-->USA beginnen mit Pockenschutzimpfungen
Am 13. Dezember 2002 verkündete Präsident Bush die Einzelheiten eines neuen Pockenschutzimpfprogramms für die USA. Damit soll die Nation gegen befürchtete Terrorangriffe mit Pockenviren gewappnet werden. Das Impfprogramm sieht drei Phasen vor:
In Phase I (ab sofort) sollen bestimmte Teile des Militärs und des medizinischen Notfallpersonals geimpft werden. Betroffen hiervon sind aus den beiden Bereichen jeweils 500 000 Menschen. Für die Soldaten sind die Impfungen Pflicht, für die Mitarbeiter aus den zivilen Diensten freiwillig.
In Phase II (im Frühsommer 2003), werden die freiwilligen Impfungen auf weitere 10 Millionen Mitarbeiter von Gesundheits- und Rettungsdiensten sowie der Polizei ausgedehnt.
Ab 2004 soll die Impfung allen Bürgerinnen und Bürgern der USA, die sich impfen lassen möchten, zur Verfügung stehen. Bis dahin soll ein neuer, besser verträglicher und von der FDA (Food and Drug Administration) lizenzierter Impfstoff auf dem Markt sein.
Das US-Militär begann noch am selben Tag mit den Impfungen. Und um die Moral der Truppe zu stärken, krempelte auch Präsident Bush die Ärmel hoch.
Die Entscheidung der Bush-Regierung für die Wiedereinführung von Pockenschutzimpfungen in solch großem Umfang ist insbesondere im Gesundheitswesen stark umstritten. Die Impfung birgt zahlreiche Risiken und Nebenwirkungen. Bei einer Impfung von 11 Millionen Menschen, wie sie jetzt in den USA in den ersten beiden Impfphasen vorgesehen ist, muss bei über 150 Personen mit schweren Nebenwirkungen gerechnet werden, 10 - 20 Personen könnten daran sterben. Zudem dürfen bestimmte Personengruppen nicht geimpft werden, da sie als besonders gefährdet gelten: Menschen mit Immunschwächen, wie HIV-Positive, Chemotherapiepatienten, Organtransplantierte, aber auch Schwangere, Babys und Leute mit bestimmten Hauterkrankungen. Auch diejenigen, die mit solchen Personen zusammenleben, müssen wegen der damit verbundenen Ansteckungsgefahr von einer Impfung ausgenommen werden. In der ersten Impf-Woche bei der US-Army mussten demzufolge von 276 ausgewählten Soldaten, 102 (37 %) aus medizinischen Gründen von den Impfungen ausgenommen werden.
In Israel, wo bereits mit Massenimpfungen begonnen wurde, lehnten mehr als die Hälfte von 42.000 ausgewählten MitarbeiterInnen aus dem Gesundheits- und Rettungsdienst die Pockenimpfung aus medizinischen oder anderen Gründen ab.
Zwei renommierte Lehrkrankenhäuser weigern sich bereits, ihre Angestellten gegen Pocken impfen zu lassen. Die Risiken der Impfung sowie die Gefahr, die Erkrankung via frisch geimpftem Personal unabsichtlich an Patienten weiterzugeben, würden die nicht sehr nahe liegende Bedrohung durch einen Angriff mit dem Pockenvirus überwiegen.
Tatsächlich halten einige Experten einen Einsatz von Pockenviren als Waffe zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht sehr wahrscheinlich. Zum einen ist es völlig unklar ob irgendein Staat oder irgendwelche Terrorgruppen über geheime Pockenvirenbestände verfügen. Zum anderen wäre es, selbst wenn sie welche hätten, äußerst kostspielig und sehr riskant, eine entsprechende Waffe zu entwickeln und zu testen. Auch das oft beschworene Horrorszenario, dass sich Selbstmordattentäter mit Pocken infizieren, um dann in die USA einzureisen und dort eine Epidemie auszulösen, halten die Experten für wenig überzeugend. Ein mit Pocken infizierter Attentäter würde erst ungefähr einen Tag bevor sich der verräterische, für Pocken typische und nicht zu übersehende Hautausschlag zeigt, ansteckend. Zu diesem Zeitpunkt wäre er bereits stark geschwächt und würde unter großen Schmerzen und hohem Fieber leiden. Sein Aktionsradius wäre stark eingeschränkt. Zudem wird die Krankheit in der Regel nur durch engen Kontakt, zum Beispiel an Familienangehörige oder Pflegepersonal, weitergegeben. An der Luft überlebt der Virus nicht lange, nur unter kühlen und trockenen Bedingungen.
(Los Angeles Times, 13. und 29. Dezember 2002; American Forces Press Service, 13. Dezember 2002; New York Times 13. Dezember 2002; Washington Post, 13., 14., 18. sowie 20. Dezember 2002, http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A4253-2002Dec17.html)
Das Robert-Koch-Institut fordert nun auch für Deutschland, sich auf Massenimpfungen zum Schutz gegen mögliche Terrorangriffe mit Pockenviren vorzubereiten. In einem von dem Institut erstellten Pocken-Alarm-Plan wird eine Drei-Phasen-Strategie empfohlen. Zuerst soll das medizinische Personals in fünf Kompetenzzentren für hochansteckende Erreger geimpft werden. Treten irgendwo auf der Welt Pocken auf, sollen in einem zweiten Schritt das gesamte medizinische Personal und die Mitarbeiter wichtiger Versorgungsbetriebe geimpft werden. Falls Pocken in Deutschland selbst auftauchen, ist als dritte Phase die Massenimpfung der mehr als 80 Millionen EinwohnerInnen vorgesehen. (http://www.welt.de/data/2003/01/13/32470.html; Der Spiegel, 13. Januar 2003)
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