenken, weil so ein isolierter Bauer eigentlich gar kein Eigentümer ist. Man kann natürlich sagen, der Hof und seine Kühe usw. sind sein Eigentum, aber man kann es eigentlich, richtig genaugenommen, auch wieder NICHT sagen, weil du nämlich auch völlig recht hast mit deinen Aussagen darüber, daß dieser Bauer auch gar keinen Grund hat, Krieg zu führen und anderen Bauern was wegzunehmen. Andere Leute von der Benutzung einer Sache auszuschließen, ist die wesentliche Bestimmung des Eigentums.
Wie anders geht das als mit Hilfe von Machtmitteln?
>Eigentum ist kein Verhältnis zwischen mir und einer Sache, sondern zwischen mir und allen anderen. Und das trifft auf deinen Bauern und seine Kuh halt nicht zu.
>Anders der moderne Staat: Da gibt es z. B. Bauern, die haben 5000 ha (womöglich war ihr Vorfahr vor 500 Jahren mal Lehnsherr), und Bauern, die haben kein Stück Boden. Dann gibts ein Pachtverhältnis. Der Verpächter kassiert, der Pächter arbeitet. Das ist ein Ausbeutungsverhältnis. Alle beide werden sie noch vom Staat ausgebeutet, meinetwegen, weil dir das ja immer als das wichtigste an der Sache erscheint. Der Verpächter muß von seiner Beute noch was abgeben an einen anderen Beutemacher, das Finanzamt. Der Pächter hat sich gleich mit zwei Ausbeutern rumzuschlagen.
Richtig. Siehe nochmals Frankreich mit der"taille": Teils trugen sie die Adeligen selbst, teils konnten sie diese auf die Pächter überwälzen. Nur als ein Beispiel.
>Aber bevor der Staat hier als Ausbeuter in eigener Sache auftritt, ist er zunächst mal der Garant dieses Ausbeutungsverhältnisses zwischen diesen zwei Bauern. Indem er nämlich dem Prinzip Eigentum Geltung verschafft.
Nochmals: Der Staat verschafft keinem"Prinzip" geltung, sondern er verschafft einzelnen Eigentümern das Recht, über ihr Eigentum verfügen zu können - bis zur der erwähnten Grenze (Vorkauf, früher"Heimfall", usw.).
>Der landlose Bauer kriegt nur sein Stück Boden, wenn er die Pacht bezahlt. Hat er die Pacht bezahlt, garantiert aber auch der Staat ihm, daß der Verpächter ihm den Boden überläßt. Insofern sind sie beide Eigentümer, denen auch beiden am Staat liegt, als einer Gewalt, die ihre eigentumsmäßigen Rechte schützt.
Der Pächter ist nicht Eigentümer, sondern Besitzer.
>Und diese Gewalt braucht es eben für beide. Der landlose Bauer würde sich von dem Großgrundbesitzer ohne eine Gewalt das Land nehmen, was er braucht, um zu leben. Und der Großgrundbesitzer würde sich bei seiner Machtposition an keine vereinbarte Pacht gebunden fühlen und aus dem Pächter rausholen, was rauszuholen geht, wenn der Staat ihn nicht zur Kontrakterfüllung zwingen würde.
Damit der Staat irgendeinen Zwang ausüben kann, benötigt er Abgaben. Schon drehen wir uns wieder im Kreis: Eigentum (auch Kontrakterfüllungs-Erzwingung) OHNE Abgaben nicht definierbar.
gruß!
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