-->Financial Times 12.12.2002.
IWF sieht schwarz fĂŒr die Weltwirtschaft
âIn seinem am Donnerstag in Washington veröffentlichten vierteljĂ€hrlichen Bericht ĂŒber die StabilitĂ€t der weltweiten FinanzmĂ€rkte stellt der Internationale WĂ€hrungsfonds (IWF) fest: âWĂ€hrend die StabilitĂ€t, die sich bislang an den FinanzmĂ€rkten manifestiert hat, vermutlich anhalten dĂŒrfte, bestehen weiterhin betrĂ€chtliche AbwĂ€rtsrisiken".
<font color=red>Banker haben eine eigene Sprache, die aus vielen Luftblasen besteht, hinter denen wie in einem Suchbild wichtige Informationen versteckt werden. Wie stabil ist eine âStabilitĂ€t, die... vermutlich anhalten dĂŒrfte?â Eine StabilitĂ€t, die nur âvermutlichâ und nicht sicher anhĂ€lt, ist keine StabilitĂ€t. Noch mehr kapitalistische Industrie- und Dienstleistungsunternehmen gehen bankrott, die ersten Banken und weitere Staaten werden folgen.</font>
âZwar habe die weltweite Erholung begonnen, doch hĂ€tten die Sorgen hinsichtlich ihrer Geschwindigkeit und Dauerhaftigkeit zugenommen. Es bestehe die Gefahr, dass weitere deutliche Verluste an den MĂ€rkten die Wachstumsperspektiven, den Staatshaushalt der USA und die Bilanzen europĂ€ischer Finanzunternehmen untergraben könnten.â
<font color=red>Das A und O der universitĂ€ren Wirtschaftswissenschaft besteht in dem Glauben, dass âdie MĂ€rkteâ Wachstumsperspektiven und BonitĂ€t getreu widerspiegeln. Hier wird nun im Gegenteil unterstellt, weil der Aktienmarkt, das störrische Vieh, nicht steigt, kommen die USA und europĂ€ische Banken in SchwulitĂ€ten. Weil die Aktienkurse nicht steigen, steigen die Gefahren fĂŒr die Weltwirtschaft. Das stellt Ursache und Wirkung auf den Kopf.
TatsĂ€chlich sind die USA und die europĂ€ischen Finanzunternehmen auf Gedeih und Verderb aneinandergekoppelt: Die USA werden immer noch Tag fĂŒr Tag mit Millionen Dollar aus europĂ€ischen (und japanischen) Guthaben gefĂŒttert, in der Hoffnung, dass dafĂŒr Zinsen in einer Höhe zurĂŒckflieĂen, die sonst fĂŒr sichere Anlagen in den kapitalistischen Kernstaaten nicht erzielbar sind. Je mehr der Dollar sinkt und je mehr die amerikanischen Zinsen sinken, desto nervöser werden die europĂ€ischen und japanischen GlĂ€ubiger der USA.
In der Krise von 1929 bis 1939 waren die USA die GlĂ€ubiger der Welt. Heute sind sie die Schuldner Europas und Japans. Aber es wirken heute noch die gleichen Mechanismen wie damals: Je mehr die GlĂ€ubiger unter Druck geraten, desto mehr Geld eher mĂŒssen sie aus dem Schuldnerland abziehen. Je mehr Geld sie abziehen, desto stĂ€rker gerĂ€t der Dollar und die Finanzkraft der USA unter Druck. Auf dieser schiefen Bahn kommt das Weltfinanzsystem zunehmend ins Rutschen.</font>
âAngesichts des bedenklichen Zustandes der wirtschaftlichen Erholung sei es wichtig, die finanzielle StabilitĂ€t des US-Haushaltssektors und des Finanzsektors in Europa zu bewahren.â
<font color=red>Es gelte die StabilitĂ€t zu wahren! Wahrlich ein frommer Wunsch, denn niemand weiĂ, wie das gehen soll.</font>
âDie FĂ€higkeit Japans zur Belebung seiner Wirtschaft bleibe ungewiss.â
<font color=red>HeiĂt: Auf Japan ist nicht zu hoffen. Das macht eben die jetzige Krise fĂŒr das Kapital so kritisch. In fast allen Krisen der Weltwirtschaft seit 1975 gab es immer noch Branchen und Regionen, die von der Krise nicht betroffen waren. Heute sind mit den HighTech-Unternehmen und mit Japan und den USA die gerade die Zugpferde der kapitalistischen Profitmacherei betroffen. Heute ist keine profitable Branche und keine Wachstumsregion (mit Ausnahme vielleicht von China) auszumachen, auf die das Kapital seine Hoffnung setzen könnte.
Das ist auch der Grund, warum in unseren Medien das Wort âKriseâ nie in den Mund genommen wird. Es fĂ€llt den Meinungsmachern und Politikern leichter, eine Krise zuzugeben, wenn man gleichzeitig auf ein baldiges Ende hinweisen kann. Die jetzige Krise ist weltweit und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht, damit kommt der Kapitalismus insgesamt und nicht nur eine krisenbetroffene Branche oder Region auf den PrĂŒfstand.</font>
Wal Buchenberg, 13.12.2002
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